Wennemen. Ibrahima Djego Bah kommt aus Guinea und hat bei Sauer & Sommer eine Ausbildung zum Straßenbauer absolviert. Das ist seine Geschichte.

Steine setzen. Pflastern. Diese Aufgaben erledigt Ibrahima Djego Bah (23) am liebsten auf den Baustellen. Der junge Mann hat in diesem Sommer seiner Ausbildung zum Straßenbauer bei der Firma Sauer & Sommer in Wennemen abgeschlossen. Im Dezember 2017 kam er als Flüchtling nach Deutschland. Für diese Erfolgsgeschichte mussten einige Steine aus dem Weg geräumt werden. Doch mit Steinen kennen sie sich im Straßenbau glücklicherweise aus.

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Ibrahima Djego Bah (23) hat seine Ausbildung zum Straßenbauer bei Sauer & Sommer absolviert. In seiner Freizeit arbeitet er auch gelegentlich als Model für ein Mescheder Schuhhaus.
Ibrahima Djego Bah (23) hat seine Ausbildung zum Straßenbauer bei Sauer & Sommer absolviert. In seiner Freizeit arbeitet er auch gelegentlich als Model für ein Mescheder Schuhhaus. © WP | Ilka Trudewind

Zum Hintergrund: Der 23-Jährige ist damit einer von 482 ausländischen Auszubildenden, die in einem Handwerksbetrieb in Südwestfalen eine Ausbildung absolvieren (zum Stand vom 31. Dezember 2022). Dabei handelte es sich jedoch nicht nur um Geflüchtete. Da es zu diesem Stichtag insgesamt 5041 Azubis im Handwerk waren, hatten also gut ein Zehntel keinen deutschen Pass. Zu den häufigsten Herkunftsländern gehören Syrien (118), Afghanistan (41), Türkei (28), Kosovo (24 ), Albanien (19), Irak (18), Iran (19) und auch Guinea (14).

Talent für Mathe

Ibrahima Djego Bah wuchs in Guinea auf. In seinem Land sah er keine Zukunft, weshalb er Familie und Heimat verließ. Er wollte eigentlich nach Frankreich, weil er Französisch spricht, sein Weg endete jedoch in einer Flüchtlingsunterkunft in Freienohl. Er besuchte dann die so genannte „Fit für mehr“-Klasse am Berufskolleg und wechselte später, weil die Lehrer sein mathematisches Talent erkannten, in eine reguläre Klasse. „Ich habe erst nichts verstanden, aber Mathe konnte ich“, sagt Ibrahima Djego Bah. 2019 schafft er seinen Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 2,5.

Im Jahr 2019 schafft Ibrahima Djego Bah seinen Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 2,5. Heute arbeitet er als Straßenbauer bei Sauer & Sommer in Wennemen.
Im Jahr 2019 schafft Ibrahima Djego Bah seinen Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 2,5. Heute arbeitet er als Straßenbauer bei Sauer & Sommer in Wennemen. © WP | Ilka Trudewind

Als es um einen Praktikumsplatz ging, sagte er seinem Lehrer, dass er „Straßenbauer“ werden möchte. „Straßenbauer ist ein guter Beruf. Das haben mir mehrere Leute gesagt“, erinnert sich Ibrahima Djego Bah an seine Berufswahl. Der Lehrer schaute, welcher Betrieb in der Nähe von Freienohl lag, damit Bah die Firma per Bus erreichen konnte. Er wählte die Nummer von Alexander Jürgens, Personalleiter bei Sauer & Sommer. Und so begann das gemeinsame Projekt „Ausbildung zum Straßenbauer“ in Wennemen.

