Siegen-Wittgenstein. Die Beamten in Siegen-Wittgenstein sind ab Montag nur noch mit Bodycam im Außeneinsatz. Die Kreispolizeibehörde hat damit schon gute Erfahrungen.
Die Polizei in Siegen-Wittgenstein setzt ab Montag Bodycams als festen Teil der Ausrüstung ein. Die am Revers der Dienstkleidung befestigten Kameras sollen deeskalierend wirken und so die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten im Einsatz erhöhen. Außerdem können die Aufnahmen gegebenenfalls als Beweismittel genutzt werden. Die Kreispolizeibehörde (KPB) war eine von fünf Polizeibehörden, die die Technik während einer zweijährigen Pilotphase erprobten. Auch wegen der Siegener Ergebnisse werden die Bodycams nun landesweit eingeführt.
Wozu?
Es gebe ein zunehmendes Problem „mit Widerstand gegen Einsatzkräfte“, sagt Andreas Müller, als Landrat auch Chef der KPB. Die Idee hinter den Kameras ist, dass Menschen sich weniger aggressiv verhalten, wenn sie wissen, dass sie gefilmt werden.
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Funktioniert’s?
Die Erfahrungen, die die KPB in der zweijährigen Testphase von Mai 2017 bis April 2019 sammelte, sind gut. „Ich hatte schon Situationen, wo die Kamera wirklich geholfen hat“, sagt Polizistin Jana Koch. In extremen Fällen, wenn die Beamten mit stark alkoholisierten oder anderweitig berauschten Leuten konfrontiert seien, nütze die Bodycam dabei tendenziell weniger als bei nüchternen Zeitgenossen – weil je nach Rauschzustand die Fähigkeit, die Konsequenzen eigenen Verhaltens abzuschätzen, naturgemäß nachlässt. Insgesamt gibt die Kamera den Kolleginnen und Kollegen aber ein besseres Gefühl.
Läuft die Kamera immer?
Nein. Die Bodycam soll nur in besonderen Situationen zur Anwendung kommen. „Sie muss zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden, bei Gefahr für Leib und Leben“, erklärt Polizeidirektor Gunnar Hömann. Die Entscheidung, ab welchem Stadium einer Auseinandersetzung sie die Kamera einschalten, bleibt den Beamten überlassen. Die Auswertung der Pilotphase – sie wurde wissenschaftlich begleitet – habe dabei ergeben, dass Kollegen, die bereits Opfer eines Angriffs wurden, die Kamera eher einschalten. In jedem Fall wird die Aktivierung der Kamera angekündigt. Ausnahme: Eine Situation ist bei Eintreffen der Polizei bereits derart außer Kontrolle, dass „Gefahr im Verzug“ gegeben ist – etwa bei laufenden Schlägereien.
Wie ist die Aufnahmequalität?
Bild und Ton sind ausgesprochen gut. Die Kamera nutzt einen Weitwinkel, die Bilder sind trotz der am Körper angebrachten Technik erstaunlich stabil. Bei völliger Dunkelheit ist es zwar auch für die Bodycam zappenduster, aber selbst bei normalen abendlichen Lichtverhältnissen sind die Ergebnisse noch verwertbar: „Die Qualität kommt dem menschlichen Auge sehr nahe“, sagt Alexander Caspari von der Polizei.
Was wird aus den Aufnahmen?
Nach dem Einsatz werden die Cams in eine Docking-Station gesetzt. Die Daten werden automatisch heruntergeladen. Aus Sicherheitsgründen geschieht dies nicht über eine Funkverbindung – weshalb die Kameras auch nicht live streamen können. Standardmäßig werden die Daten nach 14 Tagen automatisch gelöscht. Sollten sie allerdings als Beweismittel benötigt werden, ist eine längere Speicherung möglich. Im Fall eines nächtlichen Randalierers am Marburger Tor in Siegen vor zwei Jahren kam solches Material auch schon vor Gericht zum Einsatz, wie Polizeidirektor Gunnar Hömann schildert. Der Mann hatte die Beamten massiv beleidigt und nach ihnen geschlagen. Richter und Staatsanwalt bekämen durch solche Aufnahmen eine klarere Vorstellung von einer Situation, denn „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Urteil in diesem Fall übrigens: zehn Monate auf Bewährung.
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