Siegen-Wittgenstein. Kooperation mit Google, Apple und Netzbetreibern: Handy-Positionsdaten werden an Rettungskräfte übermittelt – das spart im Notfall wertvolle Zeit
Zwei Touristen machen einen Mountainbike-Ausflug auf dem Rothaarkamm. Einer von beiden stürzt und verletzt sich dabei schwer. Instinktiv wählt der Freund den Notruf, erreicht die Kreisleitstelle und wird sich dann schnell bewusst: Er weiß nicht, wo genau er sich gerade befindet, er ist nicht ortskundig, sieht keine Schilder.
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Rund 75 Prozent aller Notrufe in Europa werden mobil mit dem Handy abgesetzt. „In einer Notsituation kommt es auf jede Sekunde an. Um Situationen, wie die geschilderte, zu vermeiden und schnellstmöglich den exakten Aufenthaltsort von Anrufern in Notlagen zu ermitteln, setzt die Kreisleitstelle Siegen-Wittgenstein jetzt auf zwei neue Techniken“, so Landrat Andreas Müller. Bei einem Besuch in der Kreisleitstelle in Weidenau ließ er sich diese nun von Thomas Tremmel, Amtsleiter für Brand- und Bevölkerungsschutz, Rettungswesen, erklären.
Positionsdaten des Anrufers in Kartensystem angezeigt
Zum einen wird das System „RescueTrack“ genutzt, mit dem die GPS-Ortung von Anrufern nach deren Freigabe per SMS möglich ist. In erster Linie kommt aber das System „Advanced Mobile Location“ (AML), zum Einsatz. Das ist ein Dienst zur automatischen Positionsbestimmung von Anrufern, die eine Notrufnummer wählen. Dank einer Partnerschaft mit Google, Apple und den drei Mobilfunk-Netzbetreibern in Deutschland bringt diese Technologie sehr genaue Standortinformationen von Smartphones zu den Leitstellen, ohne, dass der Anrufer etwas dafür tun muss.
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Bei Absetzen eines Notrufes aus dem Mobilfunknetz werden ab sofort die Positionsdaten des Anrufers bis auf wenige Meter genau dank AML an die Kreisleitstelle übermittelt und in einem Kartensystem angezeigt. Dadurch entsteht gegenüber der bisherigen Abfrage des Notfallortes ein enormer Zeitvorteil. Wählt der Anrufer eine Notrufnummer, so aktiviert das Mobilfunkgerät zu Gesprächsbeginn automatisch WLAN und Satellitennavigation, auch bei vorheriger Deaktivierung durch den Nutzer. Nach einer Wartefrist von 20 Sekunden werden diese Daten automatisch an die Kreisleitstelle Siegen-Wittgenstein übermittelt.
Zwei Systeme decken möglichst große Bandbreite von Fällen ab
Der Leiter der Kreisleitstelle, Brandamtmann Kay-Jörg Kawi, weiß: Das neue System hat noch Nachteile hat – „Es kann Konstellationen geben, bei dem die automatisierte Ortung mit AML nicht einwandfrei funktioniert. Aus diesem Grund halten wir mit der Software „RescueTrack“, die wir auch für Fahrzeug- und Hubschrauber-Navigation einsetzen, noch eine weitere Möglichkeit der Ortung vor.“
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Das funktioniert allerdings nicht automatisch, sondern über den Versand einer SMS, in der ein Freigabelink vom Anrufer aktiviert werden muss. Beide Systeme seien bereits erfolgreich eingesetzt worden. Beim automatisierten AML-System spielt der Datenschutz natürlich eine große Rolle, weil der Nutzer die Freigabe seines Standorts nicht explizit erlaubt.
Rückverfolgung nicht möglich, nur Standort wird übermittelt
Die zuständigen Bundesbehörden haben das System aber überprüft und zur Verwendung freigegeben. Denn nur die Rufnummer des Anrufers wird gespeichert und die Positionsinformationen darüber hinaus nach 60 Minuten gelöscht. Das Endgerät übermittelt den Standort zu Beginn des Anrufs, nach 15 Sekunden sowie nach 30 Sekunden um eine korrekte Lokalisierung sicherzustellen. Weitere Anruferdaten werden nicht übermittelt und eine Rückverfolgung ist nicht möglich.
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Derzeit sind ein Drittel der rund 250 Leitstellen in Deutschland an dem neuen AML-System angeschlossen und empfangen somit bereits den Standort des Anrufers. Android-Endgeräte mit dem neusten Softwarestand sind schon mit diesem Service ausgestattet. Apple-Geräte können ihre Standortdaten erst ab dem zweiten Quartal 2020 übermitteln. Unter anderem für solche Fälle und als Absicherung nutzt die Kreisleitstelle Siegen-Wittgenstein das zweite System.
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