Gosenbach. Künstlerin Sabine Helsper-Müller hat ihr Atelier unter dem Dach ihres Hauses in Siegen-Gosenbach. Für größere Bildformate hat sie eine Seilwinde.

„Im Moment brauche ich Linien“, sagt Sabine Helsper-Müller. Ihr neuestes Bild hängt im Wohnzimmer ihres Hauses. „Zum Trocknen“, denn es ist gerade erst fertig geworden. Inspiriert von einem Aufenthalt in Schweden, in einer einsamen Blockhütte mitten im Wald. Man erkennt Heidelbeeren, Kiefern, stachliges Gebüsch und ein Gebäude, das sich im Wasser spiegelt. Linien dominieren. Zu ihrem Atelier geht es ganz nach oben. Da heißt es den Kopf einzuziehen. Doch das Hochsteigen über schmale Treppen lohnt. Auf dem ehemaligen Speicher öffnet sich ein Atelier „wie gemalt“: Eine Oase der Kreativität mit beeindruckender Raumhöhe, Licht von oben, der Welt entrückt. „Ich bin hier vollkommen allein und habe die Ruhe zum Malen, die ich brauche“, sagt Sabine Helsper-Müller. Der kleine Nachteil allerdings: Durch den engen Aufgang muss sie große Bilder mithilfe einer Seilwinde von außen hochziehen oder herunterlassen.

Ihr vorheriges Atelier in Bonn teilte sich Sabine Helsper-Müller mit einem Künstler aus China. „Er war Nachtarbeiter, ich malte am Tag. Wenn er kam, tranken wir grünen Tee zusammen, wenn ich kam und er ging, ebenfalls.“ Sie lernte durch diese Begegnungen aber auch die fernöstliche Kunst kennen, die mehr von altmeisterlicher Technik geprägt ist als von gedanklicher und künstlerischer Freiheit. Genau das Gegenteil zu ihrem Kunstansatz. Der lautet: „Auf welchem Weg will ich was ausdrücken?“

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Inspiration

Ihr fünfjähriges Studium in Bonn schloss sie mit dem „Master of fine Arts“ ab. Wichtig und inspirierend für Sabine Helsper-Müller sind Reisen. „In meinen Bildern berichte ich von meinen Entdeckungen“, sagt sie. So entstand ihre Serie „Ab-sicht“, die noch bis zum 30. August in Hees Bürowelt zu sehen ist, durch Wanderungen in der Schweiz. In Kanada, wo eine Schwester ihres Vaters wohnt, malte sie die Landschaften des Ostens und die Rockies. Und durch eine Reise nach Namibia, wo drei Wüsten mit völlig unterschiedlichen Vegetationen aufeinandertreffen, veränderte sich ihre Beziehung zur Farbe Orange. „Vorher habe ich nie mit Orange gearbeitet, jetzt setze ich sie anders und öfter ein.“ Überhaupt sind ihre Bilder geprägt von satten, starken Farben, sowohl in Öl wie auch in Acryl. Gerne arbeitet sie mit Öl-Pastell-Stiften. „Die Pigmente sind weich wie Butter“, sagt sie, „ein sinnliches Material.“

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Leben

Sabine Helsper-Müller ist in Gosenbach aufgewachsen, hat nach der Realschule eine kaufmännische Lehre bei Krupp-Stahl in Geisweid absolviert und dann nach über 20-jähriger Berufstätigkeit in der Stahl- und Elektronikindustrie mit dem „alten Leben“ abgeschlossen und Kunst studiert. Dass sie da schon „so alt war wie die Mütter der Kommilitonen“, machte ihr nichts aus: „Für mich gingen Türen und Fenster auf. Ich habe gemerkt, wie sehr mir die Kunst gefehlt hatte und wie klein und grau meine Welt bis dahin war.“ Zumal sie als Siegerländerin auch stark vom Pietismus geprägt wurde, in dem die Kunst im Alltag keine große Rolle spielte und sogar Bilderverbot ein Thema war. Umso wichtiger ist es ihr, als Mitglied im Kunstverein mit Kollegen über Kunst diskutieren zu können. Und manchmal sind daraus Freundschaften entstanden.

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Ausstellungen

Neben Bildern die Vegetationen und Landschaften zeigen, malt Sabine Helsper-Müller Menschen. Manchmal auch Akte. „Eine sehr persönliche Malerei“, sagt sie und hat ein männliches Aktmodell, „der das gerne mag.“ Einmal hat sie bei der VHS einen Akt-Malkurs angeboten, der dann aber ausfiel: Es gab nur zwei Anmeldungen. Kein Wunder also, dass Ausstellungen mit Akt-Bildern nicht hier, sondern woanders stattfinden: „In der Anonymität einer rheinischen Großstadt.“

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Ihre erste Ausstellung hatte Sabine Helsper-Müller 2014 in Mannheim. Da war sie noch Studentin. „Ich habe mich auf die Ausschreibung beworben und bin genommen worden.“ Besonders gern erinnert sie sich an den Kunstsommer 2015, als sie Ölpastelle in der Nikolaikirche präsentieren konnte und mit vielen Besuchern ins Gespräch kam. Neben der aktuellen Ausstellung in Hees Bürowelt zeigt sie ihre Kunst dauerhaft im historischen Treppenhaus im Stift Keppel. Als neues Mitglied des Arbeitskreises Siegerländer Künstler präsentiert Sabine Helsper-Müller ihre Werke in der Herbstausstellung im Haus Seel ab dem 7. November.

Zur Person

Sabine Helsper-Müller bietet auch VHS-Kurse in Kreuztal und Olpe an. Im kommenden Semester ist sie Dozentin für Zeichnen an der Alanus Hochschule für Kunst in Bonn. Nicht selten wird sie darauf angesprochen, ob sie mit der 1992 verstorbenen Siegener Maler-Legende Walter Helsper verwandt ist. Es ist eine zufällige Namensgleichheit.

Kontakt: Lurzenbacher Str. 17 in Gosenbach, 0271/374596

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