Meschede. Auf der Berufsinfobörse am Mescheder Berufskolleg suchen Unternehmen seit 20 Jahren Auszubildende. So sehr haben sich die Azubis verändert.

Der Ausbildungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Viele Betriebe suchen Azubis und treffen auf junge Menschen, die ihren Wert kennen. Wie gehen die verschiedenen Branchen damit um? Wir haben uns auf der Berufsinfobörse am Berufskolleg in Meschede ungehört.

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Größeres Selbstbewusstsein

Das Team von MobiDoc (von links) auf der Berufsinfobörse: Mareike Guarda-Jadoul, Steffi Tamba und Vanessa Beckmann. Im Wal steckt Marina Krick.
Das Team von MobiDoc (von links) auf der Berufsinfobörse: Mareike Guarda-Jadoul, Steffi Tamba und Vanessa Beckmann. Im Wal steckt Marina Krick. © WP | Ilka Trudewind

„Die jungen Menschen treten insgesamt selbstbewusster auf als früher“, sagt Mareike Guarda-Jadoul, Leiterin des Wundmanagements beim Pflegedienst MobiDoc in Freienohl. Auch die Ansprüche an Arbeitszeiten und -umfeld seien anders. „Darauf muss man sich einstellen und das machen wir. Ich glaube, die Herausforderung aller Arbeitgeber wird es sein, die Angestellten emotional an sich zu binden. Wer sich wohl fühlt, kommt gern zur Arbeit, und denkt sonntags nicht mit Bauchschmerzen an den Montag.“

36 Tage Urlaub

MobiDoc bietet zum Beispiel verschiedene Arbeitszeitmodelle – gerade auch für Mütter – an und 36 Tage Urlaub. Zum Nachwuchsmangel in der Pflege führe auch das schlechte Image. „Eben habe ich erst ein paar jungen Typen erklärt, wie viele Facetten unser Beruf hat und dass wir eben nicht nur alte Leute waschen. Zwei von ihnen wollen jetzt ein Tagespraktikum bei uns machen. Das fand ich gut“, sagt sie und lacht herzlich.

Jugendfeuerwehr und Fußball – eingestellt

Das Team Bau von links: Alexander Jürgens, Lukas Bubenheim und Anna Siegert von Sauer & Sommer.
Das Team Bau von links: Alexander Jürgens, Lukas Bubenheim und Anna Siegert von Sauer & Sommer. © WP | Ilka Trudewind

„Wenn in der Bewerbung steht, ich bin bei der Jugendfeuerwehr, spiele Fußball und helfe meinem Onkel auf dem Bauernhof, stellen wir ihn sofort ein. Besser geht es nicht“, sagt Alexander Jürgens, Personalleiter des Bauunternehmens Sauer und Sommer und dort seit 26 Jahren tätig. Doch diese Typen seien weniger geworden. Das Unternehmen hat entsprechend reagiert und kümmert sich intensiver um die Azubis – zum Beispiel mit Paten, die den jungen Menschen im Betrieb zu Seite stehen, und mit Nachhilfe bei schulischen Defiziten. „Nachgelassen hat die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen“, so Jürgens.

Kein Acht-Stunden-Tag

Tino Schulte, Simon Peus und Georges Perry stellen ihren Betrieb, die Spedition Mönig, auf der Berufs-Info-Börse in Meschede vor.
Tino Schulte, Simon Peus und Georges Perry stellen ihren Betrieb, die Spedition Mönig, auf der Berufs-Info-Börse in Meschede vor. © WP | Ilka Trudewind

Ähnliches berichtet auch Georges Perry, er arbeitet als Ausbilder bei der Spedition Mönig. Er sagt, dass sich die Einstellung zur Arbeit generell geändert habe. „Wenn Praktikanten als erstes fragen: Wann ist Feierabend? Und die Frage im Laufe des Tages noch fünfmal gestellt wird, finden wir das schon schwierig.“ Ein Arbeitstag sei bei Berufskraftfahrern in der Regel nicht nach acht Stunden beendet. „Wir können nicht nach Hause fahren, wenn noch Waren auf dem Lkw sind. Hinzu kommen die gesetzlich vorgegebenen Lenk- und Ruhezeiten. Das muss man alles vorher wissen und mögen“, so Perry. „Deshalb raten wir immer dazu: Schaut euch den Beruf vorher an, fahrt ein paar Tage mit.“ Wenn es passt, gibt es einen Vertrag.

