Bad Fredeburg/Bestwig. Der Schieferstreit in Bad Fredeburg erregt die Gemüter. Sind die Vorschriften zu streng? Obermeister Ulrich Bathen gibt eine Einschätzung.

Ende Januar entscheidet sich vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg, ob ein Bad Fredeburger sein neu eingedecktes Dach komplett wieder abnehmen muss, weil er statt der laut Gestaltungssatzung geforderten altdeutschen Schieferdeckung, quadratische Schieferpfannen verwendet hat. Im Interview schätzt Dachdecker-Obermeister Ulrich Bathen aus Bestwig die Problematik ein. Er erklärt auch, was aus seiner fachmännischen Sicht wichtig für ein einheitliches Ortsbild im Schiefer geprägten Sauerland ist und verrät, wann sein Herz höher schlägt.

Haben Sie als Dachdecker-Obermeister von dem Schieferstreit in Bad Fredeburg gehört?

Ja, ich habe davon gelesen, im Kollegenkreis ist die Klage aber bislang kein Gesprächsthema.

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Wie schätzen Sie die Situation ein? Ist eine Klage gerechtfertigt?

Ich kann das nur aus meiner persönlichen Sicht als Dachdecker beurteilen. Ich finde es wichtig, dass in dem Fall wieder Naturschiefer aufs Dach gekommen ist. Als Fachmann kann ich die altdeutsche Deckung natürlich erkennen, der Laie sieht das aber nicht. Und soweit ich mich erinnere, habe ich direkt an der Hauptstraße in Bad Fredeburg auch schon Häuser gesehen, die zwar mit Schiefer, aber nicht nach altdeutscher Deckart, sondern mit Bogenschnittschablone eingedeckt sind.

Manfred Ruttke und Partnerin Nathalie Hauschild vor ihrem Haus in Bad Fredeburg. Das Dach ist mit rechteckigem Schiefer neu gedeckt - und das könnte nun zum Problem werden.
Manfred Ruttke und Partnerin Nathalie Hauschild vor ihrem Haus in Bad Fredeburg. Das Dach ist mit rechteckigem Schiefer neu gedeckt - und das könnte nun zum Problem werden. © WP | Alexander Lange

Stört es das Ortsbild in einem historischen Stadtkern, wenn von der altdeutschen Deckung abgewichen wird?

Wichtig für das Ortsbild ist neben dem Material vor allem das Farbspiel. Das Dach, um das es in Bad Fredeburg geht, ist für mich ein ganz klassisches Schiefer-Dach, das das Ortsbild nicht stört. Vor allem mit Blick darauf, dass eventuell eine PV-Anlage installiert werden soll und man dann von dem Dach gar nichts mehr sehen würde, sehe ich da kein Problem.

Was bedeutet es, wenn ein solches Dach komplett wieder herunter muss?

Finanziell ist das eine enorme Belastung. Das ist kaum zumutbar. Ich bin immer froh, wenn jemand Geld in die Hand nimmt und ein älteres Gebäude renoviert.

Haben Sie in Ihrem Handwerk schon häufiger von Klageverfahren in Verbindung mit Gestaltungssatzungen gehört?

Nein, glücklicherweise nicht.

Wie stehen Sie zum Thema Gestaltungssatzungen, um Ortsbilder zu erhalten?

Generell ist das schon in Ordnung. Man sollte Hauseigentümern aber Spielraum ermöglichen. Die Kosten spielen da eine große Rolle. Ein Privatkunde kann es sich kaum noch leisten, altdeutsch Schiefer zu decken, Sauerländer Schiefer schon gar nicht. Sollte es für die altdeutsche Deckung allerdings Fördermittel geben und diese werden abgerufen, muss natürlich auch entsprechend gehandelt werden.

In dem Fall in Bad Fredeburg hatten den Anstoß für die Deckung mit rechteckigen, größeren Platten die durchhängenden Balken im Dachstuhl gegeben. Können Sie die vorgeschlagene Lösung des Dachdecker-Kollegen nachvollziehen?

Dass man auf diese Weise Gewicht reduzieren kann und die altdeutsche Deckung relativ schwer ist, ist vollkommen richtig.

Sind mündliche Zusagen, wie es sie auch in Bad Fredeburg zwischen Verwaltung und Dachdecker gegeben haben soll, im Handwerk üblich und verlässlich?

Aus meiner Erfahrung heraus kenne ich das so, dass eine mündliche Zusage im Sauerland, ein Handschlag unter Kollegen, gilt. Allein schon um Zeit zu sparen. Auf bürokratischen Wegen ist das vielleicht anders.

Ist Schiefer denn ein Baumaterial mit Zukunft?

Schiefer ist ein langlebiger und zeitloser Naturstein - ein besonders Material. Fassaden und Giebelverkleidungen sind nicht nur optische Verschönerungen eines Gebäudes, sondern schützen auch vor Witterungseinflüssen bzw. dienen als Wärme- und Schallschutz. Mit Schiefer hat man die Möglichkeit, zu gestalten. Wir können Wappen, Ornamente und andere Wunschmotive eindecken und ein Haus auf diese Weise wirklich schön machen. Wenn ich so etwas sehe, schlägt mein Herz höher.