Siegen. Fünf Jahre und drei Monate, Sicherungsverwahrung: Täter muss ins Gefängnis. Kaum entlassen, zwang der Mann ein Mädchen zu sexuellen Handlungen.
Fünf Jahre und drei Monate, dazu Sicherungsverwahrung lautet das Urteil gegen einen 44-jährigen Siegerländer, der nach Überzeugung der 2. Großen Strafkammer der vierfachen Vergewaltigung schuldig ist, in drei Fällen in Tateineinheit mit dem Verschaffen jugendpornografischer Abbildungen. Der Mann hatte zugegeben, mit einem 14-jährigen Mädchen in einem Chatroom Kontakt aufgenommen und sie dabei zu sexuellen Handlungen vor der Kamera bewegt zu haben.
Im September 2018 hatten sich Täter und Opfer kennengelernt, hatte der Mann das Mädchen in insgesamt drei verschiedenen virtuellen Rollen angeschrieben. Er schuf so ein komplexes Vertrauens- und Beziehungsverhältnis, zwang sie immer mehr in seinen Bann. Und dazu, ihm Fotos und Videos eindeutig sexuellen Inhalts zu schicken. Je länger der Vorgang dauerte, desto problematischer wurden die Bilder. Das Opfer musste sich immer wieder Gegenstände einführen, unter sichtlichen Schmerzen und Verletzungsgefahr.
Hat eine Therapie überhaupt Erfolg?
Der Siegerländer legte ein Geständnis ab und sagte, eine Therapie machen zu wollen. Was ihm die Kammer unter Vorsitz von Richterin Sabine Metz-Horst einerseits glaubte und positiv anrechnete. Ob eine Therapie aber überhaupt Erfolg haben könne, sei eine ganz andere Frage, so die Juristin.
Haftstrafe reicht nicht
Ähnliche Taten müssten aufgrund der Neigungen des Mannes, seiner psychischen Störung, seines enormen Sexualtriebs, auch künftig befürchtet werden, so die Richterin – daher die Sicherungsverwahrung.
Eine erfolgreiche Therapie könne nicht prognostiziert werden – die vorige Haft habe auch keinen Erfolg gehabt.
Das Hauptproblem bereits für Staatsanwältin Katharina Burchert: Der Mann ist einschlägig vorbestraft, saß bis August 2018 eine Strafe von fünf Jahren und neun Monaten bis zum letzten Tag ab. Die Umstände waren ähnlich, allerdings hatte es auch tatsächliche Vergewaltigungshandlungen gegeben. In den neuen Fällen war es „nur“ zu virtuellen Zwangshandlungen gekommen, die Anklägerin und Richterin allerdings juristisch als vollendete Vergewaltigungen werteten.
Angeklagter wird schnell rückfällig
Verteidiger Michael Aßhauer hatte dies in seinem Plädoyer infrage gestellt, war aber nicht durchgedrungen. Immerhin hatte die Kammer aufgrund des heftigen Sexualtriebs und der diagnostizierten Pädophilie des Mannes eine starke Einschränkung seiner Steuerungsfähigkeit angenommen. Die Staatsanwältin verwies auf eine enorme Rückfallgeschwindigkeit – der Angeklagte hatte den Kontakt zu seinem neuen Opfer schon knapp vier Wochen nach seiner Strafentlassung gesucht.
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Geradezu perfide sei er dann daran gegangen, das Mädchen zu bedrohen und an sich zu fesseln. Empathie habe sie auch im Nachhinein nicht erkennen können, betonte Staatsanwältin Burchert, die insgesamt neun Jahre beantragt hatte, nicht zuletzt auch wegen der enormen Nachwirkungen. Das Mädchen leide bis heute unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung.
Anwalt fordert eine milde Strafe
Der Verteidiger versuchte engagiert, eine gewisse Mitschuld des Mädchens zu etablieren, das sich im Chatverlauf durchaus mehrfach geweigert habe, Wünsche oder Forderungen seines Mandanten zu erfüllen, also nach wie vor freien Willen gehabt hätte. Sie habe selbst den Weg in die einschlägigen Foren gefunden und von weiteren sexuell aufgeladenen Kontakten zu anderen Personen geschrieben. Ihre Berichte über die Chats gegenüber der Polizei fand der Anwalt recht unbefangen. Sie sei zudem erst spät zum Arzt gegangen, wohl auch von der dominanten Mutter unter Druck gesetzt worden. Für ihn sei keinesfalls klar, dass die heutigen psychischen Probleme nur dem Angeklagten zuzurechnen seien. Aßhauer bat um „eine milde Strafe“.
Für die Kammer bestanden letztlich keine Zweifel, dass der Angeklagte allein verantwortlich ist. Er habe das Mädchen bewusst ausgesucht, ihre Schwächen erkannt und ausgenutzt. Sie sei aus Sicht des Gerichts sexuell völlig unerfahren und wohl auch naiv gewesen, die Geschichten des Angeklagten zu glauben, etwa eine Bedrohung durch die japanische Mafia. Anfangs habe sie sich in den angeblichen Jungen „Marius“ verliebt, diesem deshalb freizügige Fotos geschickt. „Damit begann das Verhängnis“, sagte Sabine Metz-Horst. Damit bekam der Angeklagte Bilder, um sie erpressen können, die Bilder der Mutter zu schicken, wenn das Mädchen nicht tat, was er wollte.