Hilchenbach. Ausgerechnet mit der Einstellung der Planung könnte der 22-Anlagen-Windpark Hilchenbach-Kirchhundem schneller realisiert werden.

Die Stadt Hilchenbach will die Planung für vier weitere Windkraft-Vorrangzonen einstellen. Damit schafft sie die Voraussetzung für die Genehmigung des neuen Windparks der Rothaarwind GmbH, die auf dem Rothaarkamm ingesamt 22 neue Anlagen, je elf auf Kirchhundemer und Hilchenbacher Gebiet, plant.

Die Ausgangslage

Seit 2008 drehen sich die fünf Windräder auf der Lümke, seit 2011 betreibt die Stadt das Verfahren für weitere Windkraft-Konzentrationszonen. Das gesamte Stadtgebiet wurde nach gleichen Kriterien untersucht. Vier Standorte blieben übrig: Wollberg/Buchenhain (30 Hektar), Klarstein (48 Hektar), Elberndorfer Winterseite/Alte Erndtebrücker Landstraße (79 Hektar) und die bereits bebaute Lümke (30 Hektar).

Neben den Artenschutzprüfungen haben vor allem Änderungen von Gesetzen und die Rechtsprechung Zeit gekostet. Jetzt, wo der neue Landesentwicklungsplan steht, ist es ein weiteres Mal so weit: Die Planung müsse teilweise komplett von vorne beginnen“, heißt es in der Vorlage für den Stadtentwicklungsausschuss am Mittwoch, 18. September.

Die Hindernisse

Weil das Land 1500 Meter Mindestabstand zur Wohnbebauung fordert, werden die Vorrangzonen kleiner. Die Lümke (1000 Meter bis Helberhausen und Oberndorf) fällt ganz raus, so dass ein „Repowering“, also der Tausch der alten gegen neue, höhere Anlagen, ausgeschlossen ist. Abstände sind auch zur militärischen Radaranlage in Erndtebrück einzuhalten. Und: Für den Abstand zählt die gesamte Fläche, die vom Rotor überstrichen wird. Im Ergebnis werden die Vorrangzonen sehr klein. Es sei fraglich, ob dann eine „wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Zonen überhaupt möglich ist“. Wenn nicht, würde sich die Stadt eine „Verhinderungsplanung“ vorwerfen lassen müssen. Denn Vorrangzonen sind dazu da, Windräder nur da und nirgendwo sonst im Stadtgebiet zuzulassen.

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Der andere Reizbegriff ist der „substanzielle Raum“ für die Windkraft, den die Vorrangzonen bieten müssen – die Gerichte halten zehn Prozent des Außenbereichs für angemessen. In Hilchenbach kämen 4,3 Prozent heraus. Die Stadt müsste also weitere Flächen dazu nehmen – möglicherweise ausgerechnet rund um Altenberg, Wigrow und Ginsburg, auf denen der Rat keine Windräder sehen will.

Die Lösung

Wenn eine Stadt keine Vorrangzonen ausweist, dürfen Investoren sich ihre Standorte selbst aussuchen. Diese „Drohung“, mit der die Stadtplaner in früheren Jahren die Politik zur Windkraft-Planung überredeten, ist nun keine mehr. Denn der Rat steht hinter der Planung von Rothaarwind – und die Verwaltung lässt durchblicken, dass der Kreis einen Bauantrag wird genehmigen müssen; schließlich sind alle erforderlichen Untersuchungen, vor allem zum Artenschutz, erfolgt.

Der „Rotorüber­strich“ spielt in der Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz keine Rolle mehr, „was die Standortwahl erheblich erleichtert“. Und auch die Schutzbereichsanordnung für Erndtebrück gibt es noch nicht: „Je länger sich das Planverfahren hinzieht, desto wahrscheinlicher wird die Anordnung des Schutzbereichs.“

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Für das Hilchenbach-Kirchhundemer Gebiet könne der Genehmigungsantrag „kurzfristig“ gestellt werden. Sorgen vor unerwünschten Entwicklungen an anderen Stellen im Stadtgebiet hat die Verwaltung nicht. Es gebe keine weiteren Anfragen. Und wenn, „hätten es die Grundstückseigentümer in der Hand, einer Verpachtung zuzustimmen und diese abzulehnen“.

Stadt kritisiert das Land

„Widersprüchliche Vorgaben“ wirft die Stadt der Landesregierung vor: Einerseits wolle sie den Ausbau der Windenergie, andererseits erschwere sie die Planung.

Der Ausbau der Windenergie gerate zum „politischen Tauziehen“. Die Verwaltung weiter: „Die Rechtsunsicherheit wächst mit jedem Urteil der verschiedenen Gerichtsebenen.“ Eine rechtssichere Planung sei „so nicht mehr möglich“.

Voraussetzung für diesen Weg ist, dass Hilchenbach wirklich keine Vorrangzone mehr hat. Hat sie auch nicht: Die Lümke bietet nicht genügend „substanziellen Raum“, aber auch wegen eines Fehlers in der Bekanntmachung von 2004 ist der Plan wohl unwirksam. Geprüft wird nun nur noch, ob er ausdrücklich aufgehoben werden muss.

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