Ramsbeck. Vor einem Jahr fuhr ein Lkw in den „Ramsbecker Hof“ bei Bestwig. Wie geht es heute der Familie, die das Hotel führte, wie sieht es darin aus?

Der Jahrestag kommt: Vor einem Jahr donnerte ein voll beladener Sattelzug in das Hotel „Rambecker Hof“. Was ist seitdem passiert? So geht es der Familie und so sieht es in dem Gebäude in Ramsbeck bei Bestwig aus.

Willem Bult an der Theke in seinem Hotel in Ramsbeck. Die Folgen es Unglücks spürt seine Familie bis heute.
Willem Bult an der Theke in seinem Hotel in Ramsbeck. Die Folgen es Unglücks spürt seine Familie bis heute. © Jürgen Kortmann

„Er spricht nicht gerne über den Tag“

Im Schankraum im „Ramsbecker Hof“ stehen noch ein paar Flaschen mit Alkohol vor dem Spiegel – aber ob hier im Gaststättenbereich je wieder getrunken wird? Vor einem Jahr, im Juli 2022, war hier, kurz vor der Theke, der mit Splitt beladene Lkw zum Stillstand gekommen.

Immer noch geschlossen: Der „Ramsbecker Hof“ heute.
Immer noch geschlossen: Der „Ramsbecker Hof“ heute. © Jürgen Kortmann

Er war in der Mittagszeit von der geraden Hauptstraße in Ramsbeck plötzlich nach rechts abgekommen und in das Hotel geprallt. Der damals 50 Jahre alte Fahrer wurde schwer verletzt. Er war der einzige Verletzte: Zum Glück war niemand auf dem Gehweg, den er überfuhr, zum Glück auch niemand unten im Haus, das an diesem Tag geschlossen war.

Einziger Zeuge im Gebäude: Ganz oben in der Wohnung der damals zehn Jahre alte Sohn von Pächter Willem Bult. Äußerlich wurde er nicht verletzt, aber er erlitt ein Trauma, wie sein Vater sagt – er ist seitdem in Behandlung: „Er spricht nicht gerne über den Tag.“ Willem Bult und seine Frau kamen mit ihrer Tochter gerade vom Einkaufen für ihr Hotel: Unterwegs wurden sie angerufen, dass da etwas bei ihnen passiert sei…

Finanziell ist es eng

Das Hotel drohte einzustürzen, das Technische Hilfswerk stützte es ab, das Bergen des eingeklemmten Sattelzuges war schwierig. Danach galt ein Betretungsverbot. Erst seit Dezember 2022 durfte Willem Bult wieder in das Gebäude. „Unsere Existenz ist durch das Unglück zerstört worden“, sagt er. Seit einem Jahr lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem Hotel – in einem Zimmer wird gekocht und gelebt, im anderen geschlafen.

Im verlassenen Gastraum: Schutt auf dem Billardtisch.
Im verlassenen Gastraum: Schutt auf dem Billardtisch. © Jürgen Kortmann

„Es sind immer noch Fragen mit der Versicherung offen“, sagt er – so lange geht es für ihn nicht weiter. Die Familie lebt von einem Vorschuss der Versicherung: Finanziell ist es eng. Sozialhilfe lehnt er für sich ab: „Das wäre das letzte, was ich beantragen würde.“ Der Niederländer, der die Welt gesehen hat und früher Hotelmanager unter anderem in Vietnam und China war, ist ohne Arbeit: Einen neuen Job, womöglich außerhalb, konnte er nicht antreten – eben wegen der Ungewissheit, wie es weitergeht. Genauso unklar ist deshalb, ob er hier im „Ramsbecker Hof“ künftig wieder hinter dem Tresen stehen könnte.

Langer Leerstand ist zu spüren

Ist das überhaupt denkbar? Bult weiß es selbst nicht. Der Besucher hat sofort einen belegten Mund beim Betreten des weiterhin geschlossenen Hotels, Willem Bult sagt, bei ihm fangen die Augen an zu jucken. Man spürt körperlich den langen Leerstand, die Folgen des Winters, der Zerstörungen, der Feuchtigkeit. Die Stützbalken, die das THW gesetzt hat, stehen immer noch im Aufprallbereich.

Die Stützbalken, die das Technische Hilfswerk nach dem Unglück einbaute, stehen immer noch im „Ramsbecker Hof“.
Die Stützbalken, die das Technische Hilfswerk nach dem Unglück einbaute, stehen immer noch im „Ramsbecker Hof“. © Jürgen Kortmann

Überall ist Staub, liegen abgebröckelte Steinchen herum. Die Luft ist schlecht. Willem Bult führt durch die Zimmer, zeigt an den Wänden und Decken im vorderen Bereich überall entstandene feine Risse. Man spürt, dass sich der Boden teilweise leicht abgesenkt hat: „Man geht hier wie auf einem Schiff“, meint Willem Bult.

Nach und nach hat er die Dinge seiner Familie aus dem Gebäude geholt: Nur, in zwei Hotelzimmern lässt sich nicht alles aufbewahren. Wie er sich hier fühlt? „Du denkst, es ist alles vorbei. Aber das ist es eben nicht.“ „Die Zeit mit Corona haben wir noch überstanden. Das war schon schwierig. Aber jetzt?“, sagt der 52-Jährige, der den „Ramsbecker Hof“ seit 2018 gepachtet hat: „Wir hängen immer noch in der Luft.“