Siegen/Weidenau. . Ist das Thema jetzt ein Tabu? Können wir das angesichts des Berliner Anschlags veröffentlichen? Wir haben uns entschieden: Ja. Aus gutem Grund.

Vergangene Woche waren wir für euch auf den beiden Weihnachtsmärkten in Siegen und Weidenau unterwegs, um zu testen, wo man zum Ende der Adventszeit noch einmal am günstigsten für den studentischen Geldbeutel Kakao oder Glühwein schlürfen kann. Dann raste am Montagabend, 19. Dezember 2016, ein Lastwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin, zwölf Menschen starben. Wir haben lange überlegt: Können wir das Thema trotzdem bringen?

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Letztlich haben wir uns entschieden: Ja. Wir wollen die Ereignisse weder verdrängen noch herunterspielen. In diesen Tagen sind unsere Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Aber wir möchten uns keine Angst einjagen lassen. Wir möchten weiter auf Straßenfeste und Großveranstaltungen gehen. Und auch auf Weihnachtsmärkte.

Der erste Test: Einheitsbrei in Weidenau

In und um das Siegerland Center in Weidenau reihen sich circa 30 Stände. Die typisch rustikalen Holzbuden wirken unter dem Glasdach der Einkaufspassage allerdings etwas fehl am Platz, eingepfercht zwischen Reisebüro, Schnäppchenmarkt und Schuhgeschäft. Klar, die angestammten Läden können sich nicht einfach in Luft auflösen. Ein bisschen mehr Dekoration täte den ungeschmückten Auslagen aber sicher gut. Ein Mistelzweig über der Eingangspforte vielleicht oder eine Christrose im Gewehrlauf, das wäre doch eine passende Botschaft zum Fest der Liebe.

  • Atmosphäre: 2 von 5 Sternen. Besinnliche Stimmung kommt nicht wirklich rüber. Was auch daran liegt, dass dem Besucher hier wenig Abwechslung geboten wird. Die Büdchen dienen hauptsächlich dem Verkauf von Speis und Trank, zur Belustigung der Kinder drehen Karussell und Eisenbahn lärmend ihre Runden. Statt Weihnachtsmusik hören wir Apres-Ski-Schlager, Pop und Rummelgeschrei („Alles einsteigen hier, es geht wieder rund!“). Für die Kleinen sicher ein Spaß, aber was hier geboten wird, unterscheidet sich eigentlich kaum von einer Kirmes. Immerhin ist in Sachen Verpflegung das Angebot groß, verhungern oder verdursten muss hier mit Sicherheit niemand. In regelmäßigen Abständen wird allerlei Herzhaftes feilgeboten, sogar Fleischverzichter werden vereinzelt fündig, etwa bei einer stattlichen Backkartoffel.
  • Verpflegung: 3 von 5 Sternen. Süße Leckereien gibt es ohnehin in allen Formen und Farben. Auch der Preis geht voll in Ordnung. 3,50 Euro für ein Steak oder die Ofen-Duffel mit Kräuterquark. Der Glühwein für 2,50 kommt zwar preislich nicht an das günstigere Pendant aus dem Uni-Bistro ran, ist aber vertretbar und guter Weihnachtsmarkt-Durchschnitt. Einen Bonuspunkt verteilen wir außerdem für die alkoholfreie Variante, den Apfel-Zimt-Punsch.
  • Sonstiges: Vor dem Einkaufszentrum ist eine Zeltstadt aus weißen Pavillons errichtet, das viel umworbene Pagodeon entlang dem Siegufer. Neben den drei Brunnenfiguren werden belgische Biere und allerlei Spirituosen ausgeschenkt. Ansonsten finden wir neben dem üblichen Essenskram Schals und Mützen von der Stange, Dutzendware auf Wühltischen statt selbst gestrickten Geschenkideen.
Weihnachtsmarkt-Challenge der Campus-WP

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    Der zweite Test: Schlemmerparadies Innenstadt

    Der Weihnachtsmarkt im Zentrum zeichnet sich vor allem durch eine Vielfalt kulinarischer Angebote aus.

    • Verpflegung: 4 von 5 Sternen. Würstchen und Steaks werden brutzeln auf dem Schwenkgitter, andere Stände bieten Crêpes mit Puderzucker, Nougatcreme oder Eierlikör. Auch für Vegetarier und Veganer gibt es Angebote, ohne dass man lange Ausschau halten muss. Ein großer Stand in der Bahnhofstraße bietet beispielsweise gebackene Champignons und Blumenkohl an. Liebhaber von Süßem kommen im Siegcarré auf ihre Kosten. Direkt am Eingang lassen uns Spritzgebäck und Siegerländer Buttermandeln schwach werden. Ebenfalls im Siegcarré: Der „Winterzauber“, ein kleiner Markt im Innenhof, dessen Pforten auch über die Weihnachtszeit geöffnet bleiben. Die Preise für einen Imbiss sind in der Innenstadt nicht gerade verträglich mit dem studentischen Portemonnaie. Für eine Krakauer zahlt man in der Regel 3,50 Euro, für 100 Gramm gebrannte Mandeln 3. Ein Grillschinken im Brötchen: satte 5 Euro. Die Getränke aber sind im Rahmen, im Schnitt liegt Glühwein bei 2,50 Euro

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    Atmosphäre: 2 von 5 Sternen. Die Atmosphäre ist leider auch hier nur ansatzweise weihnachtlich. Große begehbare Glühweinstände sorgen bewusst für Après-Ski-Flair – mit nonstop Schlager, eher für Partyfreunde

  • Sonstiges: Besonders ins Auge fällt ein begehbarer Stand, der handwerkliche Erzeugnisse aus Holz verkauft – wie in einem kleinen Dekorationen- und Spielwarengeschäft, nicht nur für Kinder. Ein paar Stände gibt es noch bis zur Nikolaikirche in der Oberstadt – ab 19 Uhr herrscht hier aber Aufbruchstimmung. Lediglich an der sogenannten Mittelstation auf der Kölner Straße geht es noch etwas weiter. Je weiter man sich in Richtung Oberstadt weiter bewegt, desto ruhiger wird es. Am Wochenende ist das „Weihnachtsdorf unterm Krönchen“ in der Fißmer-Anlage ein Höhepunkt. An Ständen im Fachwerkhaus-Stil werden Kerzen oder Filzartikel verkauft. Auf einer kleinen Bühne wird musikalisches Programm geboten – etwas Vergleichbares fehlt in der Unterstadt. Die Öffnung dieser Hütten auch unter der Woche würde auf jeden Fall lohnen. Zumindest ist das Dorf zusätzlich drei Tage vor Weihnachten, also vom 21. bis 23. Dezember, jeweils von 16 bis 22 Uhr geöffnet
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