Ostwig. Das Service-Team des Hotels Nieder in Ostwig hat Unterstützung von zwei Robotern bekommen. Sie helfen beim Bedienen und sind die Stars im Haus.

Sie heißen Bella und Lotte und sind die neuen Stars im Service-Team des Flair-Hotels Nieder in Ostwig. Gäste zücken ihre Handys, um Fotos zu schießen und Filmchen zu drehen. Und auch das Personal hat die beiden neuen Kolleginnen vom ersten Tag an direkt ins Herz geschlossen. Denn: Bella und Lotte sind zwei Bedienroboter, die den Servicekräften die Arbeit enorm erleichtern. Willkommen in der Zukunft!

Nahezu lautlos bahnt sich Bella den Weg von der Küche zu den Gästen im Restaurant und schnurrt geradewegs über den Flur zum Tisch. Derweil wartet Lotte in der Hotelküche auf ihren nächsten Auftrag. Ein Knopfdruck genügt und die beiden Roboter wissen genau, was sie zu tun haben und wohin die nächste Fahrt gehen soll. Mal mit den duftenden Kreationen aus der Küche in Richtung Gast. Mal voll bestückt mit leeren Tellern zurück in Richtung Spülküche.

Kein Ersatz für das Service-Personal

Das Service-Personal des Hotels Nieder ist begeistert von der neuen Technik. Die beiden Roboter erleichtern die Arbeit enorm.
Das Service-Personal des Hotels Nieder ist begeistert von der neuen Technik. Die beiden Roboter erleichtern die Arbeit enorm. © Frank Selter

Drei Wochen sind inzwischen vergangen, seit die beiden ihren Dienst im Hause Nieder angetreten haben. „Noch ist nicht alles ganz perfekt“, sagt Josef Nieder. Hier und da fahren ihm Lotte und Bella noch zu nah an den Tisch heran. Das müsse auf jeden Fall noch optimiert werden. Schließlich sollen die beiden Roboter ihre Dienste so unauffällig wie möglich verrichten.

Denn, und das betont Josef Nieder ausdrücklich: „Bella und Lotte ersetzen unser Service-Personal nicht, sie unterstützen es“. Deshalb treten sie die Fahrt zum Gast auch niemals allein an, sondern immer nur in Begleitung einer Bedienung, die das Essen und die Getränke so professionell und freundlich serviert, wie man es in einem Flair-Hotel erwartet.

Weite Wege im Hotel

Es sind weite Wege im Restaurant des Hotels Nieder. Aktuell steht Bella an Position „2-5“ - Raum zwei, Tisch 5. Josef Nieder tippt auf das Bedienpanel, schickt sie zurück in die Küche und folgt ihr zählend mit großen Schritten. „Ziemlich genau 35 Meter“, sagt er, während der Roboter in der Küche seine Parkposition einnimmt. Und das ist längst nicht die weiteste Strecke, die das Personal tagtäglich zigfach zurücklegt, um Gäste glücklich zu machen - an 31 Tischen drinnen und 29 weiteren draußen. Und das in der Regel mit vier Tellern auf den Armen, von denen jeder einzelne leer schon mehr als 1000 Gramm wiegt. Je nach Gericht kommen pro Teller dann noch einmal rund 400 Gramm dazu.

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Josef Nieder macht es an einem Beispiel fest: Um einen Tisch mit vier Personen für den Hauptgang zu bedienen, müssen zwei Bedienungen zweimal laufen. Denn zum Hauptgericht auf dem Teller kommen schließlich noch Schälchen und Schüsseln mit Beilagen, Salaten oder Gemüse hinzu. Und genau hier kommen nun Bella und Lotte ins Spiel, die den Bedienungen des Hauses beim Tragen helfen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Aus der Not eine Tugend gemacht

Rund 30.000 Euro hat Josef Nieder für die Anschaffung gezahlt und damit aus der Not eine Tugend gemacht. Denn Bella und Lotte sind keineswegs technischer Luxus-Schnickschnack. Sie ergänzen das Team des Hotels, weil es für Gastronomen wie Josef Nieder inzwischen fast unmöglich geworden ist, neues Personal zu finden. Seit fünf Jahren sei eine Stelle als Koch ebenso standardmäßig ausgeschrieben, wie das Stellengesuch fürs Service-Personal. Aber Josef Nieder will überhaupt nicht klagen. „Das ist nicht mein Ding“, betont er. Denn Problemen müsse man mit einer Lösungssuche begegnen. Und mit Bella und Lotte hat das Hotel Nieder nun zumindest die Lösung für den Service gefunden.

„Was für ein Blödsinn“

Josef Nieder gibt zu: „Als mir ein Kollege aus der Nähe von Hamburg vor rund acht Wochen bei einer Tagung von seinem Bedienroboter vorgeschwärmt hat, habe ich gedacht: Was für ein Blödsinn.“ Doch dann sei er ins Grübeln geraten und habe sich zehn Tage später auf den Weg Richtung Hamburg gemacht, um sich den Roboter mal in der Praxis anzuschauen. Das Ergebnis ist bekannt.

Unterwegs auf dem Weg zum Gast: Die beiden Roboter Lotte und Bella sollen das Personal nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen.
Unterwegs auf dem Weg zum Gast: Die beiden Roboter Lotte und Bella sollen das Personal nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen. © Frank Selter

Angetan war Nieder vor allem auch deshalb, weil sich Bella und Lotte ganz auf die Bedürfnisse des Hauses einrichten lassen. So sind die beiden Roboter-Damen im Hotel Nieder zum Schweigen verpflichtet. Denn aus rein technischer Sicht könnten sie auch ganz allein zum Tisch fahren, den Gast per Stimme auffordern, zuzugreifen und sich dann zurück auf den Weg zur Küche machen. Aber genau das ist es, was für Josef Nieder nicht in Frage kommt. Schließlich ist das Hotel Nieder keine Raststätte und kein Selbstbedienungsrestaurant.

Mehr Zeit für die Gäste

Zu einem Flair-Hotel gehört eben ein gewisses Flair und das geht durch den mehr oder weniger unauffälligen Einsatz von Bella und Lotte keineswegs verloren. „Und solche Roboter sind auch nicht der Untergang der Gastronomie, wie manch ein Kritiker gern behauptet“, sagt Nieder. Eher das Gegenteil sei der Fall. „Unser Personal hat doch jetzt mehr Zeit für die Gäste“, betont er.

Männliche Kollegen in Aussicht

Aber eine Sache hat sein Personal an der ganzen Geschichte dann doch zu kritisieren. Seit der Taufe von Bella und Lotte muss sich Josef Nieder nämlich vor allem von den Damen des Hauses Frotzeleien gefallen lassen, weil die beiden Roboter ausgerechnet weiblich sind. Damit kann Josef Nieder aber gut leben, denn auch dafür hat er bereits eine Lösung parat: Die drei Saug- und Wischroboter, die aktuell im Haus getestet werden, weil auch Reinigungskräfte schwer zu finden sind, erhalten im Falle einer Anschaffung Männernamen. Versprochen!