Freudenberg. . Südwestfälische Freilichtbühne präsentiert in ihrer 63. Spielzeit den Romanklassiker „Die drei Musketiere“ – und hinterlässt Eindruck.
- Die Inszenierung des Freudenberger Freilichtbühnen-Teams transportiert die Romanvorlage in die Jetzt-Zeit
- Das Stück bietet nicht nur rassige Kämpfe, sondern auch opulente Tanzszenen zu wunderbarer Musik
- Das Highlight: detailverliebte, intelligent konstruierte Kulissen, die in Windeseile veränderbar sind
„Alle Jahre wieder“. Bei diesen drei Worten denkt Harald Bruch, Vorsitzender der Freilichtbühne Freudenberg, nicht etwa an Weihnachtliches. Er meint am Premierenabend von „Die drei Musketiere“ all die Vorbereitungen, Proben, den Verzicht auf viele Freizeit und vor allem die Antwort auf die Frage: „Wie kommen die ausgewählten Stücke an?“ Denn hinter jedem Theaterstück im Freien steckt eine Hundertschaft an Bühnenbauern, Technikern, Schneidern, Maskenbildnern und Schauspielern, die das alles in ihrer Freizeit ehrenamtlich stemmen und sich darauf freuen, wenn es endlich losgeht.
Der riesige Felsen auf der Bühne dreht sich und es geht direkt in die Vollen: In eine Schankwirtschaft mit einer trinkfesten, lauten Gesellschaft. Die Beliebtheit dieser Schenke beruht nicht zuletzt auf Constanze (Kim Ermert), der charmanten Wirtstochter, verehrt von allen Männern, diese jedoch geschickt auf Abstand haltend. Doch in Wirklichkeit ist der Roman von Alexandre Dumas die Geschichte des jungen D`Artagnan (Kevin Ermert), der nach Paris kommt, um Musketier des Königs zu werden. Doch sein Start missglückt völlig, gerät er doch nacheinander in vier Duelle, die ihm einige Blessuren, aber auch die Freundschaft von drei Musketieren einbringen.
1625 in Frankreich
Was folgt, sind Intrigen, heimliche Liebschaften, Bruderkriege, eine verschwundene Halskette, Eifersucht und große Politik. Denn das Ganze spielt 1625 in Frankreich, das unter dem Krieg gegen die Hugenotten leidet, von einem schwachen König Ludwig (Michael Fischbach) regiert wird, der seine unglückliche Frau Anna von Österreich (Katharina Ebener) in einem goldenen Käfig hält und von der nur eins erwartet wird: Nämlich für den Fortbestand des Königshauses zu sorgen. Wen wundert es, dass sie ein gar nicht so heimliches Verhältnis zum Engländer Buckingham (Tim Schmelzer) hat.
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Erschwerend kommt hinzu, dass König Ludwig eher die Karikatur eines Herrschers ist und Frankreich in Wirklichkeit von einem Gottesmann, dem intriganten Strippenzieher Kardinal Richelieu (Rainer Zang) regiert wird. All die Verflechtungen geraten im Laufe des mehr als zweistündigen Theaterabends dann doch noch zu einem dramatisch-glücklichen Ende.
Stück ins Jetzt transportiert
Die Inszenierung des Freudenberger Freilichtbühnen-Teams spielt jedoch die etwas verstaubte Romanvorlage Alexandre Dumas nicht einfach nach, sondern transportiert sie in die Jetzt-Zeit. So bauen zwei Bettlerinnen, die im Roman nicht vorkommen, eine Brücke vom Bühnengeschehen zum Publikum. Durch originelle Kommentare, deren Opfer immer wieder die Männer als solche sind: „Vernünftige Männer soll man an jeder Ecke finden? Und was macht Gott: Die Erde rund.“ Und natürlich wird auch die Frisur des aktuellen amerikanischen Präsidenten-Darstellers Gegenstand ihres Gespötts.
Überhaupt erfährt der Roman auf der Freilichtbühne des Fachwerk-Schmuckstücks jede Menge Leichtigkeit und Schönheit: Durch opulente Tanzszenen zu wunderbarer Musik, detailverliebte, intelligent konstruierte Kulissen, die in Windeseile veränderbar sind. So werden durch das Öffnen von Falttüren auch die Zimmer hinter einer Palastfassade sichtbar, ähnlich dem Öffnen von Türchen bei einem Advents-Kalender.
„Einer für Alle“
Doch vor allem leben „Die drei Musketiere“ von der unbändigen, prallen Spiellust eines sehr großen Ensembles, bei der auch jede Nebenrolle perfekt besetzt ist. Immer nach dem Motto: Ich bin zwar einer von Vielen, habe aber eine Hauptrolle. Dazu passt auch das Musketier-Lied „Einer für Alle“, komponiert vom Freudenberger Musiker Ulrich van der Schoor und getextet von der Regisseurin des Abends, Britt Löwenstrom: „Einer für alle und alle für einen, mutig stehn wir der Gefahr.“ Und ganz sicher ist: So werden auch die noch folgenden 22 Vorstellungen das Publikum begeistern.
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