Siegen. Anregung Offenes Klimabündnis: Rat diskutiert Mittwoch, ob er den Klimanotstand ausrufen soll. Politik und Verwaltung zögern beim Wort “Notstand“

Klimanotstand – Ja oder Nein? Am Mittwoch, 25. September, 16 Uhr, diskutiert der Rat im Geisweider Rathaus, ob in Siegen der Klimanotstand ausgerufen werden soll. Mehrere Initiativen, die sich inzwischen zum Offenen Klimabündnis Siegen zusammengeschlossen haben, haben eine Bürgeranregung an den Rat gestellt. Im Vorfeld der Sitzung ist für 15 Uhr zu einer Kundgebung aufgerufen, um dem Ansinnen Nachdruck zu verleihen.

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Teile der Politik, allen voran CDU und Grüne, unterstützen das Vorhaben und hatten einen eigenen Antrag gestellt, der allerdings nicht auf den Begriff „Notstand“ abhebt. „Die Stunde der Wahrheit schlägt in den Haushaltsplanberatungen“, sagte Fraktionschef Michael Groß im Haupt- und Finanzausschuss: Alles, was an Klimaschutzmaßnahmen beschlossen werde, müsse finanziell hinterlegt werden. In der schwierigen Finanzsituation der Stadt Siegen müsse das „haushaltsneutral“ passieren. Was nicht bedeute, dass es nichts kostet: „Wir müssen an anderer Stelle sparen.“

Diskussion entzündet sich am Begriff „Notstand“

Die Frage des Klimanotstands in Siegen könnte vor allem eine Diskussion um die Bezeichnung „Notstand“ werden. Eine Mehrheit im Rat scheint das Ansinnen grundsätzlich zu unterstützen, tut sich allerdings schwer damit, auch den Notstand auszurufen, selbst wenn das nur symbolisch gemeint wäre.

Auch die Siegener Verwaltung zeigt sich dazu bislang zögerlich, verweist auf zahlreiche Maßnahmen der Stadt in Sachen Klimaschutz. Der Begriff Notstand suggeriere unzutreffenderweise, dass nicht genug getan worden sei oder eine akute Gefahr drohe, meint dazu Bürgermeister Steffen Mues.

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Nichtsdestotrotz unterstützt der Verwaltungschef die grundsätzliche Stoßrichtung der Bürgeranregung. Teile davon seien ohnehin bereits Bestandteil des städtischen Klimaschutzkonzepts, folge man dem Antrag, könne das der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen nur dienlich sein.

Alle Kommunen in Siegen-Wittgenstein aufgefordert

Das Bündnis fordert alle Kommunen Siegen-Wittgensteins sowie den Kreis dazu auf, den Klimanotstand auszurufen, weil „die ersten Auswirkungen des Klimawandels immer deutlicher spürbar“ seien, wie es in der Bürgeranregung heißt: „Wir müssen endlich von der Diskussionsebene auf die Entscheidungsebene kommen.“

Dass nur Einzelpersonen eine Verantwortung im Sinne des Pariser Klimaabkommens übernähmen, sei nicht ausreichend, auch auf kommunaler Ebene gebe es „Maßnahmen, um die drohende Vernichtung unserer Lebensgrundlage abzuwenden.

Die Forderungen des offenen Klimabündnisses

Die Stadt Siegen...

... erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an.

… wird die Auswirkungen auf das Klima bei allen ihrer Entscheidungen berücksichtigen und alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen.

... nimmt die Rolle des Klimaschutzes als eine Ressort übergreifende Aufgabewahr. Sie wird entsprechende Strukturen schaffen (gegebenenfalls im Verbund mitumliegenden Städten und Gemeinden), und diese mit notwendigen Personal- und Sachmitteln ausstatten.

… wird regelmäßig umfassend über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen, sowie über die Maßnahmen, die gegen den Klimawandel ergriffen werden,informieren. Der Rat und die betroffenen Ausschüsse sind in jeder Sitzung, die Öffentlichkeit alle sechs Monate über Fortschritte und Schwierigkeiten zu benachrichtigen.

... fordert von der Bundesregierung die Einführung eines Klimaschutzgesetzes, dessen Maßnahmen an den Forderungen des Pariser Abkommensausgerichtet sind. Das Gesetz hat sicherzustellen, dass die bereits vereinbarten Reduktionsziele eingehalten werden und das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland schnellstmöglich erreicht wird. Die Städte und Gemeinden sind bei ihren Bemühungen zur Erreichung der Klimaneutralität mit Mitteln des Bundes finanziell zu unterstützen.

Die globale Erwärmung ist eine existenzbedrohende Krise. Die Verwaltung wird daher alle Einwohnerinnen und Einwohner über die Bedrohung durch die Klimakrise informieren.

Die Klimastreikbewegung Fridays for Future wird aufgefordert ein beratendes Mitglied in den Umweltausschuss zu entsenden.

Bereits in Siegen umgesetzte Maßnahmen:

Seit 1996 wurden insgesamt rund 70 Prozent des CO2-Ausstoßes der Stadtverwaltung Siegen eingespart.

Seit sechs Jahren bezieht die Stadt zu 100 Prozent Ökostrom.

Siegen ist eine von insgesamt rund 11.000 Kommunen in Deutschland, die ausschließlich Recycling-Papier verwendet.

Seit 2009 wurden rund 2000 neue Bäume im Innenstadtgebiet (also nicht in den Wäldern) gepflanzt.

In der sehr stark versiegelten Innenstadt werde „massiv“ daran gearbeitet, die Natur wieder in den Vordergrund zu holen – der Abriss der Siegplatte und Offenlegung der Sieg, die Umgestaltung des Herrengartens zum Bürgerpark als öffentliche Grünfläche, die Erweiterung des Schlossparks,die Sanierung des Bertramsplatzes und die geplante Sanierung des Oranienparks. Auch das städtische Förderprogramm Dach- und Fassadenbegrünung soll Bürger dabei unterstützen, das Mikroklima in der Stadt zu verbessern, weil die Pflanzen einen Beitrag dazu leisten, Hitzebelastung zu verringern, Staubbildung zu verbessern und Insekten Lebensraum zu bieten.

Insgesamt 23 Elektrofahrzeuge, davon fünf Wasserstoffautos, eine Wasserstofftankstelle und 22 Elektrolade-Stationen werden im Jahr 2019 neu angeschafft oder errichtet.

Das Insektenschutz-Programm („Siegener Blütenzauber“) wird intensiv umgesetzt, die Stadt hält seit Kurzem auch eigene Bienen am Oberen Schloss.

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