Hilchenbach. Der starke Wind bremst den Reparaturtrupp auf der Hilchenbacher Lümke derzeit noch aus. Seit Mai 2019 steht die Anlage still.

Es gibt Zeiten, in denen sich ein Windpark-Betreiber die Flaute regelrecht herbeiwünscht. Jetzt zum Beispiel, wo der Reparaturtrupp einsatzbereit wäre, um die Nabe mit dem defekten Hauptlager aus 140 Metern Höhe vom Windrad 3 auf der Lümke herunterzuholen. „Endlich“, sagt Rothaarwind-Geschäftsführer Günter Pulte. Das von Anlagenhersteller Enercon beauftragte Unternehmen war in Brandenburg aufgehalten worden – dort hatte der zu starke Wind Reparaturarbeiten verzögert. Auch oben auf der Lümke bläst es derzeit ziemlich stark. „Die drei Rotorblätter müssen vorher runter“, sagt Pulte, „bei dem starken Wind geht das nicht.“

Das wird gemacht: Reparatur auf der Lümke

40 Schwertransporter haben die gelben Gittermasten des Krans über den zwei Kilometer langen Waldweg angeliefert. Auch dort mussten erst Schlaglöcher gestopft werden, damit die Fuhre sicher ans Ziel kommt. Bauleiter Enrico Bohn und seine Kollegen Pierre Rogge, Norman Huske, Nikita Bojarkus und Dovydas Simkartis von der Firma CIwind aus Aurich sind für den Bau Bau und die Reparatur von Windkraftanlagen in ganz Deutschland und dem europäischen Ausland unterwegs. Sicherheitsschuhe, Helm und Schutzbrille gehören zur Ausrüstung. Dass sie fit sind, untersucht regelmäßig ein Arzt. Und dass sie schwindelfrei sein müssen, versteht sich von selbst.

Die Mannschaft fürs Windrad 3: Pierre Rogge, Norman Huske, Nikita Bojarkus, Dovydas Simkartis und Enrico Bohn (von links).
Die Mannschaft fürs Windrad 3: Pierre Rogge, Norman Huske, Nikita Bojarkus, Dovydas Simkartis und Enrico Bohn (von links). © Jürgen Schade

Nachdem der Raupenkran zusammengebaut ist, hat er mit seinem Ausleger eine Höhe von 148 Metern. Insgesamt 1.600 Tonnen wiegt der gelbe Gigant inklusive Ballast. Die Ketten sind 150 Zentimeter breit, jedes Untergestell wiegt 43 Tonnen. „Zur Zeit können wir nicht in der Höhe arbeiten, denn der Wind hier oben auf der Lümke weht mit 20 Metern in der Sekunde zu stark“, sagt Pierre Rogge. Sobald die Monteure bei Windstille oben sind, müssen erst die drei Rotorblätter abmontiert werden, von denen jedes Blatt ein Gewicht von 8,3 Tonnen hat. Dann können die Nabe und der Generator-Läufer gelöst und abgelassen werden. Die neue Nabe, die schon angeliefert wurde, wird in den nächsten Tagen zur Montage vorbereitet. Auf der Baustelle steht auch eine riesige Lichtmastanlage, womit der gesamte Arbeitsbereich ausgeleuchtet werden kann. „Wenn es windstill ist, dann werden wir auch nachts arbeiten“, sagt Norman Huske.

Konzentrationszonen

Auf Hilchenbacher Gebiet sind die beantragten Standorte für die sieben neuen Windräder identisch mit denen, die in den Konzentrationszonen möglich gewesen wären.

Die Nachbargemeinde Kirchhundem hat die Planung von Konzentrationszonen noch nicht eingestellt: Wenn sie auf die Vorgabe verzichtet, wären – anders als im beengten Hilchenbach – Windrad-Bauten womöglich auch außerhalb des Heinsberger Teils von „Rothaarwind 2“ zulässig, die dann nicht als unerwünschte Standorte abgelehnt werden könnten.

Bereits seit Mai 2019 ist Windrad 3 nicht mehr am Netz. Den ausgefallenen Ertrag erstattet der Anlagenhersteller im Rahmen der Garantie – immerhin liefert jedes der fünf Windräder auf der Lümke jährlich im Schnitt eine Leistung von vier Millionen Kilowattstunden. Eine Prognose, wann die Arbeiten abgeschlossen sind, wagt Günter Pulte nicht. Denn eigentlich ist ja Winter. „Wir haben Glück, dass kein Schnee liegt.

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Das kommt noch: Nachbar-Windpark Rothaarwind 2

Noch mehr Vorausschau ist für „Rothaarwind 2“ gefragt: Das ist der Arbeitstitel für den zweiten Bürgerwindpark, der östlich der Verbindungsstraße nach Heinsberg und südöstlich der Lümke auf Helberhäuser und Vormwälder Gemarkung sowie in der Nachbargemeinde Kirchhundem entstehen soll. „Wir sind jetzt im achten Jahr der Planung“, stellt Pulte fest und berichtet vom Besuch einer Gruppe von Anlagenbauern aus China: Die hätten erst hartnäckig an einen Übersetzungsfehler geglaubt, dann teils erheitert, teils mit Kopfschütteln reagiert. „Letztendlich ist das ein Trauerspiel.“

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Für die zehn Anlagen in Heinsberg will Günter Pulte den Bauantrag beim Kreis Olpe stellen, sobald ein noch ausstehendes Gutachten vorliegt. Für die sieben Windräder in Hilchenbach wurde zunächst nur die Bauvoranfrage gestellt – die noch laufende zusätzliche Artenschutzuntersuchung, die nach der Entdeckung eines Schwarzstorches anberaumt wurde, wird wohl den ganzen Sommer in Anspruch nehmen.

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Die Stadt Hilchenbach hatte eigens das Verfahren für die Ausweisung neuer Windkraft-Konzentrationszonen eingestellt, um Rothaarwind den Weg zu vermeintlich schnelleren Einzelgenehmigungen zu ebnen: Neben den wechselnden Vorgaben von Bundes- und Landespolitik (Pulte: „Chaotisch“) hätte der „Rotorüberstand“, der neuerdings von Gerichten nicht mehr hingenommen wird, die Planung sowieso zunichte gemacht. Die Rotorblätter dürfen nämlich nicht mehr über die Grenzen der Zonen für Windräder hinausragen, sodass auf die ausgesuchten schmalen Flächen keine Anlagen mehr gepasst hätten. Selbst die Stadt Hilchenbach, die „ernsthaft, mit besten Vorsätzen und guter Fachkompetenz“ an der Planung gearbeitet habe, habe da keine Chance mehr gehabt, sagt Günter Pulte: „Andere Gemeinden haben schon viel früher aufgegeben.“

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