Langenholdinghausen. Im Langenholdinghausener Dorfhaus erwacht zur dunklen Jahreszeit die jahrhundertealte Siegerländer Tradition der „Lechtstonn“ wieder zum Leben

Um die alte Tradition der „Lechtstonn“ aus dem 19. und 20. Jahrhundert wieder aufleben zu lassen, lud der Arbeitskreis Dorferneuerung und Dorfgeschichte Langenholdinghausen zu einem gemütlichen Abend mit Kaffee, Kuchen und alten Erzählungen ein.

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„Ich spinne – und das ist auch gut so.“ Mit diesem Satz leitete Webermeisterin und Kunstpädagogin Inge Zöller die sogenannte „Lechtstonn“ (Lichtstunde, Red.) ein, die am Sonntag im Dorfgemeinschaftshaus Langenholdinghausen am „Alten Berg“ stattfand. Bei der Lechtstonn handelt es sich um eine alte Tradition aus dem Siegerland, die schon Jahrhunderte zurückreicht, als das Spinnrad noch zu den alltäglichen Haushaltsgegenständen gehörte.

Traditionsgemäß trafen sich Frauen und Mädchen in der dunklen Jahreszeit abends noch zu geselligen Zusammenkünften, bei denen gesponnen, gesungen und erzählt wurde. Diesen alten Brauch will der Arbeitskreis Dorferneuerung und Dorfgeschichte Langenholdinghausen wieder aufleben lassen. 33 Gäste – jung und alt – folgten der Einladung und saßen bei Kaffee, Kuchen und Kerzenschein gemütlich beieinander, um sich die Anekdoten und Erzählungen der Anderen anzuhören.

Spiele, Streiche und Geschichten auf Siegerländer Platt

Die wurden sogar teilweise noch auf Siegerländer Platt zum Besten gegeben, was allerdings auch mal zu großen Fragezeichen in den Gesichtern der nicht gebürtigen Siegerländer führte. Aber zum Glück saßen jede Menge „Dolmetscher“ mit im Raum. Da ging es um die Geschichten der Großväter und Urgroßväter, der Großtanten und Urgroßtanten. Um deren teils ungewöhnliche Essensgewohnheiten, um die Spiele, die sie früher als Kinder gespielt haben, und um die Streiche. Eine kulturelle Erlebnisreise in die Vergangenheit.

Ein Fellwechsel pro Hundehaarmantel

Fünf Frauen brachten ihr Spinnrad zur Lechtstonn mit und zeigten den Besuchern, wie durch Zieh- und Drehtechniken aus loser Wolle ein Faden gesponnen werden kann. Jede Art von Material kann dafür verwendet werden. Inge Zöller und Spinnerin Petra besitzen beispielsweise Kleidungsstücke aus Hundewolle – die Resultate aus dem Fellwechsel ihrer Langhaarhunde. „Dafür braucht es nicht viel. Ein Fellwechsel genügt für einen ganzen Mantel“, sagt Inge Zöller. Sie arbeitet unter anderem an der Jugendkunsthochschule Siegen-Wittgenstein, wo sie Kurse gibt.

Der Arbeitskreis

Der Arbeitskreis „Dorferneuerung und Dorfgeschichte“ wurde am 4. Januar 1991 in Langenholdinghausen gegründet.

Der Arbeitskreis hat sich aus einer Informationsveranstaltung zum Thema Dorferneuerung entwickelt, die ein halbes Jahr zuvor im Evangelischen Gemeindehaus am „Alten Berg“ stattgefunden hatte.

Der Arbeitskreis kümmert sich um Belange der Ortsbildgestaltung, des Naturschutzes, und der Kultur und Geschichte.

Er will vor allem das dörfliche Gemeinschaftsleben fördern, das lokale kulturelle Erbe schützen und bewahren und das Dorf für Fußgänger – insbesondere für Kinder und ältere Mitbürger – sicherer machen.

Dazu erzählt sie: „Nicht nur Mädchen besuchen meine Kurse. Ich habe auch viele männliche Schüler, die das Spinnen lernen wollen.“ Viele beginnen mit dem Spinnen, weil es eine sehr beruhigende Wirkung habe: „Schon Mahatma Ghandi hat das Spinnen als meditative Praxis bezeichnet.“ Außerdem seien Textilien aus selbst gesponnener Wolle echte Unikate: „Man hat am Ende ein schönes Produkt, das man vom ersten bis zum letzten Schritt selbst produziert hat. Das kann sehr zufriedenstellend sein.“

Ernst-Otto Ohrendorf, Mitglied des Arbeitskreises, setzt bei der Veranstaltung auf Improvisation. Die Lechtstonn soll eine entspannte und zwanglose Zusammenkunft sein: „Wir haben zwar einiges in einem Ordner aufgeschrieben, aber ich denke, den werden wir nicht brauchen. Schöner und authentischer ist es, wenn die Leute frei erzählen.“ Die Chancen stünden gut, dass die Veranstaltung im nächsten Jahr erneut angeboten werde.

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