Hochsauerlandkreis. Vom Klempner zum Klimaschützer: Handwerk bietet viele Möglichkeiten. Trotzdem sind über 200 Ausbildungsstellen rund um Meschede frei.

„Den Jugendlichen fehlen oft die Berührungspunkte“, sagt Verena Kurth, zuständig für den Bereich Fachkräftesicherung bei der Handwerkskammer Südwestfalen. „Daran arbeiten wir stetig.“ Denn im Handwerk fehlen die Auszubildenden. Allein im Ausbildungsjahr 2024 finden sich bei der Kreishandwerkerschaft im Hochsauerlandkreis über 200 ausgeschriebene Stellen - auch noch im Januar. Ausbildungsstart ist üblicherweise der erste August. „Das Problem kennen wir schon seit einigen Jahren“, so Verena Kurth. „Gleichzeitig glauben viele Jugendliche, dass sie sich im Januar doch eh nicht mehr bewerben müssen.“

Daran arbeiten die Schulen mit immer mehr Aktionen zu beruflicher Bildung, aber auch die Handwerkskammer. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Meschede/Soest und der Industrie- und Handelskammer haben sie im Berufskolleg des HSK in Meschede zuletzt zum dritten Mal die Aktion „Check das Handwerk“ durchgeführt - dort sollen Betriebe mit freien Ausbildungsstellen und Schülerinnen und Schüler, die Interesse an einer Ausbildung im Handwerk haben, zusammengebracht werden. „Das ist keine klassische Ausbildungsmesse“, erklärt Verena Kurth, Organisatorin der Aktion. In den weiterführenden Schulen wird schulformübergreifend nach Interessierten ohne Ausbildungsstelle gesucht, passend dazu werden dann Betriebe eingeladen, die eine solche Ausbildungsstelle anbieten.

Das Handwerk im Wandel - was das für Auszubildende bedeutet

Denn genau das sei wichtig, wenn man versucht, die Ausbildungsstellen zu besetzen, weiß Verena Kurth. „Im Handwerk geht die Bewerbung oft schon gar nicht mehr zwingend über die klassische Bewerbung“, erklärt sie. Natürlich gebe es Betriebe, die weiterhin darauf bestehen. Viele kleine Betriebe aber freuten sich viel mehr über eine persönliche Vorstellung, zu der der Bewerber oder die Bewerberin dann den Lebenslauf mitbringt. „Die meisten Handwerker haben eine gute Menschenkenntnis - die entscheiden das gern im persönlichen Gespräch.“ Vieles funktioniere mittlerweile auch online - denn das Handwerk ist im Wandel.

Verena Kurth, zuständig für den Bereich Fachkräftesicherung bei der Handwerkskammer Südwestfalen.
Verena Kurth, zuständig für den Bereich Fachkräftesicherung bei der Handwerkskammer Südwestfalen. © Meschede | Katharina Kalejs

Und das nicht nur, was das Bewerbungsverfahren angeht. In vielen Betrieben findet ein Generationenwechsel statt, die jüngeren Chefs bringen moderne Verfahren mit - und auch die Arbeitsinhalte verändern sich. „Viele Berufe sind maßgeblich an den Entwicklungen in Sachen Nachhaltigkeit, Energiewende und Klimaschutz beteiligt.“ Das sei zum Beispiel der Anlagenmechaniker Sanitär-Heizung-Klima: Der klassische „Klempner“ werde natürlich auch noch gefragt, jedoch verlange der Beruf mittlerweile viel mehr und biete große Spezialisierungsmöglichkeiten. Auch der Elektroniker oder Elektrotechniker sei ein Beruf im Wandel: Hier spielen Smarthomes und Energiesparmöglichkeiten eine immer größere Rolle.

Lesen Sie auch:

Freie Stellen in Meschede und Umgebung

Für den gesamten Hochsauerlandkreis waren auf der Ausbildungsstellenseite der Kreishandwerkerschaft am 16. Januar 226 freie Stellen ausgeschrieben. In Schmallenberg, Bestwig, Eslohe und Meschede 82 freie Stellen - also etwas mehr als ein Drittel aller Ausbildungsstellen im HSK. Die meisten freien Stellen kreisweit gibt es als Anlagenmechaniker Sanitär-Heizung-Klima, im Bereich Meschede und Umgebung gibt es die meisten freien Stellen als Kraftfahrzeugmechatroniker. Besondere Ausbildungsstellen, die es nur ein Mal im Hochsauerlandkreis gibt, sind zum Beispiel der Informationselektroniker (nur in Meschede) oder der Konditor.

„Das Handwerk ist super vielseitig, da findet jeder seinen Platz“, sagt Verena Kurth - egal, welches Geschlecht und welche Interessen. Im Hochsauerlandkreis finden sich auf der Seite der Kreishandwerkerschaft immerhin 31 verschiedene Berufe: Vom Friseur, Fleischer oder Raumausstatter über den Metallbauer, Elektroniker und Feinwerkmechaniker bis hin zum Dachdecker oder Maurer.

Wo man mit einem Handwerksberuf hinkommen kann

Außerdem bietet das Handwerk vielseitige Entwicklungsmöglichkeiten: Nach der drei- bis dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Handwerksgesellen kann man einen Meister machen - der ist in Deutschland mittlerweile mit dem Bachelorgrad gleichgesetzt. Das bedeutet, dass Interessierte dann sogar studieren gehen können. In den meisten Gewerken finden außerdem Meisterschaften statt - und aus dem Hochsauerland kommen einige deutsche Meister und sogar Europameister. „Außerdem ist die deutsche Ausbildung im Ausland sehr beliebt“, verrät Verena Kurth - manche Menschen, die keine Ausbildung im Handwerk gemacht haben, könnten darauf nur neidisch sein, vermutet sie.

Auch Maurer oder Betonbauer werden im Hochsauerlandkreis gesucht. (Symbolbild)
Auch Maurer oder Betonbauer werden im Hochsauerlandkreis gesucht. (Symbolbild) © picture alliance / blickwinkel/M | dpa Picture-Alliance / McPHOTO/BilderBox

Aber was muss man mitbringen, wenn man ins Handwerk gehen möchte? „Motivation“, da ist sie sich sicher. „Das ist das Wichtigste: Wer motiviert ist und sich ins Zeug legt, kann alles lernen.“ Außerdem sollte man sich ordentlich und zum Beruf passend präsentieren können - und eine gewisse körperliche Fitness sei gerade bei den klassischen Baugewerken von Vorteil. „Aber mal ganz ehrlich? Das kann man ja alles auch lernen“, sagt Verena Kurth - wo man dann wieder den Bogen zur Motivation geschlagen hätte.