Dahlbruch. Das Viktoria in Dahlbruch ist zu – aber Inhaber Jochen Manderbach will die Corona-Krise überstehen. Mit Hilfe seines Publikums.

Jochen Manderbach hört sich entspannt an. „Ich habe zum ersten Mal seit über 30 Jahren frei“, stellt er fest, „ich kann in der Sonne spazieren gehen.“ Denn sein Kino, das Viktoria Filmtheater in Dahlbruch, ist zu, wie derzeit alle anderen Kinos auch.

Solidarität: Werbung und Extra-Zuschüsse

Ganz verzichten müssen die Freundinnen und Freunde des Viktoria nicht. Zumindest nicht auf das Vorprogramm mit Werbung und Trailern, das auf der Website hilfdeinemkino.de steht. Da hat das Unternehmen Weischer Cinema die Spots eingestellt, die bereits gebucht wurden und – so die Hoffnung – auch weiter bestellt werden. Jeder online abgespielte Spot bringt Geld in die Kasse des Kinos. Das Viktoria findet sich auf der Landkarte der Internetseite, wenn man über Kreuztal hinaus weiterzoomt.

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„Die Solidarität ist groß“, berichtet der Besitzer des Dahlbrucher Kinos. In der Branche selbst: Da werden jetzt zum Beispiel Fortbildungsangebote gesponnen, für die die Betreiber auch Zeit haben. „Vision Kino“, einer der Anbieter, kann den Namen seines gemeinnützigen Netzwerks jetzt wörtlicher denn je nehmen – die Branche steht vor Zukunftsfragen. Die Jochen Manderbach, der das Viktoria 1991 von seinem Gründer Felix Fischer übernommen hat, sich noch gar nicht stellt.

Gutscheine helfen

Wer dem Dahlbrucher Kino helfen will, kann jetzt Gutscheine kaufen für die Vorstellungen, die irgendwann wieder beginnen. Die Gutscheine können per Mail an oder auf der Facebookseite des Kinos bestellt werden.

„Wir schicken die dann per Post zu“, sagt Jochen Manderbach. Eine ganze Reihe von Gutscheinen ist so schon in Umlauf gelangt. „Das zeugt von Vertrauen und Solidarität.“

Im Moment geht die Perspektive auf Sicht: Und da ist die nachträgliche Aufstockung der letzten NRW-Filmstiftungsprämie schon einmal einfach „toll“, wie Jochen Manderbach feststellt: 5000 Euro bringen den Kleinunternehmer schon ein ganzes Stück weiter. „Ich habe ja nur geringe laufende Betriebskosten, weil ich das Meiste selbst mache.“ Leidtragende außer ihm sind die Minijobber, die nun keinen Nebenverdienst abends im Kino mehr haben, und die Studenten, für die die Arbeit im Viktoria der einzige Job war, bei dem sie ihr Budget aufbessern konnten. Auch bei der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien werde darüber nachgedacht, Fördermittel umzuschichten, weiß Jochen Manderbach.

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Aussichten: Filme auf der langen Bank

Kultureinrichtungen werden nicht als Erste wieder ihren Betrieb aufnehmen dürfen, fürchtet Jochen Manderbach. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir am 20. April wieder aufmachen, das wird noch länger dauern.“ Vielleicht gebe es frühzeitiges grünes Licht für die ganz kleinen Veranstaltungen mit weniger als 50 Gästen: „Dann wäre ich sofort dabei.“ Die amerikanischen Verleihe beginnen, ihre Erstaufführungen bei Streaming-Anbietern zu platzieren, bevor sie jemals in die Kinos kommen, „Bloodshot“ zum Beispiel, oder die Literaturverfilmung „Emma“ – ein „ganz klassischer Arthousefilm“, sagt Jochen Manderbach. Dahlbruch lebt nicht von den Erstaufführungen. „Ich habe das Glück, dass ich Nachspieler bin und mein Publikum nicht so streamingdienst-affin ist.“

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Das Programm, wenn es denn wieder läuft, wird manchen wundern. „Peter Hase 2“, schon vom Titel her ein Film für Ostern, soll nun in den Sommerferien auf die Leinwände kommen. „Die Eltern werden einfach dankbar sein.“ Für das Bespaßungsangebot… Denn „Minions 2“, der eigentlich für die Ferien geplante Animationsfilm, wird nicht fertig: „Die ganzen Animationsstudios in Frankreich waren schon zu“, berichtet Jochen Manderbach.

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Eine Erinnerung: Der Supersommer und die Fußball-WM

Dass Jochen Manderbach bei aller Ungewissheit einen Spaziergang in der Sonne genießen kann, hat seinen Grund: „Ich kann das in solchen Momenten auch mal wegblenden.“ Als er vor ein paar Tagen sein ganzes Popcorn verschenkt hat, dürfte er an den Sommer 2018 gedacht haben: Fünf Monate Anti-Kino-Sonnenwetter und dazu die Fußball-WM brachten das Viktoria damals an den Rand des Ruins. „Ohne dass das damals jemanden gekümmert hat.“ Das ist 2020 anders. In jeder Hinsicht: „Zum Glück wird die Europameisterschaft verschoben.“

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