Siegen/Burbach. . Erneut haben Anwälte einen Befangenheitsantrag gegen die Richter im Burbach-Prozess gestellt. Der Vorwurf: Die Kammer privilegiere Angeklagte.
In zwei Wochen geht das Burbach-Hauptverfahren in die Sommerpause. Seit dem 8. November 2018 wird verhandelt, aus ursprünglich 32 Angeklagten in der Siegerlandhalle sind 22 geworden. Die kamen auch am Mittwoch wieder mehr oder weniger vergeblich nach Siegen.
Kammer weist Beschwerden der Verteidiger zurück
Statt einer Zeugenvernehmung wurde erneut ein Befangenheitsantrag gestellt. Die Kammer wies die Beschwerde mehrerer Verteidiger zurück, die sich über die schnelle und außerhalb der Hauptverhandlung erfolgte Abtrennung des Verfahrens gegen einen Angeklagten beklagt hatten. Das Gericht habe auch in einem anderen Fall so gehandelt, so die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach – aus ihrer Sicht liege keine Ungleichbehandlung vor.
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„Sie vergleichen Äpfel mit Birnen“, entgegnete Verteidiger Oliver Guski in seinem Befangenheitsantrag: Im genannten Beispiel sei es um eine Angeklagte gegangen, die erkrankt gewesen sei und deren längerer Ausfall das Verfahren gefährdet hätte. Hier gebe es nur eine Mitteilung über einen bevorstehenden Auslandsaufenthalt, aus der nicht mal hervorgehe, wer nicht in Deutschland ist – Angeklagter oder Anwalt.
Vorwurf: Unterschiedliche Maßstäbe
Wenn Oberstaatsanwalt Kuhli nun behaupte, vergangene Woche sei das klargestellt und zudem gesagt worden, es handele sich um eine berufliche Sache, stimme das nicht, so Guski: „Das haben Sie mir vorhin im Gespräch erklärt, nicht schon vorige Woche!“ Es habe seit November weitere Anträge auf Abtrennung gegen eine Aussage gegeben, die abgelehnt worden seien. Zwei warteten seit längerem auf Bescheidung. Dass nun in diesem Falle so schnell und ohne Gelegenheit vorheriger Befragung entschieden wurde, erzeuge den Eindruck, dass die Kammer bei den Angeklagten unterschiedliche Maßstäbe anlege, einige von ihnen privilegiere. Dass die Richter sich zudem geweigert hatten, zum Antrag der vergangenen Woche dienstliche Stellungnahmen abzugeben, lasse bei seinem Mandanten ebenfalls den Verdacht aufkommen, „dass die Kammer etwas zu verbergen hat“.
Praktisch alle Anwälte schlossen sich dem Antrag an, der bis zum nächsten Verhandlungstag, am 11. Juli, entschieden werden soll.
Ende des Prozesses in weiter Ferne
Mehr als ein halbes Jahr nach Start des Mammutprozesses um die Misshandlungen von Flüchtlingen in einer Notunterkunft in Burbach ist ein Ende noch in weiter Ferne. Das Landgericht Siegen hat inzwischen Verhandlungstermine bis Jahresende festgesetzt. Gerade in den ersten Monaten ist der Prozess schleppend verlaufen.
In der von einem privaten Unternehmen betriebenen Notaufnahmeeinrichtung des Landes waren laut Anklage über Monate hinweg immer wieder Flüchtlinge systematisch eingesperrt, auch geschlagen und gequält worden. Unter anderem waren die Flüchtlinge bei kleineren Hausordnungsverstößen in ein sogenanntes „Problemzimmer“ gesperrt worden, manchmal tagelang. Fotos und eine Videoaufzeichnung hatten die Schikanen im Herbst 2014 ans Licht gebracht und weltweit für Entsetzen gesorgt.