Meschede/Arnsberg. Was Kinder aktuell krank macht und was dann zu tun ist, berichtet die Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendmedizin in Arnsberg.

Schnupfen, Husten, Fieber - was bei Erwachsenen oftmals als leichter grippaler Infekt daherkommt, kann für Kinder deutlich gefährlicher werden. Nach Angaben des Robert-Koch-Institut (RKI) hat die Welle der RSV-Erkrankungen begonnen. Sie macht sich auch in der Kinderabteilung des Klinikums Hochsauerland bemerkbar.

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Virus befällt die kleinsten Bronchien

Bei RSV handelt es sich um eine Abkürzung für das Respiratorisches Synzytial-Virus. Dieses befällt den Atemtrakt, vor allem die Schleimhäute der oberen Atemwege, sowie Luftröhre und der Bronchien. Das ist für Kinder weitaus gefährlicher als für Erwachsene. Denn es legt sich vor allem auf die kleinsten Bronchien. Und die sind bei Kindern nun mal sehr viel kleiner als bei Erwachsenen. Die Schleimhäute schwellen an, die Atemwege werden regelrecht zugepresst.

Dr. med. Jila Schauerte, Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendmedizin
Dr. med. Jila Schauerte, Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendmedizin © Privat | Privat

Hälfte der Kinder betroffen

Auch in der Klinik für Kinder und Jugendmedizin des Klinikums Hochsauerland am Standort Karolinen-Hospital werden aktuell vermehrt Kinder mit schweren Atemwegserkrankungen stationär versorgt. „Geschätzt trifft dies auf über die Hälfte der bei uns in stationärer Behandlung befindlichen Kinder zu“, sagt Dr. med. Jila Schauerte, Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendmedizin. „Die Anzahl der Atemwegserkrankungen mit schwerem Verlauf ist hoch, aber für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich und gefühlt leicht weniger massiv als beispielsweise im vergangenen Winter.“

Weitere Viren nachgewiesen

Während die konkreten Virusinfektionen in den normalen Arztpraxen kaum nachgewiesen werden, ist das im Krankenhaus anders. „Bei den Kindern, die aufgrund von Atemwegserkrankungen in stationärer Behandlung sind, wurden zuletzt in vielen Fällen RSV-Infektionen nachgewiesen, aber auch Coronaviren oder eine Kombination aus Corona- und RS-Viren, sowie Coxsackie- und Rhinoviren. Influenzaviren waren dagegen bisher unterrepräsentiert“, berichtete Dr. Schauerte.

Gerade die Kleinsten brauchen besondere Unterstützung. Dr. Jila Schauertes Schwerpunkt ist die Neonatologie.
Gerade die Kleinsten brauchen besondere Unterstützung. Dr. Jila Schauertes Schwerpunkt ist die Neonatologie. © Getty Images | cdwheatley

Symptome lindern und Beatmung

Kinder mit viralen Atemwegsinfekten, die stationär behandelt werden, erhalten laut Schauerte eine Therapie, die die Symptome lindert, „beispielsweise mit Inhalationen, Infusionstherapie sowie anderen schleimlösenden Maßnahmen. Bei schwereren Atemproblemen erhalten die Kinder zudem Sauerstoff und bei einigen ganz schweren Fällen erhalten sie auch intensivmedizinische maschinelle Atemunterstützung.“

Hygienemaßnahmen in der Coronazeit

Nach Einschätzung von Dr. Schauerte haben die Hygieneschutzmaßnahmen in der Coronazeit dazu beigetragen, dass Kinder mehr vor Infekten behütet wurden. „Deswegen haben sich bei kleineren Kindern die Immunsysteme oft nicht so ausbilden können wie unter normalen Umständen. Daher beobachten wir beispielsweise bei Drei-bis Fünfjährigen nun häufiger fieberhafte Erkältungseffekte in rascher Folge.“

Bei den Kindern, die aufgrund von Atemwegserkrankungen in stationärer Behandlung sind, wurden zuletzt in vielen Fällen RSV-Infektionen nachgewiesen, aber auch Coronaviren oder eine Kombination aus Corona- und RS-Viren, sowie Coxsackie- und Rhinoviren. Influenzaviren waren dagegen bisher unterrepräsentiert.
Dr. med. Jila Schauerte - Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendmedizin am Karolinen-Hospital in Hüsten

Hausmittel helfen am Anfang

Doch nur ein Bruchteil der Atemwegsinfekt wird für die kleinen Patienten gefährlich. Daher, so Schauerte, könnten Eltern für die Anfänge einer Atemwegsinfektion und beginnendem Husten auf bewährte Hausmittel zurückgreifen. „Es gibt im Internet abrufbare Rezepte für Zwiebel-Zucker- oder Zwiebel-Honig-Hustensaft. Der Saft ist süßlich, schmeckt den Kindern meist gut und wirkt schleimlösend.“

