Meschede. Die medizinische Versorgung in Meschede macht Sorgen. Viele Hausärzte sind älter als 60 Jahre. Eine Praxis steuert dagegen.
Die Praxis Kramer in der Le-Puy-Straße hat jetzt einen neuen Kollegen, der als Mitinhaber eingestiegen ist: Dr. Martin Arndt. Mit dann fünf Medizinern ist die Praxis die größte im Mescheder Stadtgebiet und sie hat noch einiges vor. Das ist wichtig für die Region, wenn man sich das Alter der Hausärzte ansieht.
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Vier freie Hausarztstellen in Meschede
Vier freie Hausarztstellen zeigt aktuell die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KVWL) Westfalen-Lippe für den sogenannten Mittelbereich Meschede. Dazu gehören auch die Gemeinden Eslohe und Bestwig. Die Region erreicht zwar einen Versorgungsgrad von 97,8 Prozent. Allerdings sind 41,9 Prozent aller Mediziner älter als 60 Jahre.
Die Praxis Kramer an der Le-Puy-Straße steuert nun gegen. Dort ist das Team im Schnitt 45,2 Jahre alt. Teilhaber sind Dr. Jürgen Kramer als Senior-Chef, sein Sohn Dr. Jonas Kramer und jetzt auch sein Schwiegersohn Dr. Martin Arndt. Weitere, angestellte Ärztinnen im Team sind Dr. Mura Kramer und Ute Schwanekamp. Die Praxis firmiert unter Gemeinschaftspraxis Dr. Kramer und Dr. Arndt.
„Wir haben einen Versorgungsauftrag, und den nehmen wir sehr ernst. Aber die Aufgaben zu bewältigen – von der Digitalisierung über die zunehmende Bürokratie und den Fachkräftemangel – das geht auf Dauer nur über Wachstum.“
Praxen müssen wachsen
„Die Herausforderungen für die hausärztliche Versorgung der Zukunft sind enorm“, weiß Jonas Kramer. „Wir haben einen Versorgungsauftrag, und den nehmen wir sehr ernst. Aber die Aufgaben zu bewältigen – von der Digitalisierung über die zunehmende Bürokratie und den Fachkräftemangel – das geht auf Dauer nur über Wachstum.“
Das hat sich das Team daher weiter auf die Fahnen geschrieben. Erstmal allerdings wird die Praxis renoviert und ausgebaut. Dafür werden auch die Abläufe noch einmal alle unter die Lupe genommen. „Wir errichten am jetzigen Standort einen Anbau und nehmen die erste Etage als Praxisräume dazu“, erklärt Jonas Kramer. Losgehen soll es mit dem Ausbau Ende April/Anfang Mai. Man habe zum neuen Jahr das Okay für die Änderung des Bebauungsplans erhalten.
Ausweichstation ist die Praxis Wunderle
In Zukunft sind auch umfassende diagnostische und präventiv-medizinische Angebote vorgesehen. Kramer hofft, dass der Umbau noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann. Für die Zwischenzeit – etwa ab Mai – weicht die Praxis in die alten Behandlungsräume der HNO-Praxis Wunderle an der Hünenburgstraße aus.
Martin Arndt (34) stieß im September 2023 zum Team, seit Januar ist er auch Praxis-Teilhaber. Seine Familie stammt aus Polen. Aufgewachsen ist er in Berge, wo er die Grundschule besuchte. Später zog seine Familie nach Bestwig. Von dort aus besuchte er das Städtische Gymnasium in Meschede und absolvierte 2008 sein Abitur.
13 Jahre in Köln
Nach dem Zivildienst begann er sein Medizin-Studium in Köln. Dort blieb er für insgesamt dreizehn Jahre. Er arbeitete erst an einem Krankenhaus der Basisversorgung mit kardiologisch/gastroenterologischem Schwerpunkt und wechselte nach 2 Jahren an das Universitätsklinikum Köln, in dem er eine breite internistische Ausbildung erfuhr. „Für meine Frau und mich war aber immer klar, dass wir zurück ins Sauerland wollten. Hier leben unsere Familien, hier haben wir noch viele Freunde.“
Mit seiner Frau Yara, Hebamme und gebürtige Meschederin sowie damals zwei Kindern (heute sind es drei), zog er nach seinem Facharzt für Innere Medizin, im August 2022 zurück ins Sauerland. In der Praxis Darsow und Rother in Sundern absolvierte er eine diabetologische Weiterbildung. Nebenher arbeitet der Internist als Notarzt in Meschede und Umgebung - eine Aufgabe, die er auch in Zukunft nicht aufgeben will. Außerdem hat er eine Weiterbildung im Bereich der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Martin hat super viel Erfahrung“, freut sich Jonas Kramer über die Verstärkung.
Arbeit in der Intensivmedizin während Corona
Martin Arndt hat sich den Schritt vom Krankenhaus in die Hausarzt-Praxis gut überbelegt. Während der Corona-Pandemie arbeitete er in der Kölner Intensivmedizin. „Das war schon sehr kräftezehrend“, erinnert er sich.
„Hier machen wir echte Familienmedizin, begleiten Menschen - vom Kleinkind bis zum Senior.“
Der Wechsel nach Meschede sei keine Entscheidung gegen die Klinikarbeit, sondern ausdrücklich für die Hausarztpraxis gewesen, betont er. „Wir arbeiten in unserer Praxis sehr viel. Ich bin aber durch die Selbständigkeit deutlich flexibler.“ Vor allem das selbstbestimmte Arbeiten habe er im Klinikalltag vermisst. „Ich war auch ehrlich überrascht, wie abwechslungsreich die Arbeit in der Hausarztpraxis ist, wie viel Dankbarkeit man erfährt. Und es gibt mehr Kontinuität.“
Er freue sich darauf, Patienten über Jahre und Jahrzehnte zu begleiten. „Hier machen wir echte Familienmedizin, begleiten Menschen - vom Kleinkind bis zum Senior“, sagt er und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Im Krankenhaus sieht man seine Patienten ja im besten Fall nicht wieder.“