Meschede. Wegen gesundheitlicher Bedenken steht Amalgam in der Kritik. Nun soll es verboten werden. Nicht alle Mescheder Zahnärzte sind dafür.

Ab 2025 sollen Amalgam-Füllungen größtenteils verboten werden – darauf haben sich Rat und EU-Parlament zumindest vorläufig geeinigt. Auch bei den Zahnärzten aus Meschede ist das quecksilberhaltige Material umstritten. Trotzdem sind nicht alle für ein Verbot. Bisher sind Amalgam-Füllungen bereits bei Kindern, Schwangeren und Stillenden verboten. Nun soll das Verbot bis auf wenige Ausnahmen auf alle Zahnbehandlungen ausgeweitet werden.

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Mescheder Zahnärzte über die Vorteile von Amalgam-Füllungen

„Ich halte das nicht für sinnvoll“, betont Zahnarzt Dr. Franz Schaltenberg. „Amalgam war immer das Standardmittel. Es ist langlebig und sehr sehr zuverlässig.“ Alternativ anwendbare Kunststofffüllungen seien zwar gut, aber wesentlich verarbeitungsaufwendiger. „Es gibt noch kein adäquates Ersatzmaterial. Es ist wichtig, dass die Forschung da etwas herstellt“, erklärt Schaltenberg.

Ich halte das nicht für sinnvoll. Amalgam war immer das Standardmittel. Es ist langlebig und sehr sehr zuverlässig.
Dr. Franz Schaltenberg - Zahnarzt aus Meschede

Für die Patienten und Patientinnen gehe dabei von den umstrittenen Füllungen, soweit sie nicht von einer Quecksilberallergie betroffen seien, keine Gefahr aus. „Wenn eine Amalgam-Füllung richtig verarbeitet ist und poliert wird, können die Ionen auch nicht in den Mund kommen“, sagt er.

Zahnarzt Dr. Franz Schaltenberg aus Meschede.
Zahnarzt Dr. Franz Schaltenberg aus Meschede. © WP | Privat

Haltbarkeit der Zahnfüllungen unterschiedlich

Trotzdem ist er vorsichtig beim Umgang mit dem Material: „Am Meisten gefährdet ist ja eigentlich der Zahnarzt, der bei der Verarbeitung am nächsten dran ist.“ Er verwende Amalgamfüllungen bereits weniger als früher. Ersetzt werden bestehende Amalgamfüllungen bei ihm nicht: „Wenn Patienten jahrelang Amalgamfüllungen im Mund haben und keine Reaktionen zeigen, dann müssen die auch nicht mehr ausgetauscht werden.“ Bei einem neuen Einsatz verwende er vor allem Kunststofffüllungen: „Die Haltbarkeit ist nicht so gut, aber meiner Erfahrung nach sind sie auch sehr gut.“

Bei einem Verbot der Amalgamfüllungen sieht er allerdings Probleme: „Dann wird es schwierig für die Zahnärzte ein Standardmittel zu finden, das zu Kassenleistungen angeboten werden kann.“ Doch er sieht auch Probleme bei dem Material: „Aber klar, Quecksilber ist ein Gift. Auch wenn die Gefahr nicht so groß ist.“

Gesundheit von Zahnärzten und Patienten in Meschede

Zahnarzt Dr. Thomas Hermann hat sich bereits gegen die Verwendung von Amalgam-Füllungen in seiner Praxis entschieden: „Wir benutzen in der Regel Kunststoff-Füllungen. Auch wenn sie nicht so haltbar sind wie Amalgam-Füllungen.“

So sehen die quecksilberhaltigen Füllungen aus, die bald nicht mehr gelegt werden sollen.
So sehen die quecksilberhaltigen Füllungen aus, die bald nicht mehr gelegt werden sollen. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing

Dazu hat er sich bereits früh entschieden: „Ich habe Amalgam eigentlich nur an der Uni benutzt.“ Stattdessen biete er drei alternative Füllungen an: eine davon werde von der Krankenkasse bezahlt, bei den anderen beiden leiste sie nur einen Anteil. Kunststoff sei im Vergleich zu Amalgam einfacher zu legen. Er verbinde sich besser mit dem Zahn und könne auch ohne zusätzliche Unterfüllung bei Hitze und Kälte bestehen.

Ich habe Amalgam eigentlich nur an der Uni benutzt.
Dr. Thomas Hermann - Zahnarzt aus Meschede

Daher hält er ein Verbot des Materials allgemein für sinnvoll, wegen der Gesundheit der Patienten und auch wegen seiner eigenen und der seiner Helfer und Helferinnen. „Am giftigsten und toxischsten sind die Füllungen beim Legen und Ausbauen.“, erklärt er.

Zahnarzt Dr. Thomas Hermann benutzt in seiner Mescheder Praxis bereits jetzt kein Amalgam mehr.
Zahnarzt Dr. Thomas Hermann benutzt in seiner Mescheder Praxis bereits jetzt kein Amalgam mehr. © WP

Nachhaltige Amalgam-Alternativen

Ganz so überzeugt ist Dr. Daniel Berster, ebenfalls Zahnarzt in Meschede, von dem Verbot nicht. „Das ist natürlich ein sehr scharfes Instrument, das Nutzen von Amalgam in der Breite ganz zu verbieten. Grundsätzlich befürworte ich die Entscheidung allerdings.“ Für seine eigene Praxis wird die Entscheidung der EU allerdings keine konkreten Auswirkungen haben. „Ich persönlich verwende Zement, Kunststoff und Keramik“, berichtet er. „Insbesondere Keramik hat bemerkenswert gute Eigenschaften. Es ist ästhetisch und sehr nachhaltig“, sagt er.

Bereits in seinem Studium, das er 2005 mit dem Examen abgeschlossen habe, sei Amalgam kaum noch unterrichtet worden. „Ich habe in der Praxis noch nie Amalgam benutzt“, erklärt er. „Das ist schon sehr lange nicht mehr state of the art.“ Trotzdem ist es für ihn fraglich, ob die gesundheitlichen Bedenken des Materials so groß sind, dass es verboten werden müsse.

Austausch von Amalgam-Füllungen aus ästhetischen Gründen

Patienten mit Amalgamfüllungen gebe es noch bei ihm in der Praxis: „Die Füllungen werden ausgetauscht, sobald der Patient den Wunsch hat, sie austauschen zu lassen und natürlich, wenn gesundheitliche Beschwerden bestehen“, erklärt Daniel Berster. Andernfalls blieben die Amalgamfüllungen vorerst im Mund: „Ich gehe nicht aktiv auf Patienten zu, um das auszutauschen“, sagt Daniel Berster.

Dr. Daniel Berster gemeinsam mit seiner Frau Caroline in ihrer Zahnarztpraxis in Meschede.
Dr. Daniel Berster gemeinsam mit seiner Frau Caroline in ihrer Zahnarztpraxis in Meschede. © WP

Doch andere Materialien seien ästhetischer: „Kunststoff und insbesondere Keramik lassen den Zahn unversehrt erscheinen“, berichtet Daniel Berster. Meist jedoch seien mit Ausnahme von Zement die hochwertigen Amalgamalternativen für die gesetzlich versicherten Patienten mit einer Zuzahlung verbunden.