Siegen. Der Saxofon-Gigant spielt im Siegener Jazzclub Oase des Kulturhauses Lyz ein Weihnachtskonzert mit hochkarätigen Gästen, das Publikum singt mit.

Ein Stück Jazz-Geschichte, eine lebende Legende, ein Ausnahmesaxofonist: Keine dieser Beschreibungen reicht aus, um Pee Wee Ellis zu charakterisieren. Er ist die Summe von allen und noch viel mehr. Einer, der zunächst Klavier und andere Instrumente lernte, dann der gelehrige Schüler der Saxofon-Ikone Sonny Rollins war, mit Größen wie James Brown, in dessen Band er musikalischer Leiter war, Van Morrison und Maceo Parker musizierte und aktuell auf seiner „Spirit of Christmas“-Tournee in Deutschland unterwegs ist. Zuletzt in der Laeiszhalle in Hamburg, im Dortmunder Konzerthaus und am Freitagabend im rappelvollen Siegener Jazzclub Oase.

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Hochkarätige Musiker

Besinnlich beginnt der Abend mit Klassikern wie „Santa Claus is coming“ und anderen amerikanischen Weihnachtsliedern, die haarscharf am Kitsch vorbeischlittern. „Welcome“ und „Thank you“ sind die wenigen Worte, die aus dem Mund von Pee Wee Ellis zu verstehen sind. Das Sprechen fällt dem 78-Jährigen sichtlich schwer und nimmt nur einmal richtig Fahrt auf: Als er China Moses ankündigt, eine der weltweit bedeutendsten Jazz- und Soulsängerinnen. Keck, kokett, mit waffenscheinpflichtigen Stiletto-Stiefeln lässt diese beim Weihnachts-Klassiker „Have yourself a merry little Christmas“ sofort hören, wie Swing geht.

Singen ist auch Show, das hat sie mit der Muttermilch aufgesogen. Denn China Moses ist die Tochter der Jazz-Sängerin, Schauspielerin und mehrfachen Grammy-Preisträgerin Dee Dee Bridgewater. Und Pee Wee Ellis selbst kennt an diesem Abend nur eine Sprache: Die seines Saxofons. Doch die beherrscht er wie kein Zweiter. Er kann in jedem musikalischen Moment des 90-minütigen Konzerts mit den sechs Kollegen mithalten – und er hat sich wirklich erstklassige Könner in seine Band geholt. Dass ihm sein Kollege an der Trompete schon einmal seine Noten sortieren musste, was soll’s? Viel wichtiger ist, dass Mr. Ellis mit dem Waliser Jan Shaw einen Sänger dazu geholt hat, der eine spannende Ergänzung zu China Moses darstellt.

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Rudelsingen klappt perfekt im Lyz

„Eleanor Rigby“, den Beatles-Klassiker, interpretiert der 3 ½-Oktaven-Mann auf jazzige Art: Mal mit Falsett-Stimme, mal mit dem Joe-Cocker-Urschrei. Funk und Blues gefällig? Beim Otis Redding Hit „Merry Christmas Baby“ bringen China Moses, Jan Shaw und die Band den Saal zum Kochen und Pee Wee Ellis kann sich getrost die Hose richten und mal kurz hinter dem Vorhang verschwinden, um dann sichtlich zufrieden wieder das musikalische Geschehen zu bestimmen. Etwa bei einem dampfenden James-Brown-Hit oder dem wunderbar leisen, hierzulande weitgehend unbekannten „Midwinter snow, long time ago“.

Klar, dass ein Weihnachtskonzert in einem Jazzclub nicht ohne „Stille Nacht“ und „Jingle Bells“ zu Ende gehen kann. Die freundliche Einladung an das Publikum zum mitsingen ist dabei fast unnötig: Rudelsingen klappt auch im Lyz perfekt. Beim „Hey, hey, I feel alright“ vibriert der Saal und brennt der Baum.

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