Siegen. Bei einer Kontrolle in der Siegener Innenstadt findet die Polizei Sprengkörper in der Handtasche einer jungen Frau. Der Fall landet vor Gericht.

Ein Bekannter habe sie gebeten, seine Jacke kurz in ihre Handtasche zu stecken. „Wir hatten uns in der Oberstadt getroffen. Er wollte noch kurz was erledigen“, erzählt die 19-Jährige im Siegener Amtsgericht. Dort ist sie gelandet, weil kurz darauf in der verwahrten Jacke zwei Böller gefunden wurden, deren Besitz strafbar ist.

Gefährliche Knallsatz-Mischung

Die junge Frau will davon nichts gewusst haben. „Das war ein ordentlicher Kracher, den Sie da in der Handtasche hatten“, stellt Richterin Sandra Al-Deb’i-Mießner fest, nachdem sie das Gutachten des Landeskriminalamtes vorgelesen hat. „Das ist mir auch klar“, nickt sie und versichert noch einmal, von der Existenz der Sprengkörper völlig überrascht worden zu sein. „Ich war damals schwanger, ich hätte das nie eingesteckt“, betont die Angeklagte, die inzwischen Mutter ist, ihr Kind aber nicht sehen darf.

„Ich bin nicht zum ersten Mal vor Gericht“, sagt sie leise. In ihrem Leben sei einiges schlecht gelaufen. Als die Polizeikontrolle in der Siegener Innenstadt erfolgte, „sind alle anderen abgehauen. Ich wurde durchsucht.“ Ihr damaliger Freund, „der Kindsvater, sitzt in Attendorn“, berichtet die Frau. Mit dem Bekannten, der ihr die Jacke zusteckte, gebe es schon seit Jahren Probleme. Vor wenigen Tagen erst habe er sie angerufen und bedroht. Bei der Polizei hat sie damals einen falschen Namen angegeben, „weil ich Angst vor ihm habe“. Jetzt nennt sie ihn aber und ist sich auch darüber im Klaren, dass sie in einem weiteren Prozess als Zeugin wird auftreten müssen. Sie wolle eine Therapie machen, um endlich ihre Tochter wieder sehen zu dürfen, sieht ihre aktuelle Lage als letztlich wohl nötigen Warnschuss, ihr Leben zu ändern.

In Polizeikontrolle geraten

Die Polizistin, die vor einem Jahr ihre Tasche durchsuchte und „selbstgemachte Polenböller“ fand, bestätigt die Aussage der Angeklagten, dass der Bekannte weggelaufen war. Die Beamtin aus Köln war im April 2018 mit einer Hundertschaft in Siegen im Einsatz. Auf das Trio am Theater seien sie durch starken Marihuana-Geruch aufmerksam geworden. Die junge Frau habe ihre Tasche freiwillig und ganz ohne Zögern durchsuchen lassen. Ob die Böller noch in eine Jacke geknüllt waren, erinnert die Zeugin nicht, will es aber auch nicht ausschließen.

Das alles bewegt die Vorsitzende und auch Staatsanwältin Katharina Burchert, der Angeklagten zu glauben. Sie einigen sich auf eine Einstellung. Die Böller können nicht eingezogen werden, sind inzwischen vernichtet. „Dann müssen wir nicht darüber entscheiden, falls Sie sie hätten wiederhaben wollen“, lächelt Richterin Sandra Al-Deb’i-Mießner. Die Angeklagte schüttelt den Kopf: „Bloß nicht“, und wird von der Juristin noch einmal ermahnt, sich genau an die Vorgaben aus früheren Verfahren zu halten.