Siegen/Arnsberg. . Verwaltungsgericht kassiert Ratsbeschluss. „Offensichtlich rechtswidrig und nichtig“.

  • Verwaltungsgericht kassiert Siegener Ratsbeschluss zum verkaufsoffenen Sonntag wegen eines Formfehlers
  • Gewerkschaft Ver.di: „Eine Klatsche für die Verwaltung“ — Bürgermeister: „Für die Besucher tut es mir sehr leid“
  • Gericht ist von Besucherprognosen nicht überzeugt. Stadt geht nicht mehr gegen Anordnung des Gerichts vor

Die Läden in Siegen bleiben am Sonntag beim Stadtfest zu. Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat am Mittwoch auf Antrag der Gewerkschaft Ver.di eine einstweilige Anordnung gegen den verkaufsoffenen Sonntag erlassen. Die Stadt wird das Urteil akzeptieren.

Das Verwaltungsgericht begründet seine Entscheidung zweifach:
Formal sei die „Ordnungsbehördliche Verordnung“ der Stadt „offensichtlich rechtswidrig und nichtig“, weil sie nicht vom Rat der Stadt erlassen wurde. Tatsächlich hatte der Rat erst am vorigen Mittwoch den Bürgermeister lediglich „ermächtigt“, seinerseits eine Verordnung zu erlassen. Diese Übertragung der Zuständigkeit sei unzulässig.

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Inhaltlich sei der Stadt der Nachweis nicht gelungen, dass die Menschen hauptsächlich wegen des Fests und nicht wegen der offenen Geschäfte in die Stadt kämen. Dabei hatte 1. Beigeordneter Wolfgang Cavelius gerade in diesem Punkt nachgelegt: 40 000 Besuchern beim Stadtfest (wie im Vorjahr) seien 33 413 Kunden gegenüberzustellen — Basis waren das Aufkommen an einem normalen Samstagnachmittag und eine Befragung von Passanten, ob sie zum Einkaufen in der Stadt seien. Belegt wurde dies durch Presseberichte: Da sei das Fest, aber nicht der verkaufoffene Sonntag Thema gewesen. Diese Prognose, so das Gericht, sei „weder überzeugend noch nachvollziehbar“.

Reaktionen

Ver.di-Geschäftsführer Jürgen Weiskirch registrierte mit dem ausschlaggebenden Formfehler die „Klatsche für die Verwaltung“: „Das haben der Bürgermeister und seine Truppe zu verantworten.“ Dass das Gericht sich dennoch zur Sache äußere, schaffe Rechtssicherheit. Dass es zu dem Rechtsstreit gekommen sei, sei der Stadt anzulasten: Gelegenheiten, „sich an einen Tisch zu setzen, waren seit März nicht gewollt.“ Weiskirch deutete „Spielräume“ für die Zukunft an. denkbar wäre zum Beispiel gewesen, nur die City-Galerie geschlossen zu halten oder den Sonntagsverkauf auf die Unterstadt zu beschränken. „Ich sehe natürlich auch, dass ein Oberzentrum ein Aushängeschild braucht.“

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Er sei „sehr enttäuscht“, kommentierte Bürgermeister Steffen Mues das Urteil. Auf sämtliche Besonderheiten des Stadtfestes, insbesondere das Verhältnis des Besucherzustroms zur Einwohnerzahl, gehe das Gericht nicht ein. „Die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht unsere Verordnung schon für formell rechtswidrig hält, ist eher zweitrangig, weil man diesen formellen Fehler noch rechtzeitig hätte heilen können.“

Die Stadt habe sämtliche Informationen für die Prognose ausgewertet. Das Verwaltungsgericht bestehe aber auf empirischen Erhebungen, die die Stadt nun für künftige Anträge veranlassen werde — „sollte sich für die Zukunft nichts ändern“ , sagte Mues, der damit wohl auf die Absicht der künftigen Landesregierung anspielte, verkaufsoffene Sonntage einfacher zu ermöglichen. „Für die Besucher des Stadtfestes, die sich auf einen entspannten Einkaufsbummel mit der Familie gefreut haben, tut es mir sehr leid.“

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