Schmallenberg. In der Unterstadt hat sich eine Elterninitiative gebildet. Das Thema Busfahrkarte sorgt seit Jahren für Unmut. Das soll sich ändern.
Warum bekommen die Schüler aus Wormbach kostenfrei eine Busfahrkarte für den Schulweg (mittlerweile sogar das Deutschlandticket), die Schüler aus der Schmallenberger Unterstadt aber nicht, obwohl der Weg zum Schulzentrum ähnlich weit ist? Das Thema kommt schon seit Jahren immer wieder auf - und seit Wochen wird es intensiv diskutiert. Die Familien der Unterstadt fordern Gerechtigkeit.
Bereits in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Sport, Soziales und Kultur im August hatten sich einige Eltern aus der Unterstadt zu Wort gemeldet. Das Thema - die sogenannte Forsthaus-Regelung - sollte daraufhin in Verwaltung und Kommunalpolitik neu betrachtet werden. Bei dem „Forsthausticket“ handelt es sich um eine Sonderregelung aus den 70er-Jahren für die Schüler, die von der Haltestelle „Forsthaus“ in der Unterstadt aus mit dem Bus zur Schule fahren. Seitdem sind gut 50 Jahre vergangen.
Ob „Forsthausticket“ oder wahlweise das beliebte Deutschlandticket, das es den Schülern ermöglicht, den ÖPNV auch nachmittags, an Wochenenden sowie in den Ferien zu nutzen, die Eltern der Unterstadt müssen 20,50 bzw. 29 Euro monatlich zuzahlen. Mehrere Hundert Euro im Jahr pro Kind. „Das sind Kosten, die uns als sogenannte Mittelschicht sehr belasten und weshalb man andererseits auch wieder Einsparungen machen muss“, heißt es in dem Schreiben der Eltern der Unterstadt, die sich in einer Initiative zusammengeschlossen haben. Mit dabei sind unter anderem Roman Schauerte, Mareike Fischer, Dayana Geissler, Lena Irmler und Klaus Saßmannshausen. Für viele Kinder der Unterstadt sei der Schulweg leider nur 3,3 Kilometer lang, und nicht, wie festgelegt, volle 3,5 Kilometer.
Das Schülerbeförderungsgesetz NRW legt die zumutbare Entfernung für Grundschüler bei 2 Kilometern und für Schüler einer weiterführenden Schule bei 3,5 Kilometern fest. „Unabhängig von der Länge des Schulweges können die Kommunen aber auch Fahrkosten übernehmen, wenn der Schulweg nach objektiver Gegebenheit gefährlich oder nach örtlichen Verhältnissen für Schüler ungeeignet ist“, schreibt die Elterninitiative an Verwaltung und Ausschussmitglieder.
In den Morgenstunden eine aufgeregte, intensive Verkehrslage
Der Verkehr sei in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches gestiegen. „Mögen Fußgängerüberquerungen und Beleuchtung eine geringere Gefährlichkeit des innerstädtischen Schulweges in der Theorie nahelegen, so ist er doch nicht minder beschwerlich: stetiges Bergauf von 3 Kilometern und mehr, mit einem 7 bis 9 Kilogramm schweren Tornister tageweise plus Sporttasche, an mindestens der Hälfte der Werktage bei sehr ungünstiger Witterung zu laufen, geht völlig an der Realität vorbei“, schreiben die Eltern weiter. Zusätzlich herrsche in den Morgenstunden eine aufgeregte, intensive Verkehrslage, was die Sicherheit gerade im dichteren Verkehr der Innenstadt stark beeinträchtige.
„Null ist die Zahl der Kinder, deren Eltern es für zumutbar halten, ihren Nachwuchs aus der Unterstadt zur Schule zu Fuß gehen zu lassen. Kein einziges Kind läuft in der Praxis diesen Weg“, bringt Roman Schauerte die aktuelle Situation auf den Punkt. Die Folge: Elterntaxis, starkes Verkehrsaufkommen an den Schulen, zum Teil gefährliche Situationen und „der ökologische Gedanke sollte nicht außer Acht gelassen werden.“
Eine weitere Frage, die die Initiative an Verwaltung und Kommunalpolitik richtet: „Was nutzt das 49-Euro-Ticket einem Grundschüler?“ Da ein Teil der Grundschüler der Unterstadt mehr als die festgelegten zwei Kilometer weit weg wohnt, erhalten diese kostenlos das Deutschlandticket. „Sicher wird kaum ein Grundschüler nachmittags Gebrauch von diesem Ticket machen. Somit ist diese Fahrkarte völlig überteuert.“ Aber genau die Kinder und Jugendlichen, die von dem Ticket profitieren könnten, würden durch die ungerechte Verteilung auseinandergerissen. Ein Teil könne ohne Probleme und weitere Kosten nachmittägliche Unternehmungen tätigen, der andere nicht.
Ein Blick in die Nachbarkreise zeige, dass es auch anders gehe: „Im Kreis Olpe und Siegen/Wittgenstein fahren alle Kinder gratis ÖPNV, was beweist, dass andere Formen der Kostenübernahme möglich sind, die keine Zweiklassengesellschaft schaffen.“
Am Mittwochabend, 22. November, trifft sich der Ausschuss für Bildung, Sport, Soziales und Kultur erneut - um 18 Uhr im kleinen Saal der Stadthalle geht es mit einer öffentlichen Einwohnerfragestunde los. In der Verwaltungsvorlage heißt es zu dem Thema unter anderem: „Aus Sicht der Verwaltung ist die bisherige Verwaltungspraxis familien- und schülerfreundlich.“
Grenzfälle
Die Fahrtkosten der Schüler, die in einem anderen Stadtteil als ihrem jeweiligen Schulort wohnen, wie zum Beispiel in Wormbach, sollen ungeachtet der tatsächlichen Länge des Schulweges weiterhin durch die Stadt übernommen werden. Grundlage sei laut Verwaltung die Annahme der besonderen Gefährlichkeit des Schulwegs, da es über freie Strecke gehe. Mit Blick auf die Forderungen aus der Unterstadt heißt es seitens der Verwaltung: „Es liegt in der Natur der Sache, dass Gesetze und sonstige Rechtsverordnungen, die Regelungen für bestimmte Personenkreise oder Sachverhalte treffen, zu Grenzfällen führen können, die aus Sicht der betroffenen Personen eine vermeintliche Ungerechtigkeit darstellen.“