Meschede. Zu viel Lärm durch über 9000 Fahrzeuge: Ungewöhnliche Ideen sollen die Belastungen verringern. Bürger können sich einbringen.
Gesucht werden Ideen, wie im Stadtgebiet von Meschede Lärm durch den Straßenverkehr verhindert werden kann. Die Stadt sammelt sie für ihren sogenannten Lärmaktionsplan.
Über 2600 Menschen direkt betroffen
Den Aktionsplan fordert die Europäische Union alle fünf Jahre von den Städten, eine Umsetzung von Maßnahmen ist allerdings nicht verbindlich. In Meschede ist es bereits die vierte Auflage, geschehen ist in der Vergangenheit aber wenig. Inzwischen, das wurde bei der Beratung im Ausschuss für Nachhaltigkeit und Ordnung deutlich, ist aber auch der politische Wille da, einzelne Projekte umzusetzen - dafür allerdings müssten die Politiker dann Geld im Haushalt bereitstellen.
Der Lärm konzentriert sich an den verkehrsreichsten Straßen im Stadtgebiet: An der B 55 mit Steinstraße, Auf der Wieme, Arnsberger Straße, Antoniusbrücke, Warsteiner Straße, außerdem der Hennestraße, Oesterweg und Briloner Straße in Meschede, dazu Breiter Weg, Bahnhofstraße, Freienohler Straße in Olpe, Freienohl und Bockum. Zwischen 7300 und 9500 Fahrzeuge gibt es hier täglich, der Lärm liegt bei über 75 Dezibel tagsüber und 65 Dezibel nachts - das sind Werte, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck führen können und die Nachtruhe beeinträchtigen. 2612 Menschen sind den Lärmwerten ganztägig ausgesetzt, die Zahl ist gestiegen seit der letzten Erhebung.
Gelbes Blinklicht, grüne Welle
Zuletzt hat die Stadtverwaltung selbst eigene Lärmaktionspläne aufgestellt. Um Impulse von außen zu bekommen, untersuchte diesmal das Büro Spiekermann aus Düsseldorf das Stadtgebiet. Ein Hauptproblem: Die gestiegene Zahl der Lastwagen, in der Kernstadt liegt ihr Anteil bei neun Prozent am Verkehrsaufkommen. Die Gutachter empfehlen, sich mit anderen Städten an der B 55 für ein Durchfahrtverbot für Lkw auszusprechen - wohlgemerkt nicht für heimische Speditionen, sondern für fremde, die seit der Sprengung der Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid die B 55 als Alternative zwischen Olpe und Rheda-Wiedenbrück nutzen. Fachbereichsleiter Klaus Wahle unterstützt das: „Eine Sperrung ist durchaus möglich in NRW“, und verweist auf die B 1 in Dortmund.
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Für die Warsteiner Straße werden Vorsignalisierungen mit gelben Blinklichtern an den Ampeln empfohlen. Bisher sehen Autofahrer „Grün“, geben Gas (und erhöhen den Lärmpegel), bremsen ab, wenn sie „Grün“ nicht schaffen, müssen danach wieder Gas geben. Das gelbe Blinklicht wäre mit den Phasen der Ampeln abgestimmt, sodass eine kleine, „lokale“ grüne Welle entsteht und sich Autofahrer darauf einstellen können, ob sie die laufende Grünphase noch erreichen. Auch zum Kauf weiterer Dialog-Displays wird geraten: Diese warnten mit ihren Smileys in der Vergangenheit immer vor zu hoher Geschwindigkeit, inzwischen können sie auch auf den Lärm hinweisen - sie könnten zum Beispiel wechselweise in Meschede oder Olpe aufgestellt werden.
Ein Riesenproblem: Der Verkehrslärm an der Wieme in Meschede zwischen der gewaltigen Stützmauer und dem Parkhaus - der Krach ist bis hinauf auf den Klausenberg zu hören, es gibt Beschwerden von Bewohnern am Hagenweg. Josef Sommer (CDU) kennt sie: „Feiert ein Nachbar mal zu laut, dann kommt die Polizei. Aber den permanenten Lärm muss man ertragen?“ Die Idee: Die Stützwand durch Begrünung oder Schallabsorption so umzugestalten, dass Reflexionen sinken.
Druck machen
Zwar liegt die Remblinghauser Straße außerhalb der lautesten Bereiche, Stadtverwaltung und Politiker nehmen sie aber als Problem auf: Am Blitzer dort wird abgebremst, danach wieder ordentlich Gas gegeben - dieser Krach reicht bis zum Krankenhausberg hinauf. Wünschen würden sich Meschedes Politiker zur Lösung einen großen Kreisverkehr an der Kreuzung Schlotweg/Beringhauser Straße. Zuständig dafür wäre der Landesbetrieb Straßen.NRW, der diesen Plan bislang aber nicht verfolgt. Den Lärmaktionsplan will die Stadt jetzt dafür nutzen, um Druck zu machen: „Wir sollten endlich in die Gänge kommen“, so Maria Gödde-Rötzmeier (UWG).
Auch Dieter Berger (CDU) möchte den Aktionsplan nutzen, um in Freienohl und in Olpe Druck für Lösungen machen zu können. Er könnte sich dort befristet nachts Tempo 30 für Lastwagen vorstellen. Jürgen Lipke (SPD) machte auch auf die Probleme durch Lkw in Berge aufmerksam.
Winterdienst auf Radwegen einführen?
Auch für Radfahrer soll mehr getan werden. Selbst ein Winterdienst auf Radwegen wird nicht ausgeschlossen. Gödde-Rötzmeier betonte, auch Markierungen etwa an der Briloner Straße müssten endlich wieder sichtbar gemacht werden. Die Stadtverwaltung kündigte die Aufstellung einer E-Ladesäule für Fahrräder an.
Wer sich einbringen möchte: Der Entwurf des Lärmaktionsplanes liegt noch bis zum 24. April bei der Stadtverwaltung aus, dazu kann jeder Stellungnahmen und Anregungen machen. Im Juni soll der Plan beschlossen werden.