Das gehört in die Hausapotheke

Ansonsten sollte in der Hausapotheke abschwellende Nasentropfen oder Nasenspray für das entsprechende Alter der Kinder vorhanden sein. „Denn wenn das Kind nachts mit verstopfter Nase oder Ohrenschmerzen aufwacht, können abschwellende Nasentropfen, die nur kurzzeitig angewendet werden dürfen, oder Nasentropfen auf Koch- oder Meersalzbasis hilfreich sein“, rät Dr. Schauerte. Auch Paracetamol- oder Ibuprofen-Zäpfchen, -Saft oder Schmelztabletten sollten in der Hausapotheke vorrätig sein, um bei Schmerzen oder schlechtem Schlaf aufgrund von hohem Fieber rasch Linderung zu verschaffen.

Wann es kritisch wird

Hat der kleine Patient aber länger als drei Tage Fieber oder trinkt schlecht, sollten Eltern ihren Kinderarzt aufsuchen, rät die Ärztin. Kritisch wird es auch, wenn das Kind eine angestrengte Atmung zeigt, „beispielsweise mit Einziehungen am Schlüsselbein oder unter den Rippen oder wenn das Kind beim Ausatmen hörbar pfeift.“

Verlegungen nur in Ausnahmefällen

Schauerte betont, das Team der Klinik für Kinder und Jugendmedizin setze alles daran, die zur stationären Behandlung eingewiesenen kleinen Patientinnen und Patienten vor Ort zu versorgen. In Einzelfällen konnten aber Verlegungen zuletzt nicht gänzlich vermieden werden. Doch dafür ist aktuell nicht das RS-Virus der Grund, wie es beispielsweise im Sommer 2022 in vielen Kliniken war. „Wir mussten verlegen, wenn aufgrund hoher Isolationserfordernisse bestimmte Betten in Mehrbettzimmern nicht belegt werden konnten oder spezialisierte Therapien der Maximalversorgung, zum Beispiel Herzuntersuchungen in der Kinderkardiologie, notwendig wurden.“

HINTERGRUND

Treten starke Beschwerden außerhalb der Sprechstunden des Kinderarztes auf, steht den Eltern der kinderärztliche Notfalldienst der kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung. Generell ist der kassenärztliche Bereitschaftsdienst deutschlandweit unter der Telefonnummer 116 117 erreichbar. Dort wird den Eltern mitgeteilt, an welchen Arzt sie sich wenden können, wenn ihr gewohnter Kinderarzt geschlossen hat.

In Arnsberg ist im Ärztehaus am Karolinen-Hospital die kinderärztliche Notfalldienstpraxis der KVWL zu folgenden Zeiten erreichbar: mittwochs und freitags von 16 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 9.30 bis 13 Uhr und von 16 bis 19 Uhr. Die Notfallambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (erreichbar über die Zentrale Notaufnahme im neuen Notfall- und Intensivzentrum) ist Anlaufstelle bei lebensbedrohlichen Notfällen und schweren akuten Erkrankungen und Verletzungen, die einer stationären Versorgung bedürfen.

Zur Person

  • Dr. Jila Schauerte ist seit April Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrie) am Klinikum Hochsauerland Standort Karolinen-Hospital.
  • Die 51-jährige Medizinerin ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neonatologie. Die Neonatologie beschäftigt sich mit den typischen Erkrankungen von Neugeborenen und mit der Behandlung von Frühgeborenen.
  • Schauerte wechselt vom Ev. Krankenhaus Bethanien Iserlohn, wo sie seit 2000 als Ärztin, Funktionsoberärztin, Oberärztin, leitende Oberärztin und seit 2019 als Chefärztin der Kinderklinik sowie seit April 2022, nach Verlagerung der dortigen Kinderklinik nach Hagen, zuletzt als leitende Ärztin der Neonatologie tätig war.
  • Ihre Karriere als Ärztin begann sie nach ihrem Medizinstudium in Aachen und Münster im Klinikum Lüdenscheid.
  • Ihre Schwerpunkte sind neben der stationären Kinder- und Jugendmedizin insbesondere die Weiterentwicklung des neonatologischen Schwerpunktes. Gemeinsam mit internen und externen Kooperationspartnern will sie die Versorgungsmöglichkeiten weiter ausbauen, beispielsweise gemeinsam mit der Klinik für Geburtshilfe sowie der Klinik für Urologie und Kinderurologie.
  • Einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung in der pädiatrischen Versorgung sieht Schauerte auch im neuen Notfall- und Intensivzentrum und der verbesserten interdisziplinären Zusammenarbeit, beispielsweise bei der Versorgung unfallverletzter Kinder- und Jugendlicher.