Siegen. . Dank eines neuen Systems der Firma HJS aus Menden, stieß ein Test-Bus 91 Prozent weniger Stickoxide aus. Zehn Busse erhalten Zuschüsse.
Elf umweltfreundliche Linienbusse der Verkehrsbetriebe Westfalen Süd (VWS) sollen ab 2019 unterwegs sein. Die Fahrzeuge werden mit einem Nachrüstsatz der Mendener Firma HJS ausgestattet und stoßen dadurch 91 Prozent weniger Stickoxide (NOX) aus. Ein Testfahrzeug mit dem System ist seit etwa zwei Monaten unterwegs und funktioniert tadellos. Ärgerlich für die VWS: Sie profitieren nicht von der jüngst aufgestockten 80-Prozent-Förderung.
Die Förderung
Die Europäische Union hat grünes Licht gegeben für die Zuschüsse zur Nachrüstung von Diesel-Bussen. Die Bundesregierung verspricht sich davon einen wichtigen Beitrag, um die Luft in den Städten sauberer zu machen und weitere Fahrverbote zu verhindern.
Ursprünglich erstreckte sich diese 80-prozentige Förderung nur auf den Erwerb von Elektrobussen. Die sind zum einen für die VWS keine Option (siehe Infobox), zum anderen gibt es so gut wie keine Fahrzeuge auf dem Markt zu kaufen. „Mercedes hat ein Fahrzeug gebaut, MAN fünf oder sechs“, sagt Klaus Dieter Wern, Geschäftsführer der VWS. Nun kann also auch die Nachrüstung älterer Diesel-Busse bezuschusst werden.
Das kommt für die VWS allerdings zu spät: Im Frühjahr wurde die Förderrichtlinie veröffentlicht, die zwischen 40 und 60 Prozent Zuschuss ermöglicht, die VWS reichten den Antrag ein. Dieser Fördertopf, so Fuhrparkleiter Jörg Mühlhaus, wurde nicht allzu sehr in Anspruch genommen, auch, weil es kaum brauchbare Systeme auf dem Markt gab. Würden die VWS ihren Antrag nun zurückziehen, um die 80-Prozent-Förderung zu erhalten, liefen sie Gefahr, überhaupt nichts zu bekommen, weil zunächst die Städte Geld bekommen, wo die Not am größten ist – das ist nicht Siegen.
Die Nachrüstung
Das Unternehmen HJS (Menden) hat gemeinsam mit Daimler ein System entwickelt: Es heizt den Katalysator so auf, dass das Anti-Stickoxid-System anspringt, obwohl die Busmotoren beim Herumkurven in den Innenstädten nie wirklich auf die notwendige Betriebstemperatur kommen. Zum System gehören auch verbesserte Filter, etwa für Rußpartikel, und die Harnstoffeinspritzung/Adblue.
Für 20.000 Euro pro Fahrzeug werden aus Euro 5- Euro 6-Busse. Man werde Fahrzeuge umrüsten, deren Lebensdauer noch lang genug ist, dass sich die Investition auch lohnt, sagt der Technische Leiter. „Die fahren locker noch fünf Jahre.“ Derzeit prüft die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen noch die VWS-Auswertung der eingegangenen Angebote, Mühlhaus hofft, dass der positive Förderbescheid in wenigen Wochen vorliegt. „Dann werden wir sofort bei HJS bestellen.“ Lieferung und Einbau soll dann im ersten Quartal 2019 erfolgen.
Die Einsparung
Das bringt beim VWS-Testfahrzeug den Effekt von 91 Prozent weniger NOX. Laut HJS-Firmenchef Hermann Josef Schulte und CDU-Europaabgeordnetem Peter Liese sei in den Städten eine NOX-Minderung um insgesamt 9 Prozent möglich. Das würde die Stadt Siegen unter die 40-Mikrogramm-Grenze drücken. Der vorläufige Mittelwert in der Sandstraße für 2018 beträgt 41 Mikrogramm, vor der geänderten Verkehrsregelung in der Innenstadt lag der Wert bei 46 Mikrogramm (2016).
Die Kosten
Bei zehn Fahrzeugen und Zuschuss von 50 Prozent müssen die VWS die Investition von 100.000 Euro erwirtschaften. „Reparatur und Wartung werden immer kostenintensiver“, sagt Mühlhaus: Die Systeme, etwa zur Abgasrückführung, sind komplex, es müssen Injektoren getauscht und Filter gereinigt werden, die es in regulären Motoren nicht gibt. Auch der Spritverbrauch steigt um etwa zwei bis Prozent, zusätzlich muss Harnstoff/Adblue getankt werden. Die Nachrüstung sei auch eine Alternative zu Neuanschaffungen: Es gibt Lieferschwierigkeiten für Busse, die die aktuelle Euro 6-Norm erfüllen. „Viele Kommunen haben neue Dieselbusse bestellt, weil Elektro-Fahrzeuge nicht zu bekommen sind.“ Die Hersteller seien völlig ausgelastet.
Die Umwelt
Nach Angaben der Europäischen Union bringt die Nachrüstung eines Busses so viel wie die von 150 Autos. Durch die Siegener Sandstraße, wo die Stickoxide gemessen werden, fahren täglich etwa 500 Linienbusse – und seit Änderung der Verkehrsregelung 12.000 Autos (vorher 16.000). „Wir sehen uns nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung“, betont Mühlhaus in diesem Zusammenhang. Ohnehin ist die Umweltbilanz eines ÖPNV-Busses pro Kopf gerechnet deutlich besser als die eines Autos.
Eine Untersuchung der Uni Heidelberg ergab, dass Euro-4-Busse pro Kilowattstunde durchschnittlich 3500 Milligramm NOX emittieren. Der Euro-6-Wert ist 400 Milligramm. Die zehn umgerüsteten VWS-Busse sind aber Euro 5-Diesel, sie dürften die 400er Grenze noch deutlich unterschreiten. „Wir möchten gerne einen möglichst sauberen Öffentlichen Nahverkehr anbieten“, sagt Jörg Mühlhaus. Als privatwirtschaftliches Unternehmen müsse man aber eben auch immer die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten.
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