Siegen. Siegen ist keine Fahrradstadt? Das Argument zieht nicht mehr, seit es E-Bikes gibt. Findet Uwe Latsch, Gründer des Carsharing-Unternehmens Invers
„Wenn der Verkehr in Siegen nicht so schlecht wäre und alles immer wunderbar geklappt hätte, wären wir vielleicht nie auf die Idee gekommen, Carsharing zu entwickeln.“ Das sagt Uwe Latsch und der ist mit dieser Vision ziemlich erfolgreich: Der Siegener hat mit „Invers“ einen führenden Anbieter in Sachen „geteilter“ Mobilität („shared mobility“) gegründet. Und ausgerechnet in Siegen, der Stadt, die Latsch auf sein Idee brachte, Groß- und Universitätsstadt, gibt es quasi kein Carsharing.
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Siegen ist halt ein wenig anders als andere, vergleichbare Städte. Die Topografie, viele ländliche Ortsteile, alles zentral ausgerichtet auf die Kernräume. „Wer von Kaan nach Dreis-Tiefenbach mit dem Bus fahren will, braucht eher Stunden als Minuten“, meint Latsch. Dann doch lieber den direkten Weg mit dem Auto, statt erst nach Siegen und mehrmals umsteigen. „Wenn man im Alltag nur mit Verzicht ans Ziel kommt“, so Latsch – dann wählen die Menschen das Auto. Und für mehr, direkte Buslinien ist das Verkehrsaufkommen nicht hoch genug. Jedenfalls nicht für einen wirtschaftlichen Betrieb.
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Auch Carsharing müsse wirtschaftlich profitabel sein, sagt Uwe Latsch – die Anbieter gehen in die Städte, wo sie Geld verdienen können. In Siegen wohl eher nicht.
E-Bike als Türöffner für geteilte Mobilität in Siegen
Mobilitätsvisionär Latsch sieht für Siegen eine andere Chance für Auto-Alternativen: E-Bikes. „Das Argument, man könne in Siegen nicht Fahrradfahren, gilt nicht mehr.“ Auch wer kein Spitzensportler ist, kommt mit elektrischer Trittkraftunterstützung die Berge hoch. Und die Stadt tut auch etwas dafür: Radspuren, am Giersberg zum Beispiel. „Ich finde es toll zu sehen wie auch viele Senioren und Kinder da hoch radeln“, sagt Latsch. „Eine echte Chance: So kann man von Kaan nach Dreis-Tiefenbach in zehn Minuten fahren.“ Und auch das Problem des knappen Verkehrsraums kann gelöst werden: Ein Fahrrad, auch mit Antrieb, braucht einfach viel weniger Platz als ein Auto. Ein Elektroauto muss genauso parken wie ein Verbrenner, da ändert sich nur die Antriebsart.
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Vielleicht kann das E-Bike sogar eines Tages als Türöffner für Carsharing dienen: Wenn die Menschen merken, dass sie das Auto nicht mehr jeden Tag benötigen, dass es Alternativen gibt. Wenn das E-Bike das tägliche individuelle Fortkommen ermöglicht, könnte für die wenigen Fahrten, für die man wirklich noch ein Auto braucht, eben eines gemietet werden.
Förderung für E-Bikes in Siegen ausweiten
Die Stadt Siegen könne hier gute Angebote machen: Radwege verbessern, Abstellmöglichkeiten schaffen, Lastendreiräder fördern. „Warum keine Subventionen für E-Bikes – für Elektroautos gibt’s das ja auch.“ Das Siegerland habe das Potenzial für eine Modellregion E-Bike, findet Uwe Latsch. Anreize, Vorbilder, ein gutes Angebot zu schaffen führe auch eher zu einem Umdenken in den Köpfen, glaubt er – die Akzeptanz sei dadurch höher als Verbote oder die Erhöhung von Parkgebühren. Ein „langsames Umdenken einleiten“ könne zum Ziel führen.
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