Kreis Olpe/Altenhundem. . Hat mein Diesel noch eine Zukunft? Viele Autofahrer stellen sich aufgrund zunehmender Fahrverbote diese Frage. Steffen Baumhoff hat Antworten:
Diesel-Fahrer sind momentan nicht zu beneiden, wenn es um die Informationslage rund um ihren fahrbaren Untersatz geht: Älteren Modellen mit Euro 3, 4 und 5 drohen Fahrverbote, in einigen Großstädten sind sie bereits Fakt. Dass der Diesel jedoch grundsätzlich keine Zukunft mehr hat, glaubt Steffen Baumhoff nicht: „Es ist viel in Bewegung, und ich habe den Eindruck, dass in der Politik wenigstens langsam ein Umdenken hinsichtlich der Sinnhaftigkeit von Fahrverboten einsetzt“. sagt der 46-jährige Kfz-Betriebswirt (BFC) und Geschäftsführer, der sozusagen Benzin und Diesel im Blut hat: Das Autohaus Baumhoff in Lennestadt (VW-Vertragshändler) führt er in der 3. Generation. Schon Vater Karl-Josef und Großvater Egon kannten und kennen viele Autofahrer in der Region.
Sauberste Lösung
Steffen Baumhoff, der seinen Meister-Kollegen Andreas Schulte zum Info-Gespräch mitgebracht hat, vertritt einen klaren Standpunkt: „Ich halte den Diesel für zukunftsfähig, wir werden auch in zehn Jahren noch Diesel verkaufen.“ Und gleichlautend machen beide kein Geheimnis aus ihrer Meinung über den als Dreckschleuder verunglimpften Selbstzünder: „Unterm Strich sind moderne Dieselfahrzeuge derzeit die sauberste Lösung.“
Schulte legt nach: „Weil sie wenig Feinstaub und wenig CO 2 ausstoßen, weniger als ein Benzinmotor.“ Und zumindest bei der CO 2-Bilanz, so Schulte, müsse bei den momentan angebotenen Elektro-Autos die Herstellung der Batterien mit eingerechnet werden. Steffen Baumhoff hält den Diesel auch mittelfristig für lebensfähig.
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Was jedoch beide derzeit im Tagesgeschäft umtreibt, sind die allgegenwärtigen Informations-Defizite in der breiten Öffentlichkeit: „Das fängt bei der Umweltplakette an. Viele unserer Kunden glauben, die grüne 4 rechts unten hinter der Windschutzscheibe habe etwas mit der Euro-Norm zu tun. Hat es natürlich nicht. Auch Fahrzeuge mit der Euro-6-Einstufung, die nicht von Fahrverboten betroffen sind, haben diese Vier dort.“
Was raten die Experten? „Fahrer der Autos mit Euro 4 sollten die aktuellen Aktionen für sich prüfen und Fahrer mit Fahrzeugen der Euro 5-Norm sollten wegen der dauerhaften Fahrverbots-Diskussion nicht panisch reagieren: Wer nicht konkret von Fahrverboten betroffen ist, dem raten wir, die nächsten Monate abzuwarten.“
Auf die Frage, ob mit einer flächendeckenden Nachrüstung mit sogenannten SCR-Katalysatoren, gekoppelt mit AdBlue-Tanks (Harnstoff-Lösung), zu rechnen sei, zucken sie mit den Schultern. Diese Technik, die den in Rede stehenden Stickoxid-Ausstoß (NOX) deutlich vermindern könne, sei nur mit entsprechendem Aufwand zu installieren: „Da sprechen wir vermutlich von rund 3000 Euro Kosten.
Der AdBlue-Tank muss dann in die Radmulde.“ Beide Fachleute halten es zumindest für fraglich, ob Katalysator-Firmen für alle Modelle große Produkt-Linien auflegen würden, ohne zu wissen, wie viele überhaupt eingebaut würden. „Zudem ist die Haftungsfrage zu klären. Was ist mit der Garantie?“, fragt Schulte.
Klar ist: Die meisten so nachgerüsteten Modelle dürften dann die Euro-6-Norm zwar schaffen, die derzeit vor Fahrverboten schützt. Was aber, wenn nur noch die höhere Einstufung Euro 6d-Temp freie Fahrt bedeute?
Nachrüstung problematisch
Andreas Schulte räumt mit der Illusion auf, nachgerüstete Modelle würden auch diese Hürde nehmen: Das entscheidende Problem dabei sei, dass nur Fahrzeuge diese Norm erfüllten, die die weltweit gültige WLTP-Prüfung (siehe unten) hinter sich hätten. Die werde aber nur bei der Zulassung durchgeführt. Dass das auch nachträglich gehe, bezweifeln Baumhoff und Schulte unisono: „Wer soll das machen. Die Hersteller, der TÜV? Wohl kaum.“
Wer also weiterhin auf den Diesel setze und neue und neuste Normen erfüllen wolle, müsse auch neue oder zumindest junge Fahrzeuge kaufen.
Unsicherheit ist groß
Steffen Baumhoff: „Ab dem 1. Januar 2015 zugelassene Diesel erfüllen in der Regel die Euro-6-Norm, aber erst ab dem 1. September diesen Jahres nehmen nahezu alle neu zugelassenen Autos die höchste Euro 6d-Temp-Norm. Diese Fahrzeuge haben dann die Schadstoff-Prüfung im reellen Fahrbetrieb hinter sich. Im Unterschied zu früher.“
Bei einer solchen Informations-Vielfalt rund um das Thema, räumt Schulte ein, „ist es kein Wunder, dass die Verwirrung und Unsicherheit bei vielen Kunden riesengroß ist.“
Um das Problem an einem konkreten Beispiel aufzuzeigen, habe ich VW Sharan, 2 L TDI, Baujahr 2014, mitgebracht. Mit AdBlue-Tank und SCR-Katalysator. Doch allzu große Euphorie löst das Urteil der Techniker bei mir nicht aus: „Der erfüllt nur die Euro 5-Norm“, stellt Steffen Baumhoff anhand der Fahrgestellnummer fest.
Aber warum nur Euro 5 trotz AdBlue und SCR-Katalysator? Der Experte erklärt: „Das war bei diesem sehr schweren Fahrzeug nötig, um überhaupt die Euro 5-Norm zu schaffen“, nimmt mir Schulte Illusionen. Weder eine zusätzliche Nachrüstung noch ein weiteres Software-Update hieve den Familien-Van schadstofftechnisch in höhere Regionen.
Ein Fünkchen Hoffnung lässt mir Andreas Schulte zum Schluss aber doch: „Wer weiß, vielleicht ändert sich auch daran noch etwas, momentan ist vieles im Fluss.“