Siegen. Der Jazzclub Oase präsentiert die WDR Big Band im Lyz: Was die Gäste zu hören bekommen, sind Klänge, die mitunter nicht von dieser Welt sind.

Da steht sie: Eine B3-Hammondorgel, braun lackiert wie Omas Schlafzimmer-Kommode, und eine fast gleich große Kiste, Leslie genannt. Ein Rotationslautsprecher, dessen Drehungen besondere Klangeffekte erzeugen. In der Jazzwelt der Gegenwart ziemlich selten geworden. Von den unzähligen Transporten dieses Ungetüms zeugen die vielen abgestoßenen Ecken und Lackbeschädigungen.

Doch was „The Beast“, wie es in Musikerkreisen sowohl ehrfurchts- wie auch liebevoll genannt wird, an Klängen zu bieten hat, wird an diesem Abend des Jazzclubs Oase im Lyz vom ersten Ton an deutlich. Wobei es gegenüber den Programmtexten zwei Änderungen gab. Statt der angekündigten zwei Hammondorgeln ist nur eine aufgebaut. Eine zweite hätte nicht auf die Bühne gepasst, wie Big-Band Intendant Arnd Richter eingangs erklärte. Die ersetzt ein High-Tech-Keyboard in Ferrari-Rot aus einer Skandinavischen Edel-Werkstatt. An Stelle des aktuellen Chefdirigenten leitet Michael Abene den Weltklasse-Klangkörper aus Köln. Und das mit einer Lockerheit, die dem Abend eine besondere Würze gibt. „Bubedibubudibubumbum“. sagt Michael Abene unter deren Gelächter zu seinen Musikern. Damit meint er einen leichtfüßigen Swing, der von den messerscharfen Riffs der vier Band-Trompeter eine besondere Würze erhält.

Der Jazzclub Oase präsentiert zum Auftakt der Saison die WDR Big Band und zwei Tastenkünstler.
Der Jazzclub Oase präsentiert zum Auftakt der Saison die WDR Big Band und zwei Tastenkünstler. © Wolfgang Leipold

Doch schon vorher geht den vielen Jazzfreunden im gut besuchten, aber erstaunlicherweise nicht vollen Jazz-Club das Herz auf. Denn was Billy Test, der neue Stammpianist der Big Band, und der junge Aachener Simon Oslender auf ihren Tasteninstrumenten zaubern, ist nicht von dieser Welt. Dabei erweist sich „The Beast“ neben seiner beeindruckenden Klangwucht auch als durchaus leichtfüßig. Optisch vergleichbar mit einem Harmonium, das man aus evangelischen Vereinshäusern der Region kennt, gibt sie sich akustisch ganz anders. Sie kann jaulen, jammern, stöhnen, schreien und tanzen. Sie wird lebendig, sie muss nur richtig behandelt werden. Und das tun Billy Test und Simon Oslender eindrucksvoll.

Einzigartiger Gesamtklang

Den Zauber der WDR Big Band macht auch aus, dass neben dem einzigartigen Gesamtklang alle Musiker großartige Solisten sind. So glänzt Karolina Strassmayer in einer Komposition von Billy Strayhorn, einst Pianist in der legendären Band von Duke Ellington. Sie wurde vor 15 Jahren erstes weibliches Mitglied des bis dahin reinen Männerensembles – und das völlig ohne Frauenquote und nur ausgewählt durch ihr außergewöhnliches Können. Oder Andy Haderer, Strassmayers österreichischer Landsmann, der ehemalige Jungspund und Power-Trompeter, seit 1988 dabei, inzwischen ergraut, aber frischer denn je. Einige sind „nur“ mannschaftsdienlich wie Paul Shigihara, der aus Japan stammende Gitarrist, in Siegen erstmals mit grauem Vollbart und sich fast stoisch gebend. Doch zusammen sind sie unschlagbar gut.

Nächstes Konzert

Das nächste Konzert im Jazz Club Oase ist schon am kommenden Freitag, 4. Oktober:Es gastiert das Gero Körner Trio, das sich in der Tradition der großen Meister der Swing-Ära sieht.

Zum Gesamtkunstwerk WDR Big Band gehört auch der charismatische Bandleader Michael Abene, der von 2004 bis 2014 Chefdirigent der Band war. Inzwischen 77 Jahre alt, muss er sich dann und wann einmal setzen, aber er versteht es, in einer Mischung aus Lockerheit und Konzentration einen Konzertabend zu leiten, der sowohl seinen Musikern wie auch dem Publikum mal ein entspanntes Lächeln ins Gesicht zaubert. Und als die Band mit einer Komposition des Saxofonisten Maceo Parker einen fulminanten, funkigen Schlusspunkt setzt, tobt der Saal. „Wir mögen diesen Saal, wir mögen das Ambiente“, sagt Arnd Richter, neuer Manager der WDR Big Band, „Sie können sicher sein, dass wir wiederkommen.“

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