Müsen. Rainer Fränzen arbeitet unermüdlich an der Alten Menage in der Straße Auf der Stollenhalde 7. Die Finanzierung steht allerdings auf der Kippe.
Dort wo einst Bergarbeiter schliefen, pennt jetzt Hans. Hans ist zwar ziemlich knochig und ausgelaugt, aber er scheint sich im Erdgeschoss der Alten Menage wohl zu fühlen. Immerhin ist das Bett, in dem das Skelett abhängt, luxuriöser zu Zeiten des Bergbaus und ein schnuckeliger alter Ofen steht direkt daneben. Aber wenn alles gut geht, muss Hans ab Frühjahr 2020 den Raum mit Besuchern teilen. Sie sollen hier Rätsel lösen und einem Geheimnis auf die Spur kommen. Denn im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes nimmt der Eventbereich Formen an. Der spätere Schlafraum der Bergmänner ist schon sporadisch eingerichtet. Man bekommt eine Idee davon, wie der erste von zwei Escaperooms später aussehen könnte.
Dach wird gerade saniert
Viel wichtiger ist allerdings gerade das Dach der Alten Menage. Es wird komplett neu gemacht und hat oberste Priorität. „Im Moment steht die alte Dame oben ohne dar“, sagt Eigentümer und Wahl-Müsener Rainer Fränzen. Sie soll endlich wieder dicht werden, bevor der Winter noch schlechteres Wetter bringt. Neun Gauben wird es dann geben. „Es wird größer und heller“, sagt Rainer Fränzen.
Und auch die alte Schieferfassade ist marode und muss gemacht werden. Aber die Finanzierung steht auf der Kippe – Rainer Fränzen bekommt die nötigen Kredite nicht (siehe Infobox) und sucht nach Unterstützern. „Ich will das Gebäude retten. Aber ich hätte es gerne ohne Betteln gemacht.“ Generell gilt nach wie vor: Das Projekt ist Herzenssache und riesige Herausforderung zugleich.
Alte Menage: Möbelsuche versus Rohbau
Seit Kumpel Werner Halft im Eventbereich des Projektes Alte Menage eingestiegen ist, weiß Rainer Fränzen beinahe nicht mehr, wohin mit den vielen alten Möbeln. Denn Werner Halft liebt es, in Ebay-Kleinanzeigen zu stöbern. Immer auf der Suche nach antiken Schätzchen. Und als neulich ein Sägewerk in Schmallenberg alte Möbel loswerden wollte, gab es kein Halten mehr. Die beiden selbsternannten „Shoppingqueens“ konnten einfach nicht Nein sagen. „Das war ein Glücksgriff“, sagt Werner Halft und grinst.
Die Finanzierung ist weiter unsicher
Rainer Fränzen ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um das Projekt stemmen zu können. Zwar hat er die Zusage für eine Landesförderung in Höhe von rund 41.500 Euro, doch diese setzt die Leistung eines Eigenanteils voraus. Insgesamt verschlingt das Projekt noch etwa 133.000 Euro. Allein für das Dach sind 68.000 Euro kalkuliert. „Das bereitet mir relativ schlaflose Nächte.“ 50.000 Euro seien schon in das Haus geflossen.
Sehr enttäuscht ist er nach eigenen Angaben von der Sparkasse Siegen: „Die haben mich lange zappeln lassen und dann abgesagt. Das Haus biete keine kalkulierte Sicherheit“, sagt Rainer Fränzen. Während die Kreditanfrage lief, hat der Müsener bereits Handwerker mobil gemacht. Denn die Zeit drängt und das Dach muss schnellstmöglich dicht werden. Die Arbeiten laufen bereits. Für die Sparkasse Siegen reagiert Pressesprecherin Stefanie Schierling auf die Vorwürfe. Sie hat sich den Fall noch einmal genau angesehen und sagt: „Herr Fränzen ist am 30. August hier gewesen und hat am 5. September eine Absage bekommen.“ Er habe also innerhalb einer Woche eine Rückmeldung bekommen.
Aktuell läuft eine letzte Anfrage bei der Schwäbisch Hall. „Ich bin als Finanzexperte ein Versager und brauche da professionelle Hilfe“, gibt Rainer Fränzen offen zu. Er kennt seine Stärken und Schwächen.
