Eiserfeld. Juwelier Linschmann in Eiserfeld feiert 50-jähriges Bestehen. Der Familienbetrieb ist eines der ältesten Geschäfte im Siegener Süden.

Als Kind sah Walter Linschmann den Hüttenmännern zu, die damals noch in Eiserfeld ihrem Tagwerk nachgingen. Die Metallgewinnung faszinierte ihn. Es ist ein schlüssiger Schritt vom Eisen zum Gold: Von dem kleinen Jungen, der in den 1950ern Bergbau und Verhüttung beobachtete, zu dem jungen Mann, der sich in den 1960ern für die Ausbildung zum Juwelier und Goldschmied entschied. Die Faszination für den Bergbau prägt Walter Linschmann bis heute; die Leidenschaft für seinen Beruf ebenso. Mit einem Empfang im Bernhard-Weiss-Saal der IHK Siegen feiert „Linschmann“ am Samstag, 2. November, 50-jähriges Bestehen – als eines der ältesten inhabergeführten Geschäfte im Siegener Süden.

Das Handwerk

Walter Linschmann sitzt in der plüschig-modernen Sitzecke im hinteren Teil des Ladens an der Eiserntalstraße. Vor ihm liegt ein Ordner aus seiner Ausbildung in Hanau. Akkurate Zeichnungen, die Handschrift gestochen scharf und elegant. Er zeigt den Entwurf eines Goldarmbands, eine akkurate Konstruktionszeichnung. Daneben liegt in einem Etui das fertige Schmuckstück. „Ich habe von der Pike auf gelernt“, sagt der 74-Jährige. „Das hat wirklich Spaß gemacht.“

Walter Linschmann lernte in seiner Ausbildung unter anderem technisches und perspektivisches Zeichnen – um Kunden lange vor der Zeit der Computervisualisierungen plastische Eindrücke der anzufertigenden Schmuckstücke vermitteln zu können.
Walter Linschmann lernte in seiner Ausbildung unter anderem technisches und perspektivisches Zeichnen – um Kunden lange vor der Zeit der Computervisualisierungen plastische Eindrücke der anzufertigenden Schmuckstücke vermitteln zu können. © Repro: Florian Adam

Sechs Jahre dauerte die Ausbildung – erst das Handwerkliche, dann vier Semester technisches und perspektivisches Zeichnen. In einer Zeit, lange bevor Computeranimationen zur Verfügung standen, musste der Goldschmied den Kunden die Visualisierungen der zu fertigenden Stücke von Hand liefern. Auch dafür hat Walter Linschmann noch Beispiele parat; Zeichnungen von edelsteinbesetzten Broschen etwa, die auf schwarzen Karton gezeichnet plastisch strahlen und zu funkeln scheinen.

Die Anfänge

Ein Jahr lang arbeitete er nach der Ausbildung in Hanau, dann kehrte er nach Eiserfeld zurück. Nur 100 Meter entfernt von seinem Zuhause war ein Ladenlokal frei. Mit einem Verkaufsraum ging es 1969 als Goldschmied los, kurz danach kamen Uhren hinzu. Anfang der 1970er folgte Porzellan. „Eigentlich logisch“, sagt Axel Linschmann, Sohn des Familienbetriebsgründers und seit 2018 Inhaber – schließlich sei Porzellan auch bekannt als „weißes Gold“.

Haus mit Geschichte

Auch das Linschmann-Gebäude selbst hat eine bemerkenswerte Geschichte.

Früher war dort beispielsweise eine Postkutschenhalterei mit Wechselstation für die Pferde untergebracht. Außerdem hat es den wohl ältesten erhaltenen Siegerländer Hausbackes.

Kunden hätten seinen Vater damals vermehrt angefragt, ob er nicht das ein oder andere besorgen könne. „Es gab damals viele Haushaltswarengeschäfte“, sagt Walter Linschmann. Die hätten von der Nähnadel über den Teller bis zum Kochtopf zwar alles Mögliche für den Grundbedarf gehabt, „aber wenn man gehobenes Porzellan haben wollte – da musste man sich mehr ins Zeug legen“. Die Linschmanns taten es, bekamen Marken wie Rosenthal und Hutschen­reuther nach Eiserfeld. „Ich hatte ein Faible dafür“, sagt der Senior-Chef, der sich den Status als einer der führenden Händler im Siegerland erarbeitete. Das Motto: „Alles um den gedeckten Tisch“, ob Glas, Porzellan oder Besteck, in hochwertiger Qualität.

