Schmallenberg. . Es gibt leichtere Entscheidungen. Amtsrichterin Christiane Behle-Cordes ist mit einem heiklen Fall mit großem öffentlichen Interesse befasst. Hier das europaweit bejubelte Artenschutzprojekt, dort der geschädigte Waldbauer Hermann-Josef Vogt aus Oberkirchen.

Die wilden Wisente schälen in seinem Bestand die Buchen in großem Stil. Der 59-Jährige sieht seine Arbeit ruiniert. „Erst vor zwei Tagen haben wir wieder neue Schäden aufgenommen.“ Er hat die Nase voll, will die Tiere nicht länger in seinem Wald sehen.

Zu Recht. Das sagt die Amtsrichterin im Namen des Volkes: „Die einstweilige Verfügung bleibt aufrecht erhalten.“ Übersetzt: Die Herde darf sich an seinen Buchen im Sauerland nicht länger satt fressen, darf das 4300 Hektar große Projektgebiet im Wittgensteiner Land nicht verlassen. Die Richterin: „Der Trägerverein hat nicht glaubhaft machen können, dass die Wisente herrenlos sind.“

Warum? Weil die Wisente alle sieben Stunden per GPS-Sender ihren Standort an den Server des Trägervereins abgeben, weil sie in den vergangenen Monaten immer wieder an das Auswilderungsgehege bei Bad Berleburg-Kühhude zurückgekehrt seien, weil sie Menschen gewöhnt und von ihnen abhängig seien: „Es spricht einiges dafür, dass es sich bei den Wisenten um gezähmte wilde Tiere handelt.“

Hermann-Josef Vogt atmet auf, als er hört: „Der Kläger muss die Beeinträchtigungen der Tiere auf seinem Eigentum nicht dulden.“ Natur- und Artenschutz gingen nicht vor. Es handele sich auch nicht um eine hoheitliche Maßnahme, vor der seine Interessen zurückzutreten hätten: „Niemand kann ausschließen, dass weitere Schäden entstehen.“ Nach elf Minuten Urteilsverkündung und Begründung ist die Verhandlung zu Ende.

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Vogt ist erleichtert über den Richterspruch: „Ich bin froh. Sonst hätten wir uns von der Buche verabschieden können. Die Wisente haben im Wirtschaftswald nichts zu suchen.“ Enttäuscht ist die Gegenseite. „Wir hätten uns ein anderes Urteil gewünscht“, sagt der Vorsitzende des Trägervereins Wisent-Welt-Wittgenstein, Bernd Fuhrmann. Er kündigt Berufung gegen die Entscheidung vor dem Arnsberger Landgericht an.

„Wir bewerten die Entwicklung der Auswilderung deutlich anders.“ Der Verein werde jetzt zügig alles daran setzen, den Status der Herrenlosigkeit für die Wisente zu erreichen. Das Urteil wird rechtskräftig, wenn über die Berufung entschieden worden ist. So lange, das sagt der Trägerverein, müssten die Tiere nicht zurückgeholt und eingesperrt werden. Der Anwalt von Vogt, Friedrich Freiherr von Weichs, vertritt diese Ansicht nicht: Wenn die Tiere keinen Bogen um den Wald seines Mandanten machen würden, rate er ihm, mehr Druck aufzubauen. Ansonsten ist er optimistisch: „Die erste Halbzeit haben wir 1:0 gewonnen. Warum sollten wir nicht die zweite Halbzeit auch für uns entscheiden?“