Siegen. . Weil er eine Taxifahrerin belästigt hat, ist ein 49-Jähriger am Amtsgericht Siegen zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden.
- Der 49-Jährige soll eine Taxifahrerin während der Fahrt belästigt und sich ausgezogen haben
- Die Frau hatte nach eigener Aussage Todesangst und bat den Mann, damit aufzuhören
- Weil dieser dann auch nicht weiter machte, entfiel der Vorwurf der sexuellen Nötigung
Der Angeklagte wirkt verwundert, grummelt etwas von „hab doch nichts gemacht“ und „überhaupt nichts verstehen“. Was den Richter wiederum überlegen lässt, ob L. nicht eigentlich doch eine deutlich höhere Strafe verdient hätte.
Aber letztlich ist das Schöffengericht dem Antrag von Staatsanwalt Moritz Fassbender gefolgt: Neun Monate auf Bewährung wegen einfacher Nötigung. Der ursprünglich angeklagte Versuch der sexuellen Nötigung fällt wegen freiwilligen Rücktritts weg.
Im September 2015 ist L. (49) mit seinem Neffen stark angetrunken in ein Taxi gestiegen. Die Männer lassen die Droschke zwischendurch halten, erleichtern gemeinsam ihre Blasen, der Neffe macht sich zu Fuß davon. L. steigt wieder ein und beginnt damit, die Fahrerin zu belästigen. Er greift nach ihrem Arm, zieht diesen heftig in Richtung seines Schritts, hat nach Aussage des Opfers zu diesem Zeitpunkt auch das Oberteil ausgezogen. Die damals 55-jährige Frau hat Todesangst, fleht den Mann an, sie doch bitte frei- und zu ihren Kindern zurückzulassen.
L. lässt sie los, entschuldigt sich. Das führt in der Bewertung zum straflosen Rücktritt. Aber das heftige Zerren am Arm sehen Staatsanwalt und Gericht als klare Nötigung. Das gesamte Verhalten liege sogar an der Grenze zur schweren Nötigung, erklärt Richter Uwe Stark seine Überzeugung und die seiner Schöffen, während Verteidiger Daniel Nierenz das Ganze deutlich harmloser einordnet und Freispruch gefordert hat.
Opfer wird von Psychiatern betreut
Zu Beginn der Verhandlung geht es erst einmal darum, ob dem mutmaßlichen Opfer zuzumuten ist, in Anwesenheit des Angeklagten auszusagen. Die Nebenklage hat dessen Ausschluss gefordert. Der Vorsitzende hört sich zwei Ärzte der Zeugin an. Die ist seit der Tat sehr stark beeinträchtigt, wird von mehreren Psychiatern betreut.
Beide haben die Erfahrung gemacht, dass die Frau kaum über die Tat sprechen kann, unter erheblichen posttraumatischen Folgen leidet. Sie habe ihre Arbeit als Taxifahrerin aufgeben müssen, berichtet eine Ärztin. Ein Gesprächstermin habe bis in die Dämmerung gedauert, „sie konnte kaum ohne Probleme über die Straße zu ihrem Auto gelangen“.
Dennoch läuft die Vernehmung - unter Ausschluss des Angeklagten und der Öffentlichkeit - dann weitgehend problemlos. Wichtig vor allem, Ankläger und Gericht glauben der Zeugin. L. hingegen mache einen wenig reuigen Eindruck, „aber vielleicht liegt das an Ihrem Intellekt“, überlegt der Richter. Neun Monate auf Bewährung , dazu kommen 100 Sozialstunden. Die Berufsgenossenschaft des Opfers fordert 17 000 Euro Behandlungskosten zurück.
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