Der Verkaufsraum in den 1970ern.
Der Verkaufsraum in den 1970ern. © Linschmann | Linschmann

Das Wachstum

In mehreren Etappen wurde die Verkaufsfläche im Laufe der Jahre größer. An der Flanke Richtung Ortsmitte entstand ein Anbau, in der Gegenrichtung nahmen die Geschäftsleute Räume des unmittelbar angrenzenden Nachbarhauses hinzu. Ehefrau Gudrun arbeitete immer mit, Sohn Axel machte ab 1994 seine Ausbildung im elterlichen Unternehmen, „aber nur den offiziellen Teil“, wie er anmerkt. Er hatte vorher bereits ausgeholfen, war im und mit dem Familienbetrieb groß geworden: „Im Grunde kriegst Du das mit der Muttermilch mit.“

Die Gegenwart

„Es verändert sich alles. Wir sprechen immerhin über einen Zeitraum von 50 Jahren“, sagt Axel Linschmann. Er schloss den Betriebswirt IHK ab, arbeitete einige Jahre in einem großen Elektrofachmarkt, kam 2014 in den Laden an der Eiserntalstraße zurück und trat 2018 offiziell die Nachfolge als Chef an. Das Porzellan wird bleiben, die obere Etage ist nach wie vor dafür reserviert.

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Doch weil Markt und Kundeninteresse sich verändern, soll eine Konzentration auf das Kerngeschäft erfolgen, auf hochwertige Uhren und Schmuck. Dabei geht es ganz wesentlich um Marken, die nicht überall zu bekommen sind und die ihre Vertriebspartner in den Städten sehr genau auswählen. Der Laden in Eiserfeld führt beispielsweise drei Hersteller aus Glashütte, für deren Produkte Kunden sonst weite Wege auf sich nehmen müssten.

Axel Linschmann (links) wuchs im und mit dem Familienbetrieb auf, seit 2018 ist er offiziell Inhaber. Seine Eltern Gudrun und Walter, das Gründerehepaar, arbeiten weiter mit.
Axel Linschmann (links) wuchs im und mit dem Familienbetrieb auf, seit 2018 ist er offiziell Inhaber. Seine Eltern Gudrun und Walter, das Gründerehepaar, arbeiten weiter mit. © WP | Florian Adam

Was sie auch tun, wie Axel Linschmann erwähnt – aber in umgekehrter Richtung: Kunden kommen auch aus Köln, Düsseldorf, Frankfurt, teilweise von noch weiter weg. Die Strategie, so der 46-Jährige: „Ausgewählte Sortimente und Beratungskompetenz“. Das schließe Service über das Standardprogramm hinaus ein. „Manchmal kommen Kunden und erzählen, sie hätten bisher immer nur gehört, ihr Wunschprodukt gäbe es nicht. Wir kümmern uns dann, und oft klappt es“, sagt Axel Linschmann. „Das ist dann Kundenbedienung und -betreuung“, ergänzt sein Vater.

Die Zukunft

Konkurrenz durch das Internet macht den Linschmanns keine Angst, weil die Strategie auf ein bestimmtes Segment ausgerichtet ist. „Wir verkaufen Produkte, die man erst einmal in die Hand nehmen möchte“, unterstreicht Axel Linschmann. Es gehe um Haptik, um Materialanmutung, um Nuancen, „das können Sie im Internet gar nicht abbilden“. Das gelte auch für die stärkere Konzentration auf Trauringe. Das Netz sei aber eine sinnvolle Ergänzung, der Onlineauftritt des Geschäfts unverzichtbar, „damit die Kunden sich erst einmal vorinformieren und uns überhaupt finden können“. Wenn dann jemand auch von außerhalb kommt und zufrieden wieder geht, dann „ist es das, was uns die Kraft zum Leben gibt und die Freude an der Arbeit“, sagt Walter Linschmann.

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