„Wir haben ehrlich gesagt keine Schwierigkeiten, Azubis zu finden. Wir stellen uns auf Messen wie dieser vor und gehen auch in die Schulen direkt. Damit sind wir ganz erfolgreich“, erklärt Georges Perry. Aktuell absolvieren sieben junge Menschen die Ausbildung zum Berufskraftfahrer, hinzu kommen zwei kaufmännische Azubis und vier Auszubildende zur Lagerlogistik-Fachkraft.

Fachoberschule Polizei

Stephanie Dröge von der Abteilung Aus- und Fortbildung bei der Polizei in Meschede.
Stephanie Dröge von der Abteilung Aus- und Fortbildung bei der Polizei in Meschede. © WP | Ilka Trudewind

Regierungsbeschäftigte Stephanie Dröge ist im Dezernat 2 der HSK-Polizei für die Fort- und Ausbildung zuständig. Sie ist erst seit kurzer Zeit auf dieser Position tätig, weshalb sie nicht zu Veränderungen auf dem Bewerbermarkt sagen könne. Ihr falle jedoch auf, dass die jungen Menschen selbstbewusst auftreten und technikaffin seien. Generell ist auch die Polizei um Nachwuchs bemüht, zumal schon der Auswahlprozess vor dem Dualen Studium zum Polizisten eine Herausforderung darstelle. Die Bewerber müssen unter anderem ausführliche Interviews und einen Sporttest absolvieren. Die Hürde ist hoch, aber die Qualität darf eben auch nicht leiden. Die Behörde hat deshalb vor einem Jahr die „Fachoberschule Polizei“ gegründet. Nach der 10. Klasse können dort junge Menschen das Fachabitur Polizei ablegen. Danach gibt es quasi die Garantie, auf einen Platz im Dualen Studium. Den dreitägigen Auswahltest muss man dann nicht noch einmal durchlaufen. „Das ist für uns eine Möglichkeit, um junge Leute früh an die Polizei zu binden“, erklärt Stephanie Dröge. In der Mescheder Behörde arbeiten derzeit etwa 30 Praktikanten.

Industriekeramiker gesucht

Zum 1. September hat bei Theleico in Meschede kein Azubi angefangen. Es sei schwieriger geworden, Leute zu finden, sagen Ausbilder und Fertigungsmeister Thorsten Kenter und Tobias Daut. Theleico stellt Schleifscheiben her, die bis zu 1,40 Meter Durchmesser haben können. Die Scheiben werden gebrannt, der entsprechende Beruf dazu heißt deshalb „Industriekeramiker“. Am BiB-Stand lesen viele erst Industriemechaniker und fragen dann: „Was macht ihr eigentlich?“ Diese Chance nutzen die Ausbilder, um Nachwuchs zu gewinnen und zu erklären, wie Theleico produziert und welche großen Firmen die Mescheder Firma beliefert. An jeder Klinge eines Zwilling-Messers war eine Schleifscheibe aus Meschede. „Sobald etwas scharf sein muss, ist das eine Aufgabe für uns“, so Daut.

Theleico-Fertigungsmeister Thorsten Kenter und Tobias Daut (rechts) suchen u.a. Industriekeramiker-Azubis.
Theleico-Fertigungsmeister Thorsten Kenter und Tobias Daut (rechts) suchen u.a. Industriekeramiker-Azubis. © WP | Ilka Trudewind

Auf der Berufsinfobörse zeigen die ausstellenden Unternehmen und Einrichtungen, wer sie sind und was sie anbieten. Am Samstag, 16. September, geöffnet von 9 bis 14 Uhr.