Siegen. Der Fotokreis Siegen präsentiert seine Jahresausstellung im Haus Seel. Zu sehen gibt es die komplette Bandbreite – und eine Sonderschau „Island“.
Es ist Zufall, dass Island Thema der Sonderschau bei der Jahresausstellung des Fotokreises Siegen im Haus Seel ist. Unabhängig voneinander reisten in den vergangenen Jahren fünf Mitglieder in den Inselstaat, so dass es sich anbot, die dabei entstandenen Bilder zum Special der aktuellen Präsentation zu machen. Absicht hingegen ist – wie immer – dass den Teilnehmern ansonsten freigestellt ist, welche Arbeiten sie zeigen. Und entsprechend ist die Bandbreite, die es zu sehen gibt.
Auch interessant
Die Ausstellung des Fotokreises beweist sich – erwartungsgemäß – wieder einmal als verlässliche Größe zum Jahresauftakt im Haus Seel. Das ist berechenbar, aber alles andere als langweilig, weil dadurch für einen Vier-Wochen-Zeitraum im Januar und Februar ein erfreulicher und inspirierender Blick auf die Vielseitigkeit des Mediums Fotografie fest gesetzt ist.
Auch interessant
Qualitäten
Die Mitglieder des Fotokreises sind offiziell Laien, wissen faktisch aber haargenau, was sie tun. Das bringt eine professionell ins Bild gesetzte Vielzahl an Perspektiven und Arbeitsweisen zusammen, in denen sich ein ebenso breites Spektrum an Wahrnehmungsweisen der Welt zeigt. Etwa 20 Mitglieder sind diesmal mit Exponaten dabei; und eine wesentliche Qualität liegt darin, dass diese nicht nur (aber auch!) durch ästhetischen Reiz bestechen, sondern durch eine Lenkung des Blicks – weil sie illustrieren, wo es sich hinzuschauen lohnt, auch wenn Menschen das im Alltag an vielen Stellen selten so intensiv tun.
Perspektiven
Treppenhäuser zum Beispiel, wie Christian Feigs sie in seinen Schwarzweiß-Bildern inszeniert, erscheinen in ihrer Strudelstruktur wie Ammoniten; ein bekanntes Motiv (audio-)visueller Medien, aber aufgrund der akribisch ausformulierten Lichtarchitektur ins Extreme gezogen. Anders der Ansatz von Marc De Knuydt, dessen Motive die bunt bemalten Stromkästen in der Siegener Innenstadt sind, deren Umfeld er aber ins Schwarz-Weiße konvertiert – womit die ohnehin als Hingucker prädestinierten Objekte in ihrer herausstechenden Farbigkeit die Umgebung überstrahlen und so eine Präsenz entwickeln, die ihnen in der Realität nur aufmerksamste Betrachtung einräumen würde; wobei sich einmal mehr zeigt, dass sie diese Aufmerksamkeit verdienen.
Augenmerk
Auf Perspektiv-Erweiterung durch Beschränkung setzt Anne-Kathrin Weinrich mit Makro-Aufnahmen von Pusteblumen in verschiedenen Stadien. Die Flugsamen sind unverkennbar, aber offenbaren in ihrer Feinheit Ähnlichkeit zu filigranen Tiefseebewohnern. Dicht heran geht auch Willy Gütelhöfer, der Metallspäne vor einfarbigen Hintergründen arrangiert und damit den organisch-runden und zufällig-skulpturalen Charakter dessen herausarbeitet, was eigentlich nur ein Abfallprodukt des Zerspanungsprozesses ist.
Annäherung
Karl-Hermann Lau stellt Nähe durch den perfekten Moment her. Bei der auf deutschstämmige Einwanderer zurückgehenden „Steubenparade“ in New York fotografierte er einzelne Musiker inmitten des Umzugs. Lau nimmt seine in den Moment vertieften Akteure aus der Entfernung auf; wahrscheinlich war ihnen nicht einmal bewusst, dass sie fotografiert werden. Er hält sie in ihrer Präsenz und Besonderheit dabei aber so spezifisch und respektvoll fest, dass der Betrachter ihnen nahekommt, ohne Distanzlosigkeit zu fühlen.
Island-Abend im Februar
Als Begleitprogramm zur Ausstellung ist für Donnerstag, 6. Februar, ein Island-Abend geplant. Die fünf Teilnehmer der Sonderschau zeigen eine umfangreiche Präsentation – einschließlich vieler Bilder, die nicht Teil der Ausstellung sind.
Den Fotokreis Siegen gibt es seit 1949. Mehr Informationen gibt es auf fotokreis-siegen.de
Einblicke
Landschaften, immer ein wichtiges Thema der Fotokreis-Ausstellungen, spielen auch diesmal eine große Rolle. Das gilt gerade für die Island-Sonderschau im Untergeschoss von Haus Seel. Mit Ausnahme eines Diners, hinter dessen Fenster Silhouetten zu erkennen sind, tauchen in den Bildern der fünf hier vertretenen Fotografen keine Menschen auf; stattdessen zerklüftete Felsformationen, weite Wiesen, viel Eis, oft unter dramatischen Wolkenansammlungen. Doch jenseits des angesichts des Themas Erwartbaren – wobei die Erwartbarkeit die Qualität der Arbeiten keineswegs schmälert – gibt es Überraschungen: Bilder, die an Aufnahmen des Mars-Rovers vom roten Planeten erinnern, oder die abgelegene Kirche von Möðrudalur, die wie die Einstellung aus einem Western wirkt.
Die Jahresausstellung des Fotokreises Siegen wird am heutigen Donnerstag um 19 Uhr im Haus Seel eröffnet. Sie ist bis zum 16. Februar dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr, sonntags zusätzlich von 11 bis 13 Uhr zu sehen.
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.