Kunst im Brauhaus: Studenten der Uni Siegen zeigen Werke
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Weidenau. . Von „Leck mich!“ bis zum Farbenrausch: Beim „Rundgang 2017“ präsentieren Kunststudenten im Brauhaus die Vielseitigkeit ihrer Arbeit.
Kunstudenten zeigen im Brauhaus beim „Rundgang 2017“ Arbeiten aus allen Genres
Vernissage am Dientagabend
Vom kleinen Druck bis zur riesigen Skulptur
Manchen Menschen steht einfach „Leck mich!“ auf die Stirn geschrieben. Beim Rundgang 2017, der Jahresausstellung der Kunststudentinnen und -studenten der Uni Siegen, hat Isabel Burtschel ein solches Gesicht großformatig auf die Leinwand gebracht – ein comic-haftes Antlitz, Geschlecht unklar, das den Betrachter freundlich anlächelt. Und auf der Stirn prangt fett und simpel: „Leck mich!"
Beiträge sind auf vier Etagen zu sehen
Witziges taucht in der bildenden Kunst immer mal wieder auf, insgesamt tut sie sich mit Humor aber oft eher schwer. Dass ein solches Werk beim Rundgang im Brauhaus zu sehen ist – bei aller Tiefgründigkeit, die darin erkennbar sein mag –, ist symptomatisch für die Bandbreite, die die Beteiligten mit ihren Arbeiten abdecken. Auf vier Etagen sind die Beiträge bis Sonntag, 12. Februar zu sehen, wobei jeder Ebene ein anderes künstlerisches Medium zugeordnet ist. Sofern das überhaupt geht: Denn die Grenzen zwischen Fotografie, Malerei, Skulptur und Druck sind oft nicht trennscharf – weil Kunst sich um Grenzen nicht scheren muss.
Studenten-Kunstwerke im Brauhaus Weidenau
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Ebene 0: Fotografie
Carmen Müller greift die klassische Litfaßsäule auf und beklebt eine mehr als zwei Meter große Röhre mit Schwarzweiß-Aufnahmen von Häusern aus Siegen und Umgebung. Der – tatsächliche – Rundgang ums Werk offenbart in den eigentlich sehr nüchternen Aufnahmen eine Fülle von Details. Straßenschilder, Kaugummiautomaten, Zäune, eine Herde von Elefantenfiguren. Das Verspielte, Verträumte oder Schräge im sachlichen Alltag der Wohngebiete.
Jennifer Cierlitza verschränkt Fotografie, Malerei, Skulptur ineinander. Sie fotografiert mit bröckelnder Farbe gestrichene Folien (wie sie zwei Stockwerke höher in einer großen Installation von ihr zu sehen sind), übermalt die Abzüge und scannt sie erneut ein. Die Intensität der Farbe lässt die Pinselstriche so plastisch hervortreten, dass ihre Struktur ertastbar aussieht, ohne es zu sein: Die Oberfläche ist völlig glatt.
Ebene 1: Malerei
Über einem Durchschnittstypen mit Kaffeetasse fliegt ein grimmiges Holzgesicht, über einem zweiten Herrn im Hintergrund ebenso. Die Menschen scheinen im Gemälde von Mario Stracke gar nichts von den Wesen über sich zu wissen, sie nicht wahrzunehmen. Sind die grotesken Begleiter dämonische Pendants zu Schutzengeln? Sind es Beobachter aus einer anderen Dimension? Die Antwort darauf, was da bedrohlich in den menschlichen Alltag eindringt, gibt das Bild nicht.
Ebene 2: Skulptur
„Philharmonie“ hat Tobias Wurm die 4,60 Meter lange Plastik aus Beton, Stahl und Putzmörtel genannt, die wie das Gerippe eines Schiffrumpfs im Raum steht. Die Konstruktion wirkt massiv und ausladend, gleichzeitig aber luftig und feingliedrig. Die beiden langen Balken, die die oberen Außenkanten bilden, sind nach unten durchgebogen. Wurm konstruiert einen Raum im Raum, der Fakten schafft, das Konzept aber gleichzeitig auflöst und seine scheinbare Geradlinigkeit in sich verzerrt.
Ausstellung bis 12. Februar
Die Vernissage der Ausstellung „Rundgang 2017“ im Brauhaus, Zum Wildgehege 25, beginnt am Dienstag, 7. Februar um 19 Uhr. Zu sehen sind die Arbeiten bis Sonntag, 12. Februar, jeweils von 14 bis 18 Uhr.
Bei René Quadfliegs „grid appearing“ sind zwei Metalrahmen im Winkel vor einen Rahmen mit einer Ansammlung von unzähligen parallelen Linien gesetzt. Es wirkt in seiner akkuraten Umsetzung wie das Werk einer Maschine, ist tatsächlich aber Handarbeit. Quadflieg zieht jede Linie mit einem Fineliner und einem Lineal; doch da der Stift sich im Verlauf leert, ergeben sich unendlich viele Schattierungen. Der Versuch zur manuellen Kopie der vermeintlich perfekten Arbeit einer Maschine scheitert – entfaltet aber so sein faszinierendes ästhetisches Potenzial.
Ebene 3: Druckgrafik
Fotos aus dem öffentlichen Raum sind das Ausgangsmaterial von Sarah Wiebe. Im Druckverfahren ergänzt sie die postkartengroßen Motive durch zusätzliche Linie, die den realen Raum mit einer künstlichen Raumebene überlagern. Die Menschen, die zu sehen sind, zeigt sie von hinten. In den stark rauschenden Drucken wirken sie isoliert, anonymisiert, beiläufig – und sind doch die Hauptfiguren einer wie im Verblassen begriffenen Umwelt.
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