Bestwig. . Olaf Badelt malt ein düsteres Bild von der Zukunft des Bestwiger Einzelhandels. Er ist Vorsitzender der Werbegemeinschaft und blickt mit gemischten Gefühlen auf die Eröffnung der Autobahn in ein paar Jahren. Doch es gibt weitere Gründe für seinen Pessimismus.
Frage: Wie sehen Sie den Bestwiger Einzelhandel in der Zukunft?
Olaf Badelt: Ich gehe davon aus, dass es in der Gemeinde Bestwig in gar nicht allzu ferner Zukunft kaum noch Einzelhändler geben wird. Das gilt aber nicht nur für Bestwig, sondern für die meisten Kommunen im ländlichen Raum. In der Gemeinde Bestwig wird es den Einzelhandel in ein paar Jahren aber besonders hart treffen. Wenn erstmal die Autobahn eröffnet ist, werden hier viele Lichter ausgehen. Davon bin ich fest überzeugt. Was sicherlich noch Bestand haben wird, ist die Grundversorgung. Bei allem anderen habe ich allerdings arge Zweifel.
Das heißt, wenn es nach Ihnen ginge, würde die Autobahn nicht gebaut?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Aber die A46 ist Fluch und Segen zugleich. Ein Segen ist sie natürlich für die Anwohner der Bundesstraße 7. Mit der Eröffnung des Teilstücks wird die Lebensqualität nicht nur für sie, sondern für alle Einwohner steigen. Die Autobahn wird aber ein Fluch für den Einzelhandel sein. Künftig werden nämlich nicht mehr 23 000 Autos am Tag durch Bestwig fahren, sondern nur noch 1000. Alle anderen fahren dran vorbei. Die Geschäftsleute werden ganz klar die Verlierer sein. Und betroffen sind nicht nur die Gastronomen und die Tankstellen an der B7 wie viele glauben. Das wird alle treffen. Man muss doch nur mal nach Freienohl blicken, dann weiß man, was uns hier bald ebenfalls blühen wird.
Aber die Autobahn ist nicht das einzige Problem der Einzelhändler?
Nein, gewiss nicht. Unser größtes Problem sind die großen Internetversandhäuser wie Amazon. Die haben 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet und können die Waren zum Teil zu deutlich günstigeren Preisen anbieten. Da kann ein kleiner Einzelhändler auf Dauer einfach nicht gegen ankommen. Das muss ich in meiner Autowerkstatt regelmäßig am eigenen Leib erfahren?
Wie meinen Sie das?
Hier kommen immer öfter Leute auf den Hof gefahren, die haben die Ersatzteile schon auf dem Beifahrersitz liegen, weil sie sie vorab günstig im Internet bestellt haben. Wir sollen die dann nur noch einbauen. Schön ist das natürlich nicht. Aber wenn ich die wieder wegschicke, fahren die zur nächsten Werkstatt und lassen ihren Wagen eben dort reparieren.
Gibt es denn gar nichts, was die Einzelhändler dem Internet entgegensetzen können?
Alles, was wir tun können, ist der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Natürlich können wir mit Oster- und Weihnachtsaktionen etwas für die Kundenbindung tun. Und natürlich machen wir uns in der Werbegemeinschaft auch unsere Gedanken, was weiterhin möglich ist. Zum Beispiel planen wir die Einführung einer Treue-Punkte-Aktion und überlegen daran, einen Einkaufsführer für die Gemeinde zu erstellen, in dem sich Einzelhändler, Handwerker und Dienstleister vorstellen können. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass viele Bestwiger gar nicht wissen, was es in ihrer Gemeinde alles gibt.
Wie würde die Treue-Punkte-Aktion denn laufen?
Ab einem gewissen Warenwert soll es Punkte geben. Ist dann eine bestimmte Punktezahl erreicht, bekommt der Kunde einen Einkaufsgutschein der Werbegemeinschaft Bestwig im Wert von 50 oder 100 Euro. So ist es zumindest zunächst angedacht, damit sich das Rad hier immer weiter dreht. Denn auch dieses Geld bliebe dann ja in der Gemeinde. Konkret haben wir das zwar noch nicht ausgearbeitet. Wenn es gut läuft, wollen wir aber noch in diesem Jahr damit starten. Ich hätte gern mit den Mitgliedern bei unserer Generalversammlung darüber diskutiert. Weil aber nur neun Leute da waren, wäre das sinnlos gewesen.
Höre ich da Kritik heraus?
Ja, durchaus. Angesichts der Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, kann ich diese fast schon beschämende Beteiligung beim besten Willen nicht verstehen. Viele scheint das einfach nicht zu interessieren, obwohl es um ihre Existenz geht.
Wenn sich die Einzelhändler selbst kaum helfen können, könnte die Politik etwas für sie tun?
Oh ja, das könnte sie. Zum Beispiel, indem nicht Unmengen an Geldern für überflüssige Aktionen wie Fischtreppen, das Offenlegen der Henne oder den Bau von Kohlenmeiler-Attrappen verpulvert werden. Dieses Geld sollte man lieber in die Hand nehmen, um Handwerk und Einzelhandel zu unterstützen. Dann ginge es auch mit der Wirtschaft wieder nach vorne. Außerdem finde ich es bedenklich, dass nun wieder an den Ladenöffnungszeiten und den verkaufsoffenen Sonntagen gedreht werden soll. Es war doch alles gut. Warum sollen bald verkaufsoffene Sonntage nur noch dann stattfinden dürfen, wenn es eine besondere Veranstaltung dazu gibt, die im Vordergrund stehen muss. All das sind Entscheidungen, die uns das Leben schwer machen und letztlich den Internethandel noch weiter vorantreiben.
Gibt es denn nicht irgendwo wenigstens einen kleinen Lichtblick?
Doch. Der geplante Ferienpark in Andreasberg. Durch die Touristen würden wir wenigstens ein bisschen Kaufkraft zurückgewinnen. Aber wenn dieser Park nicht kommt, dann sind wir hier noch schneller am Ende.