Siegen. Der Künstler Frank Michael Zeidler zeigt im Haus Seel „Gemaltes und Gezeichnetes“ – und die nonverbale Kraft des Bildes.

Bei Zeichnungen gehe man für gewöhnlich davon aus, dass es sich um DIN A4-Formate handele, sagt Frank Michael Zeidler. „Ich wollte schauen, was passiert, wenn man Zeichnungen ganz groß macht.“ Heute weiß er es. Und zeigt es: Im Haus Seel in der Ausstellung „Gemaltes und Gezeichnetes“ misst das größte Werk 2,2 mal 5,1 Meter. Auf einem solchen Papierformat mit Bleistift zu arbeiten, „das ist auch körperlich anstrengend“, sagt Frank Michael Zeidler. „Kein Witz.“

Schwarz-Weiß

Das Körperliche ist Zeidlers Bildern oft anzusehen. Aus der Ferne sind Gesten und Bewegungen des Entstehungsprozesses nachzuvollziehen; aus der Nähe sind bei den Zeichnungen gerade in den Tiefen die festen Striche erkennbar, die die Bleistiftspitze hinterlassen hat. Lange Zeit, erzählt der gebürtige Leipziger, der in der Nähe von Ulm aufwuchs und heute in Potsdam lebt, habe er nur Schwarz-Weiß gearbeitet.

In den 1980ern habe das begonnen, kurz nach seinem Abschluss als Meisterschüler an der Akademie in Berlin, wo er Grafik und Malerei studierte. „Ich habe sehr emotional reagiert auf das, was in dieser Zeit passierte“, sagt der 1952 geborene Künstler. Anfangs sei alles sehr grafisch gewesen, aber „über die Jahre hinweg wurde es sehr malerisch.“

Zeidlers Bilder sind oft paarweise oder in Gruppen arrangiert. Oft sind aber auch einzelne Werke dual aufgebaut und stellen Gegensätze einander gegenüber.
Zeidlers Bilder sind oft paarweise oder in Gruppen arrangiert. Oft sind aber auch einzelne Werke dual aufgebaut und stellen Gegensätze einander gegenüber. © Florian Adam

Farbe

Die Farbe kehrte zurück, und zwar ganz natürlich. „Da werde ich Sie verblüffen“, kündigt er an. Und hält Wort: Er malte damals mit Ei-Tempera und mischte seine Farben selbst an. Die Eier hatten aber ihren eigenen Kopf und verhielten sich nicht so neutral, wie sie sollten. „Das Gelb schlug durch“, erklärt Zeidler. Er machte aus der Not eine Tugend. Gelb war ihm auch gar nicht unsympathisch. Es lasse sich schwieriger handhaben als andere Farben, und „mich reizen Schwierigkeiten“.

Gegensätze

Mit der Zeit kamen ein paar andere Farben hinzu, aber wohldosiert. Auch wenn seine Bilder farbig sind, so behält das Schwarz-Weiße doch seine grundlegende Rolle. Zeidler arbeitet in Schichten, in Übergängen, in Gegensätzen. Von filigranen Bleistiftstrichen landet er mal in fein gewischten Graphitnebeln, mal in brachialen Graphitorgien; von weißer Leere schwenkt er zur flächigen Farbigkeit. Gegensätze sind Kompositionsmittel, aber sie sind auch Ausdruck eines Reflexionsprozesses, sagt der Wahlpotsdamer.

Finissage mit Lesung

Die Vernissage im Haus Seel beginnt am Donnerstag, 25. Juli, um 19 Uhr. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Bei der Finissage am 18. August wird Frank Michael Zeidler ab 16 Uhr aus seiner Kurzgeschichte „Der Museumsbesuch“ lesen.

Das abendländische Denken – auch das seine – sei dual geprägt, in Gegensatzpaaren: schwarz/weiß, oben/unten, gut/böse. Zeidler macht das sichtbar. Die Titel seiner Werke verweisen oft auf Paare oder paarweise Anordnungen, und die konträren Pole sind klar auszumachen. Zeidler ist neben seiner künstlerischen Arbeit kulturpolitisch engagiert, betont aber, dass seine Bilder selbst keine politischen Aussagen haben. Und auch nicht haben sollen: „Es geht darum, Gewicht darauf zu legen, dass Bilder in ihrer nonverbalen Aussage Gewicht besitzen.“ Welche das ist? Der Betrachter kann mehr als eine finden – zeitlose. Zeitgeist ist nicht Zeidlers Sache. Er erforscht das Universelle.

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