Meschede. . Neue Hiobsbotschaften für die Beschäftigten von Martinrea Honsel: Der Geschäftsführung ist es nicht gelungen, für die Druckguss-Abteilung neue Aufträge abzuschließen. Ende 2014 geht damit dort die Arbeit aus. Mehreren hundert Mitarbeitern droht die Arbeitslosigkeit. Und: Die Geschäftsführung hat beschlossen, die Tarifbindung aufzugeben. Das teilte sie in einer Betriebsversammlung mit.

Bei dieser Mitteilung von Geschäftsführer Frank Eibel zum Ende seines Berichtes kam es zum Eklat: „Da kochte der Saal“, beobachtete Wolfgang Werth, Erster Bevollmächtigter der IG Metall. Beschäftigte standen auf und verließen fassungslos und wütend die St.-Georgs-Schützenhalle. Der Betriebsrat, der turnusgemäß zu der Betriebsversammlung eingeladen hatte, beendete die Versammlung nicht, sondern unterbrach sie nur. Sie soll zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.

Die Kündigung der Tarifbindung erfolgt zum 30. Juni. Dies gilt (bis auf die wenigen außertariflich Bezahlten) für alle 1500 Beschäftigten in Meschede, die 60 in Nuttlar und 260 in Soest. Wenn es bis Ende Juni in der laufenden Tarifauseinandersetzung in der Metallindustrie eine Einigung gibt, dann wird dieser Abschluss auch noch für die Beschäftigten von Martinrea Honsel übernommen. Danach ist aber Schluss: Von künftigen Lohnerhöhungen und Verbesserungen profitieren die Mitarbeiter dann nicht mehr. Bei Neueinstellungen ab 1. Juli ist das Unternehmen bereits frei, diese geringer zu bezahlen, bei längerer Wochenarbeitszeit.

Gewerkschaft will reagieren

Vor zwei Jahren, im Juli 2011, war Martinrea damals in letzter Minute, dem Unternehmensverband Westfalen-Mitte als Vollmitglied beigetreten und hatte damit eine Tarifbindung akzeptiert – erst damit konnte Honsel überhaupt an Martinrea übertragen werden. Wäre dies nicht geschehen, wäre Honsel damals komplett liquidiert worden.

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Ohne schon ins Detail gehen zu können, kündigte Wolfgang Werth Reaktionen an: „Die Marterinstrumente sind vielfältig.“ Statt des festen Tarifes will Martinrea künftig den Lohn abhängig von seiner wirtschaftlichen Situation bezahlen: „Das gibt es doch nicht!“, sagt Werth.

Er erinnert daran, dass auch andere Unternehmen in der Region schon versucht hätten, die Tarifbindung aufzugeben – und sie am Ende doch alle wieder akzeptiert hätten. „Wer damit anfängt, in den Billigmarkt zu gehen, der hat schon verloren. Wir leben nicht von billig, sondern von besser.“

„Ein gewaltiger Flurschaden“

Der Gewerkschaftssprecher sieht einen „gewaltigen Flurschaden“, der für Martinrea Honsel am Markt entsteht, und „grobe Fahrlässigkeit“: „Das wird sich bei den Kunden herumsprechen.“ Bei den großen Automobilunternehmen gehöre eine Akzeptanz der Tarifbindung und ein guter Umgang mit Beschäftigten und Gewerkschaft zum Verhaltenskodex.

Denn auch dieser Umgang mit den Mitarbeitern wurde beklagt: Werth spricht von einer mangelhaften Mitarbeiterführung, einem rauen Umgangston, wenn Mitarbeitern, die sich beschweren, gesagt werde, sie könnten ja gehen, und von kurzfristigen Verlegungen von Schichten, die eine private Planung unmöglich mache.