EQJ ausprobiert

Vor der eigentlichen Ausbildung absolvierte Bah ein Einstiegsqualifizierungsjahr (EQJ). Dabei handelt es sich um eine berufsvorbereitende Maßnahme, die vergleichbar mit einem Praktikum ist. Allerdings gibt es klarere gesetzliche Regelungen. Im EQJ ist zum Beispiel die Vergütung gesetzlich vorgeschrieben. Beide Parteien nutzen das EQJ zum gegenseitigen Kennenlernen und Bah vor allem, um sein Deutsch zu verbessern. „Die Sprache war das größte Problem“, sagt Ibrahima Djego Bah. In der Mescheder Stadtbücherei wurde er zum regelmäßigen Besucher. „Ich habe mit Kinderbüchern Deutsch gelernt.“

Die Fachsprache war dann aber noch einmal eine andere Hürde: Auskoffern, Mutterboden, Asphalt, Anschütten… Doch auch all diese Vokabeln eignete sich der Lehrling an.

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Enormer Wissensdrang

„Für uns war es das erste Mal, dass wir das EQJ ausprobiert haben und auch der erste Flüchtling, denn wir ausgebildet haben“, sagt Alexander Jürgens. „Und Ibrahima war wirklich ein Glücksgriff. Sein Wissensdrang ist schon außergewöhnlich.“ Mit den schriftlichen Prüfungsergebnissen ist der 23-Jährige jedoch nicht zufrieden. Im praktischen Teil schnitt er mit einer Zwei ab, schriftlich gab es eine Vier. Er hatte zu lang gebraucht, die schriftlichen Fragen zu verstehen. In der Prüfung lief ihm die Zeit davon. Es hätte die Möglichkeit gegeben, dass ihm jemand die Fragen vorliest, das lehnte er jedoch ab. Nun ärgert sich darüber ein bisschen.

Um das Thema Fachkräftegewinnung zu forcieren, investiert Sauer&Sommer viel in die Ausbildung der eigenen Leute. Dazu gehören zum Beispiel auch Ausbildungspaten: Minimal ältere Kollegen nehmen Azubis unter die Fittiche, um mit ihnen auch über Probleme zu sprechen, sie zu motivieren, Dinge zu erklären. „Der Gang zum Büro ist da manchmal eine zu große Hürde, auf der Baustelle kommen solche Dinge schnelle zur Sprache“, erklärt Jürgens das Konzept.

Doch bei Ibrahima Djego Bah gab es noch ganz andere Dinge zu regeln. Alexander Jürgens begleitet den jungen Mann beispielsweise zu Behörden. „Wir mussten zum Beispiel erst einmal einen Pass bei der guineischen Botschaft in Berlin beantragen.“ Das Dokument war während seiner Flucht abhanden gekommen.

Zu laut in der Flüchtlingsunterkunft

Dann musste die Frage des Aufenthalts in Deutschland geklärt werden. „Für die Dauer der Ausbildung und die zwei Jahre danach, darf er auf jeden Fall bleiben“, erklärt Jürgens. Danach wollen sie weiterschauen. Auch bei der Wohnungssuche half die Firma. „In der Flüchtlingsunterkunft in Freienohl war es sehr laut. Da konnte ich es nicht schaffen, da konnte ich nicht gut lernen“, erklärt der 23-Jährige. Nun wohnt er in einer kleinen Wohnung in der Mescheder Innenstadt.

Im Team ist Ibrahima Djego Bah beliebt. „Mit ihm fahren alle gern zur Baustelle. Schließlich ist man je nach Anfahrtsdauer auch mal neun Stunden am Stück zusammen. Da muss es schon passen“, erzählt Alexander Jürgens. „Wir sind alle froh, dass wir ihn haben.“

Als nächstes möchte Ibrahima Bah nun den Führerschein machen. Denn derzeit ist der Straßenbauer noch mit Bus und Bahn im Sauerland unterwegs. Und dann möchte er sich im Betrieb fortbilden. Vielleicht als Polier. „Aber ich möchte eins nach dem anderen machen.“

Sicher ist sich der 23-Jährige vor allem in einer Sache: „Ich bin Straßenbauer und möchte am liebsten für immer hier arbeiten. Ohne die Unterstützung von Sauer & Sommer hätte ich es nicht geschafft.“