Hilchenbach. . Mehrkosten sind schon seit einem Jahr bekannt. Politik, Bürgerverein und Botschafter reagieren auf das Drei-Millionen-Finanzloch.

Zehn statt sieben Millionen Euro: Die Nachricht von der Kostenüberschreitung für den Kulturellen Marktplatz hat am Mittwoch auch den Stadtentwicklungsausschuss beschäftigt. Das Fazit: An dem Projekt wird nicht gerüttelt. „Der Schock sitzt tief, aber wir resignieren nicht“, sagt Baudezernent Michael Kleber, „welche Alternativen haben wir schon?“

Das sagt die Verwaltung

Die Nachricht ist nicht neu, betont Baudezernent Michael Kleber im Gespräch mit dieser Zeitung. Bereits im März 2018 habe Architekt Reinhard Angelis auf diese Entwicklung hingewiesen: „Das ist praktisch nicht wahrgenommen worden.“ Etwa eine Million Mehrkosten seien auf die Kostensteigerung seit der ersten Schätzung zurückzuführen, „das hat leider auch mit dem Zeitfenster zu tun“ — soll heißen: Es ist viel Zeit verstrichen. Zwei Millionen Euro sind Mehraufwand für technische Anlagen, Nebenkosten und größeres Bauvolumen: Für die Klimatechnik muss das Dach angehobenwerden.

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„Wir arbeiten in alle Richtungen“, sagt Kleber. Die Stadt bemüht sich um die Aufstockung der Fördermittel des Landes, im günstigsten Fall wäre dann von der Stadt noch ein weiterer Eigenanteil von 1,4 Millionen Euro zu schultern. „Das wirft uns natürlich ein bisschen zurück.“

Das sagt die Politik

... zum Projekt: „Es wird bei den zehn Millionen nicht bleiben“, sagt André Jung (CDU) im Stadtentwicklungsausschuss, schließlich müssten die neu entstehenden Räume auch mit Leben gefüllt werden: „Allen Bürgern muss klar sein, was das für den Haushalt und andere Investitionen bedeutet.“ Sven Wengenroth (Linke) stellt klar, dass nach den alten Kostenschätzungen nun erstmals eine Berechnung vorliegt — nach der Ausschreibung der Aufträge könne dieser Betrag noch einmal um 20 Prozent steigen: „Gibt es dafür Szenarien?“ Dr. Peter Neuhaus (Grüne) fordert den Schulterschluss mit dem Bürgerverein: „Wir haben nicht das Recht, all diese Akteure im Stich zu lassen.“ Lukas Debus (SPD) rät zu „etwas mehr Gelassenheit“: Dass der Kulturelle Marktplatz teurer würde, „wussten wir alle“.

... über die Verwaltung: Bürgermeister Holger Menzel und Kämmerer Udo Hoffmann nehmen an der Sitzung nicht teil. André Jung (CDU) zollt dem Baudezernenten zumindest Respekt: „Auf die Verwaltungsführung wirft es kein gutes Licht, dass man Sie hier allein stehen lässt.“ Michael Kleber ist es allein überlassen, die Kritik der Politik entgegen zu nehmen. Seit Ostern sei das Finanzloch bekannt, erfährt der Ausschuss. „Dass der Bürgermeister nicht den Schneid hat, die Fraktionsvorsitzenden zu informieren, lässt tief blicken.“ Das sei „wieder mal doof“, pflichtet Sven Wengenroth (Linke) bei. „Den Bürgermeister brauche ich nicht. Der hat bislang nichts gesagt, der braucht jetzt auch nichts mehr zu sagen. Aber den Kämmerer hätte ich heute gern gesehen.“ Kritik an der späten Information hat auch Ulrich Bensberg (UWG): „Hätte man das nicht ein halbes Jahr vorher wissen können?“ Er sei „regelrecht sauer“, sagt Hendrik Bald (UWG): „Ich will jetzt wissen, wie lange das noch dauern soll.“

Das sagt der Botschafter

Andreas Weber, früherer Personalchef bei SMS in Dahlbruch, war neben dem früheren Landrat Paul Breuer und dem ehemaligen Hilchenbacher Sparkassenchef Dieter Viehöfer „Botschafter“ für den Kulturellen Marktplatz. Er hat unter anderem die Spenden von SMS-Eigentümer Heinrich Weiss vermittelt. „Im Grunde war das Projekt ja schon tot.“ Für den Einsatz gewonnen habe ihn Grünen-Fraktionschef Dr. Peter Neuhaus, mit dem er schon bei der vergeblichen Aktion zur Rettung des Kredenbacher Krankenhauses zusammengearbeitet habe.

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„Verschleppt“ habe die Verwaltung das Projekt. Die neue Entwicklung sei „Wasser auf den Mühlen für die, die sowieso dagegen waren“. Andreas Weber ist verärgert, dass die Verwaltung das Kostenproblem öffentlich macht, ohne eine Lösung anzubieten: „Dann darf man sich nicht wundern, dass die Leute abspringen“, sagt er mit Blick auf den eigens für den Kulturellen Marktplatz gegründeten Bürgerverein: „Man hätte vorher mit den Geldgebern sprechen sollen.“ Kritisch sieht Andreas Weber auch die vorangegangenen Diskussionen, zuletzt über einen Band-Probenraum: „Ich hatte gedacht, das wäre alles durchgeplant.“

Das sagt der Bürgerverein

„Alternativlos“ sei die Fortsetzung des Projekts, sagt Bürgervereinsvorsitzender Thomas Klein. Ansonsten sei zu befürchten, „dass die Angebote am Bernhard-Weiss-Platz mit Theater und Kino an der Spitze nicht dauerhaft erhalten werden können“. Die nun noch fehlenden Mittel stellten „Hilchenbach und seine Bürger keineswegs vor unlösbare Probleme“, heißt es in der Mitteilung des Bürgervereins weiter. Der Verein sei sich sicher, dass das Projekt nicht grundsätzlich gefährdet sei. „Ärgerlich“, so der Vereinsvorsitzende Thomas Klein, „ist aus unserer Sicht allerdings besonders, dass nun der lang ersehnte und fest eingeplante erste Spatenstich weiter auf sich warten lässt.“ Es sei wichtig, „dass die Stadtverwaltung diesen Rückschlag im Projekt möglichst zeitnah aufarbeitet und eine klare Perspektive für das Projekt Kultureller Marktplatz aufzeigt“.