Meschede/Bestwig/Eslohe/Schmallenberg. Personalmangel in der Gastronomie macht nicht nur Mescheder Betrieben zu schaffen. Vier Gastronomen erzählen, welche Konsequenzen sie befürchten.
„Mitarbeiter gesucht“ - beim Rundgang durch die Mescheder Innenstadt fällt auf, dass in vielen Restaurants und Cafés Jobangebote im Fenster hängen. Und das gilt nicht nur für Meschede. Vier heimische Gastronomen erzählen.
Als im Schäferhof in Schmallenberg-Jagdhaus im vergangenen Jahr aufgrund von Krankheit ein personeller Engpass entstand, musste Rudolf Grobbel die Terrasse abräumen: „Wir hatten einfach nicht genügend Personal, um die Gäste drinnen und draußen zu bedienen.“ Eine Konsequenz des Fachkräftemangels.
Zufriedenheit der Mitarbeiter
„Die Vielfalt wird abnehmen“, nennt Grobbel eine weitere Folge. Nicht weil die Gäste ausbleiben, sondern weil Betriebe kein Personal finden. Rudolf Grobbel ist Vorsitzender des Gesamtverkehrsvereins Schmallenberger Sauerland und hat das Projekt #G.A.S.T. (Gerne arbeiten im Schmallenberger Tourismus) mit ins Leben gerufen. Hierbei sollen Angebote entwickelt werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern und die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen.
„Die Branche ist viel besser als ihr Ruf“, betont Grobbel. In der Vergangenheit habe es aber einige schwarze Schafe gegeben, worunter das Image der gesamten Branche gelitten habe.
Schieflage in der Ausbildung
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Ein weiteres Problem sieht der Gastronom in der Schieflage in der Ausbildung. „Die Gesellschaft ist so reich, dass viele Familien ihre Kinder zum Studieren schicken.“ Dabei gebe es so viele Vorteile in seinem Beruf: sichere Zukunftsperspektiven, viele Weiterbildungsmöglichkeiten, der Beruf sei vielseitig und wer möchte, könne in der ganzen Welt arbeiten und reisen. Den Schlüssel zum Erfolg sieht Rudolf Grobbel aber in der Wertschätzung der Mitarbeiter: „Ein gutes Miteinander ist das A und O.“
Dieser Überzeugung ist auch Julia Seemer vom Landgasthof Seemer in Wenholthausen. „Wer seine Mitarbeiter gut bezahlt, auf Wünsche bezüglich Arbeitszeiten eingeht und darauf achtet, dass alle Mitarbeiter sich im Team wohl fühlen, der wird den Erfolg sehen.“ Sie und ihre Schwester, Alexandra Weißenfels-Seemer, gehen aktiv an die Situation heran: Verschlanken Prozesse, so dass auch ungelernte Kollegen sich gut in den Ablauf einarbeiten können.
Öffnungszeiten angepasst
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Doch auch die Schwestern spüren den Fachkräftemangel: Über drei Jahre hat es gedauert bis sie eine Teilzeit-Stelle als Koch besetzen konnten. Das hat Konsequenzen, die zugleich aber auch die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen. „Wir haben unsere Öffnungszeiten angepasst, so dass unsere Mitarbeiter zwei aufeinander folgende freie Tage haben.“ Auch die Küchenzeiten wurden geändert, sonntags wird zum Beispiel nur bis 19 Uhr gekocht. Julia Seemer ist überzeugt, dass in jeder Herausforderung auch etwas Gutes steckt.
„Vor ein paar Jahren war es schon schwierig, gutes Personal zu finden“, sagt Josef Nieder vom Flairhotel Nieder in Ostwig. „Jetzt ist es ganz schwierig.“ Irgendwann werde Essengehen im Restaurant zum Luxusgut - wie in Frankreich, prognostiziert Nieder. „Wenn die Preise teurer werden, können wir die Mitarbeiter auch besser bezahlen.“ Den Partyservice bewirbt Josef Nieder gar nicht mehr und sonntags hat das Restaurant mittlerweile geschlossen. „Dann kochen wir nur für unsere Hausgäste“, erklärt der Hotelier. Das sind die Folgen des Personalmangels.
Auf Kräfte aus dem Ausland zurückgreifen
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Andreas Behrmann ist Direktor des Welcome Hotels am Hennesee in Meschede. Er beobachtet, dass in seinem Haus erste Anzeichen des Fachkräftemangels zu spüren sind. „Punktuell mussten wir schon mit Leihfirmen arbeiten, weil wir parallel mehrere Ausfälle wegen Krankheit hatten.“ Dass die Arbeitszeiten immer wieder als Grund für den schlechten Ruf angeführt werden, kann er nicht nachvollziehen. „Es gibt so viele Berufe, in denen abends und am Wochenende gearbeitet werden muss.“ Behrmann sieht die Betriebe gut aufgestellt, die eine gute Ausbildung gewährleisten. Mit Blick auf den demografischen Wandel sieht er für die Zukunft nur einen Weg: „Wir müssen auf Kräfte aus dem Ausland zurückgreifen.“
>>> Drei Fragen an Carina Bauer von der Agentur für Arbeit:
1. Warum möchten Menschen ungern in der Gastronomie arbeiten?
Die Gründe, weshalb man sich dagegen entscheidet, sind bei uns im Kreis wie auch bundesweit gleich: Demografie, Arbeitszeiten, Bezahlung, körperliche Belastung.
2. Gibt es Anstrengungen seitens der Agentur für Arbeit, um dem Fachkräftemangel in der Gastronomie entgegen zu wirken?
Ja, wir beteiligen uns zum Beispiel an der Gastronomie-Börse im Hochsauerlandkreis. Die nächste findet im November statt und wird erstmals in diesem Jahr gezielt Erwachsene ansprechen. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der ZAV zur Gewinnung von ausländischen Fachkräften. Das Ergebnis eines Job-Speed-Datings in der „Astenkrone“ in Winterberg war eher unbefriedigend, da keine interessierten Kandidaten teilnahmen.
3. Der Dienstleistungssektor hat Zukunft: Werben Sie an Schulen bei der Berufsberatung für eine Ausbildung in der Gastronomie?
Tatsächlich ist es so, dass die Berufsberatung nicht gezielt für den Bereich HoGa Werbung betreibt. Natürlich haben die Berater den regionalen Ausbildungsmarkt im Blick und sofern Neigung und Eignung passen, werden Berufe aus diesem Berufsfeld besprochen. Allerdings sind diese Berufe nicht unter den Top 10 der nachgefragten Ausbildungsberufe.