Siegen. . Jede Woche landet ein junger Patient mit Alkoholvergiftung in der Kinderklinik. Aber woher bekommen die Jugendlichen den Alkohol? Unser Testkauf zeigt ein überraschendes Ergebnis.

Jede Woche landet – statistisch gesehen – ein junger Patient mit Alkoholvergiftung in der DRK-Kinderklinik. „2014 waren es 54 Patientinnen und Patienten unter 18 Jahren, die wegen Alkoholintoxikation versorgt werden mussten“, teilt das Krankenhaus auf dem Wellersberg mit. „Das mag sich jetzt nicht dramatisch anhören, uns jedoch ist es Anlass genug, darauf hinzuweisen, dass der Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen doch maßvoll erfolgen sollte“, betont Kliniksprecher Arnd Dickel.

Gruppenzwang

Inzwischen trinken Jungs – zumindest was das Extrem betrifft – nicht mehr Alkohol als Mädchen. Letztere haben buchstäblich aufgeholt. Zudem würden die Patienten jünger: Schon 13-Jährige seien im vergangenen Jahr mit „schweren Symptomen“ eingeliefert worden. Ein Klinikaufenthalt nach dem Alkoholabsturz ist laut Krankenhaus für viele keineswegs so etwas wie ein Makel – eher etwas Erstrebenswertes. „Nicht selten berichten unsere Kinderkrankenschwestern von Freunden, die Patienten besucht haben und dann Wochen später selbst eingeliefert werden. Damit man halt in der Gruppe auch Akzeptanz findet“, heißt es seitens des Krankenhauses.

Nachschub in Siegen schwer zu bekommen

Trotz der alles andere als erfreulichen Zahlen aus der Kinderklinik geht es in Sachen Jugendschutzgesetz in Siegen weitgehend positiv zu. Wir schickten unsere Praktikantin (15) los. Der Auftrag: Bier, Sekt und Zigaretten kaufen. Die Getränke sind für Jugendliche unter 16 Jahren tabu, wenn sie ohne Eltern unterwegs sind. Um Zigaretten zu bekommen, muss man 18 Jahre alt sein. Das Ergebnis: In einem Lebensmittelladen erstand unsere Praktikantin Bier, ohne nach einem Ausweis gefragt worden zu sein.

Zigaretten gab es in einem Kiosk. Ansonsten sei sie höflich, aber bestimmt auf die Bestimmungen des Gesetzes hingewiesen worden. Kurios allerdings war es an einer Tankstelle. Nachdem der Mann hinter der Kasse gesagt hatte, ohne Ausweis kein Sekt, bot eine Frau, die ebenfalls in der Schlange wartete an, die Flasche für die junge Kollegin zu kaufen.

Kontrolle funktioniert

Ordnungsverwaltung, Jugendamt und Polizei kontrollieren die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen. Das Ordnungsamt prüft in unregelmäßigen Abständen, bei Verdachtsfällen sofort. Die Mitarbeiter weisen sich dabei immer aus. Verdeckte Kontrollen gibt es nicht. „Es kommt immer Mal wieder zu Beschwerden von Besuchern der hiesigen Gastronomie über mögliche Verstöße gegen Jugendschutzbestimmungen“, heißt es aus dem Rathaus.

Bußgeld verhängt

Allerdings könne den Hinweisen nur nachgegangen werden, wenn derjenige, der anzeigt, auch seinen Namen nennt und „ein konkreter Sachverhalt geschildert wird“. Vier Mal verhängte die Ordnungsbehörde im vergangenen Jahr ein Bußgeld gegen Gewerbetreibende: „Zwei Mal wegen Verstoßes bezüglich Abgabe alkoholischer Getränke an Jugendliche, zwei Mal wegen Verstoßes bezüglich Abgabe von Tabakwaren an Jugendliche.“

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„Der städtische Kinder- und Jugendschutz informiert und berät gezielt Eltern und Familien, wenn konkrete Fälle bekannt sind“, teilt die Stadtverwaltung mit. Er kläre auf und unterstütze mit Informationsmaterial. Landet ein Jugendlicher mit einem Rausch in der Kinderklinik, macht das Personal Patient und Eltern auf das Projekt „HaLT“ (Hart am LimiT) des Kreises Siegen-Wittgenstein aufmerksam. „Diese bieten Jugendlichen und deren Eltern Unterstützung im Nachgang zu solchen Vorfällen an“, erklärt Klinik-Sprecher Arnd Dickel.

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