Siegen. . Sehnenscheidenentzündung ade? An der Universität Siegen wird erprobt, ob das Papier aus schriftlichen Prüfungen verbannt werden kann.
- Pilotprojekt: Papierklausur noch praktikabel?
- Geräte und Netzwerk: Teure Infrastruktur – noch
- Vorteile: Weniger Logistik, schnellere Bewertung
Klausuren sind vor allem laut. Ein Dozent von Marc Sauer hat das mal ausprobiert: Alle Prüflinge blätterten gleichzeitig ihre Papierbögen um. „Der Lärm war nicht zu ertragen“, sagt Sauer. Er ist Koordinator an der Uni Siegen für ein Projekt, das nicht laut knistert, sondern leise klappert: Gestern haben 260 Studenten im Audimax und im blauen Hörsaal der Universität Siegen eine juristische Klausur geschrieben. Auf dem Laptop. Ein Novum in Deutschland.
Eigentlich, sagt Dr. Jonas vor dem Esche, Marketingchef des Instituts für Qualitätsmanagement in der universitären Lehre (IQUL), das für die Uni das Projekt durchführt, hätten E-Klausuren nur Vorteile:
- Man spart Logistik. Bei einer dreistündigen Papierklausur fallen Berge von Papier an, die zu den Korrektoren gebracht werden müssen, die sie dann verlieren können. Der Korrektor kann aus der Handschrift keine Rückschlüsse auf den Prüfling ziehen, die Bewertung ist gerechter.
- Korrektoren müssen keine Sauklauen mehr entziffern.
- Während der Klausur kann der Prüfling einfach und übersichtlich seinen Text überarbeiten. „Wir haben sonst zig Sternchenverweise“, sagt Dr. Christopher F. Weidt, der die wirtschaftsjuristische Klausur stellt.
Abgeschaltete USB-Slots
Jonas vor dem Esches Aufgabe ist es gewissermaßen, sich und seine Leute überflüssig zu machen. Mit dem laufenden Projekt soll die Universität Siegen dazu ertüchtigt werden, selbst elektronische Klausuren zu stellen. Ist die Infrastruktur da, dauert die Vorbereitung einer elektronischen Massenprüfung nur Minuten, nicht mehr Stunden.
Die Rechner mit der Prüfungssoftware sind in ein abgekapseltes WLAN-Netz eingewählt, die Laptops sind so konfiguriert, dass keinerlei Daten rein und raus kommen. USB-Schnittstellen sind abgeschaltet, Internet gibt’s nicht. Wie ein Worddokument auf einem alten Rechner ohne Modem.
Notebooks brauchen Platz
„Und?“, fragt Dozent Weidt eine Gruppe Prüflinge nach der Klausur, „war’s besser?“ Ordentlicher sehe es auf jeden Fall aus, sagt ein junger Mann und grinst. „Bisschen wenig Platz“, sagt ein anderer. „Ich hatte die Bücher auf dem Schoß, ich hatte schon Angst, dass alle denken, ich spicke.“
Geschrieben haben die Klausur übrigens insgesamt 340 Prüflinge. 80 haben den altbewährten Papierbogen dann doch vorgezogen.
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Hintergrund: Blaupause für Staatsexamen
Das NRW-Justizministerium, zuständig für die Juristenausbildung, erwägt, die E-Klausur für die Staatsexamen einzuführen, ist aber vorsichtig dabei. „Sie haben da lauter angehende Juristen sitzen. Ist ein Laptop defekt, fechten sie die Prüfung an“, sagt Dr. Christopher F. Weidt scherzhaft.
Dennoch: Vorteile hätte es auch hier. Während des Staatsexamens schreiben die Prüflinge zwei Wochen lang fast täglich stundenlange Klausuren, da sind Sehnenscheidenentzündungen vorprogrammiert. „Manche kommen nicht ohne Ibuprofen aus.“
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