Sollte die Bausparfinanzierung nicht bewilligt werden, muss Rainer Fränzen auf andere Optionen zurückgreifen – beispielsweise ein Crowdfunding-Projekt. „Ich hätte es aber gerne ohne Betteln gemacht.“ Darüber hinaus hat die Müsener Firma Bensberg ihre Unterstützung in Form eines Privatkredits zugesagt, wenn alle Stricke reißen sollten. „Die Frau von Ulrich Bensberg wurde hier geboren“, erklärt Rainer Fränzen die Verbindung. Auch war es Bensbergs Tochter Jenny, die Rainer Fränzen damals auf die Menage aufmerksam machte. Rainer Fränzen ist dankbar für den starken Zusammenhalt im Dorf.
Sein Kumpel ruft zur Vernunft: „Aber irgendwann ist auch erstmal Stop. Wir müssen den Rohbau fertig machen. Man kann sich sehr schnell verlieren.“ Wohl wahr. Dennoch: Die beiden Männer sind voller Tatendrang und haben viele Ideen und Konzepte im Kopf, die sie möglichst zeitnah umsetzen wollen. Deshalb haben sie quasi als Test und kleines Schmankerl ein mobiles Escape-Game geschaffen – in einem Schrank. Der steht jetzt bei Bücher buy Eva am Markt. „Das Vermächtnis des ewigen Bergmanns“ heißt es und kann von zwei bis vier Personen gespielt werden.
„Es gibt so viele lokale Geschichten, die viel Futter bieten. Sie liegen vor der Haustür“, sagt Werner Halft. Der IT-Fachmann mit zusätzlicher Ausbildung zum Zirkuspädagogen liebt Geduldspiele. Alle Aufgaben sollen den Spielern später die Geschichte der Region näherbringen und Teams stärken. Ein klassisches Gegeneinander soll es nicht geben.
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Außenbereich mit ehrenamtlichen Helfern gestaltet
Es hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan in und um die Alte Menage. Ein Gerüst – aufgestellt vom Musikverein Müsen – verdeckt den Blick auf die alten Gemäuer. Damit das überhaupt sicher stehen kann, galt es den Außenbereich zu präparieren. Bauschutt musste weg, ebene Flächen her. Jetzt gibt es zwei Terrassen und Mauern. Die Arbeiten am Dach sind endlich gestartet. Wenn es fertig ist, ist das Dach dichter als es in den vergangenen 50 Jahren jemals war, sagt Rainer Fränzen.
Er hatte das denkmalgeschützte Gebäude 2017 für einen symbolischen Euro von der Stadt Hilchenbach gekauft. Entstehen sollen außer dem Eventbereich mit zwei Escaperooms, einem Salon für Liveevents und einem Fundus im Erdgeschoss. Auch geplant sind Büros und eine Mietwohnung im ersten Geschoss. Darüber hinaus möchte Rainer Fränzen irgendwann unterm Dach einziehen. Das ist aber im Moment Zukunftsmusik. Wenn das Erdgeschoss ausgebaut ist, wird er erst einmal im späteren Salon wohnen, um Miete zu sparen.
Die Pläne für die Menage sind umfangreich und die Umsetzung ist nicht immer so einfach, wie zuerst angenommen. Freak Rainer Fränzen – so nennt er sich selbst gerne – muss viele Auflagen beachten, vor allem in puncto Denkmal- und Brandschutz. Auch Gesetzesänderungen machen das nicht einfacher, sondern eher teurer. Rainer Fränzen und Werner Halft suchen weiter nach Helfern. Auch über einen Förderverein wären sie dankbar.
Einnahmen in Ausbau stecken
Während die zweite Etage noch sehr rustikal aussieht und man beim Betreten darauf achten muss, nicht aus Versehen eine Etage tiefer zu landen, sind die Arbeiten im Erdgeschoss weit vorangeschritten. Bald kommt die Heizung rein, Fliesen und Böden sind größtenteils verlegt. Gerade arbeiten die Männer am Brandschutz. Wenn die Maßnahmen fertig sind, dann soll ein Bauabschnitt freigegeben werden.
„Wir wollen alles tun, um die Sicherheit nicht zu gefährden“, sagt Rainer Fränzen. Letztendlich entscheidet die Bauaufsicht. Angepeilt haben der Freak und sein Kumpel, der der Liebe wegen von Köln nach Müsen gezogen ist, die Eröffnung des Eventbereichs zum Beginn des zweiten Quartals in 2020. Beiden ist klar, dass sie damit nicht zu Millionären werden in Müsen. Aber die Einnahmen könnten für die weiteren Arbeiten an der Menage verwendet werden.
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