Ramsbeck. Bei einem Unglück am „Ramsbecker Hof“ bei Bestwig ist die Existenz einer Familie zerstört worden. Weit weg von dort liegt jetzt der Neuanfang.

Willem Bult und seine Familie wagen den Neuanfang – und was für einen. Im Juli 2022 war in ihr Hotel „Ramsbecker Hof“ ein voll beladener Sattelzug geprallt. Von jetzt auf gleich war damit ihre Existenz zerstört worden.

Wovon würde Familie jetzt leben können?

Nach dem verheerenden Unglück war das Haus zunächst einsturzgefährdet, es musste gesichert werden. Willem Bult, seine Frau und die beiden Kinder lebten seitdem in einem Hotel in Gevelinghausen. Erst seit Dezember 2022 durfte er den „Ramsbecker Hof“ überhaupt wieder betreten. Der lange Leerstand, Winter, die Zerstörungen durch den Unfall, Feuchtigkeit haben dem Gebäude schwer zugesetzt. Seit 2018 hatte er das Hotel gepachtet. Ob er nach dem Unglück noch einmal eröffnen würde? Bult war skeptisch. Auch heute noch seien Fragen mit der Versicherung ungeklärt, sagt der Niederländer aus dem Sauerland. Die Familie lebte von einem Vorschuss. Sozialhilfe hatte Willem Bult für sich immer ausgeschlossen. Aber wovon würde seine Familie künftig leben?

Willem Bult nach dem Unglück 2022 vor seinem Hotel in Ramsbeck: Betreten verboten wegen Einsturzgefahr.
Willem Bult nach dem Unglück 2022 vor seinem Hotel in Ramsbeck: Betreten verboten wegen Einsturzgefahr. © Jürgen Kortmann

Ramsbeck liegt Welten entfernt

Ortswechsel: Beim Gespräch mit Willem Bult sind im Hintergrund Sirenen zu hören – es gibt nebenan gerade einen kleinen Zwischenfall an einem Street-Food-Lokal, sagt er. Der 52-Jährige sitzt selbst in der Nachbarschaft in einem anderen Restaurant. Der Anruf kommt für ihn abends um 19.30 Uhr, in Deutschland ist es Vormittag. In Deutschland regnet es aktuell, bei Willem Bult auch, erzählt er – aber bei 31 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent.

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Denn Ramsbeck ist jetzt Welten von ihm entfernt. Mit einem gewissen Understatement sagt er direkt: „Ich bin ein bisschen weit weg jetzt.“ Er erklärt: „Ich hatte keine Lust mehr, auf die Klärung in Ramsbeck zu warten. Ich muss doch Geld verdienen.“ Sein Neuanfang liegt in Asien. Willem Bult war früher schon unter anderem Hotelmanager in China und Vietnam.

Auf Flussexpeditionen spezialisiert

Er hat einen neuen Arbeitsplatz gefunden: Die Kreuzfahrt-Branche – mit einer besonderen Nische. Für die Reederei Pandaw ist er Country Manager für Vietnam und Kambodscha geworden. Die schottische Reederei ist auf Flussexpeditionen spezialisiert: Nach eigenen Angaben ist die Reederei führend bei Flusskreuzfahrten in Asien. Fünf Schiffe in Vietnam und Kambodscha unterstehen Willem Bult.

Willem Bult in Vietnam mit der Crew eines der Kreuzfahrtschiffe, die er betreut. Er ist jetzt Country Manager einer Reederei für Vietnam und Kambodscha.
Willem Bult in Vietnam mit der Crew eines der Kreuzfahrtschiffe, die er betreut. Er ist jetzt Country Manager einer Reederei für Vietnam und Kambodscha. © Privat

Willem Bult reist jetzt viel: Gerade war er in Ho-Chi-Minh-Stadt (dem früheren Saigon) in Südvietnam, davor in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh und in Vietnams Hauptstadt Hanoi im Norden.

Kleine, sehr edle Kreuzfahrtschiffe

Jetzt telefoniert er aus einem Street-Food-Restaurant in My Tho im Süden Vietnams mit dem Sauerland. Das hat seine Gründe: My Tho, eine 200.000-Einwohner-Großstadt, liegt im Delta des Flusses Mekong – von hier aus fahren die Flusskreuzfahrtschiffe über den Mekong durch den Süden Vietnams und den Tonle River, Touren gibt es bis zu der Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha. Bult ist für die Schiffe zuständig, für die Besatzung, für die Organisation der ganzen Reisen. Es sind so genannte Boutique-Schiffe, kleine, sehr edle Kreuzfahrtschiffe. Gerade werden wieder Kreuzfahrten dafür vorbereitet.

Die „RV Indochina Pandaw“ gehört zu der Flotte von besonderen Kreuzfahrtschiffen, mit denen in Asien die großen Flüsse befahren werden.
Die „RV Indochina Pandaw“ gehört zu der Flotte von besonderen Kreuzfahrtschiffen, mit denen in Asien die großen Flüsse befahren werden. © Privat

„Ramsbeck ist Vergangenheit, das ist vorbei“, sagt er: „Das ist in Asien schon interessanter als in Ramsbeck – und anders. Ganz anders. Jeder Tag hier ist anders.“

Seine Frau und die beiden Kinder sind noch in Ramsbeck, sie werden ihm bald nach Asien folgen. Leben werden sie in Saigon. In der Nebensaison will er im Urlaub nach Europa zurückkommen. Die drei Wochen will er sich dann aufteilen für den Besuch von Freunden und Familie in Spanien, den Niederlanden – und auch in Ramsbeck.