Velmede. Im Lackierzentrum Körner in Velmede werden Grünen-Wähler und „Sozialschmarotzer“ nicht mehr bedient. Das Schild schlägt hohe Wellen.

Im Lackierzentrum von Stephan Körner in Velmede werden Grünen-Wähler seit dieser Woche nicht mehr bedient. Und „Sozialschmarotzer und illegale Migranten ebenfalls nicht“. So steht es auf dem Aufkleber an der Eingangstür zum Büro des mittelständischen Unternehmens, den Körner am Mittwoch angebracht hat. Warum? „Weil ich die Nase voll habe von der Politik in diesem Land“, sagt der 54-jährige Unternehmer. Und weil er damit nicht alleine sei, viele andere sich aber nicht trauten, öffentlich den Mund aufzumachen, habe er sich entschieden, zu handeln. Egal, mit wem er spreche: „Die Menschen sind unzufrieden. Aber keiner macht was“, sagt Körner. Und da sei er eben anders. Seine Aktion hat ihm bereits einen Besuch der Polizei und eine Anzeige beschert.

„Deswegen bin ich noch lange kein ‘brauner Hund’“

Körner macht keinen Hehl daraus: „Ja, ich wähle die AfD“, sagt er. Aber deswegen sei er noch lange kein „brauner Hund“, wie ihm zuletzt vorgeworfen sei. „Unser Betrieb ist Multikulti“, sagt Körner. Er beschäftige Syrier, Portugiesen, Kosovaren und Türken. „Und das sind nicht einfach meine Angestellten, das sind meine Freunde“, ergänzt er. Er habe nur einfach keine Lust mehr, sich von Menschen wie einer Ricarda Lang die Welt erklären zu lassen. Seine Wut habe sich aufaddiert, sagt Körner. „Sie schwelt, seit die Herrschaften versuchen zu regieren.“

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Er selbst sei ein Freund von erneuerbaren Energien, stellt Körner klar. Nach seinem Neubau für mehrere Millionen Euro im Jahr 2019 habe er noch einmal mehrere hunderttausend Euro in Photovoltaik- und Solar investiert, um Strom und Warmwasser zu erzeugen. Hinzu kommen drei Blockheizkraftwerke auf seinem Betriebsgelände im Wiemecker Feld. Diese Planung habe also lange gestanden, bevor die Grünen was zu sagen hatten.

„Und jetzt?“, fragt Körner rhetorisch. „Jetzt kommen die mit Plänen um die Ecke, die für viele Menschen finanziell gar nicht oder nur schwer umzusetzen sind. Menschen, die froh sind, dass sie endlich schuldenfrei sind und nun gezwungen werden sollen, sich für eine neue Heizungsanlage neu zu verschulden. Normale Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben.“

Aber die aktuelle Energiepolitik sei dabei nur das eine. Es gebe so viele Beispiele, bei denen man sich als Unternehmer nur an den Kopf fassen könne, sagt er. Eines davon stammt aus dem Jahr 2015. Seitdem seien Lackierereien wie seine zur Wasserlacktechnologie gezwungen. Worüber aber niemand spreche, sei die Tatsache, dass Lacke ohne Lösungsmittel eine längere Trocknungszeit hätten und dafür nun die dreifache Energiemenge aufgebracht werden müsse. Damals sei Energie ja wenigstens noch bezahlbar gewesen.

„Wie hätte ich das denn meinen anderen Azubis erklären sollen“

„Das sind Gesetze von Leuten, die am Leben vorbeilaufen“, sagt Körner, holt Luft und nennt direkt ein weiteres Beispiel, das ihn auf die Palme gebracht hat. „Ganz aktuell“, wie er betont. Vor wenigen Tagen sei sein syrischer Azubi mit einer Bescheinigung um die Ecke gekommen. „Der will seinen Führerschein machen und es ging darum, ob er ihn für die Arbeit braucht, denn dann hätte er ihn bezahlt bekommen“, so Körner. Er brauche ihn nicht und daher habe er als Arbeitgeber auch nicht unterschrieben, so leid ihm das für den Jungen tue. „Aber wie hätte ich sowas denn meinen anderen drei Azubis erklären sollen, die sich das Geld für ihren Führerschein vom Mund absparen. Ist das gerecht?“, fragt Körner und liefert seine Antwort direkt hinterher: Irgendwas laufe da doch wohl falsch.

„Ich habe nichts gegen Einwanderung“

Und nein, er habe nichts gegen Einwanderung, betont Körner ausdrücklich. Im Grunde müsse man ja froh sein, für jeden der nach Deutschland komme und hier arbeiten wolle. „Uns fehlen nämlich nicht nur Facharbeiter, sondern auch Arbeiter.“ Das gelte auch für seinen Betrieb. Das Auftragsbuch sei voll. „Ich würde gern noch jemanden einstellen“, sagt Körner. Dass Menschen ohne Arbeit überhaupt erst zu „Sozialschmarotzern“ werden können, liege doch einzig und allein an einer falschen Politik, die so etwas erst möglich mache.

Bereits im April dieses Jahres hatte der Wirt des Bigger Hofs mit einem Hausverbot für die Grünen seinen Frust zum Ausdruck gebracht und damit für Schlagzeilen gesorgt. Die Reaktionen waren geteilt. Es gab viel Lob, aber auch viel Kritik. Körner hat den Fall damals verfolgt. Deswegen weiß er, dass auch er nicht nur Beifall bekommen wird. Aber damit könne er leben. Rund 1000 Reaktionen habe er bislang erhalten. Davon seien gerade einmal zehn negativ gewesen.

Ermittlungsverfahren eingeleitet

Auf Kritik stößt dabei vor allem das Hausverbot für „Sozialschmarotzer und illegale Einwanderer“. Wegen dieser Formulierung ist sogar bereits Anzeige gegen Körner erstattet worden. Deswegen stand am Donnerstagmittag die Polizei auf der Matte - unter anderem, um ein Foto vom Aufkleber zu machen. Es gehe um den Anfangsverdacht volksverhetzender Äußerungen, sagt Polizeisprecher Michael Schemme. Nach der Anzeige sei nun ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, das der Staatsschutz in Dortmund bearbeite. Körner hat seinen Anwalt beauftragt, sich um die Angelegenheit zu kümmern.

Grünen-Fraktionschef Matthias Scheidt geschockt

Bestwigs Grünen-Fraktionschef Matthias Scheidt sieht die Sache differenziert. Mit der Kritik an seiner Partei und derlei Aktionen habe er leben gelernt. Da habe man inzwischen ein dickes Fell, sagt er. Was ihn jedoch schockiert habe, sei der Zusatz „Sozialschmarotzer und illegale“ Einwanderer. Es wundere ihn nicht, dass deswegen Anzeige erstattet worden sei. „Bei solchen Formulierungen ist am Ende doch auch klar, aus welcher Richtung der Beifall kommt“, so Scheidt.

Was den kritischen Blick auf seine Partei angeht, hält Bestwigs Grünen-Fraktionschef es für problematisch, alle über einen Kamm zu schweren und ein generelles Hausverbot für Grünen-Wähler auszusprechen. Kommunalpolitik sei nicht Landes- und nicht Bundespolitik. Er habe durchaus Verständnis dafür, dass die Stimmung bei vielen Menschen gerade nicht gut ist. „Grundsätzlich halte ich sachliche Diskussionen aber immer für einen besseren Weg als irgendwelche Parolen“, sagt Scheidt. Er sei jederzeit gesprächsbereit - auch, wenn es um Landes- und Bundespolitik gehe.

Bestwigs Bürgermeister Ralf Péus findet Körners Stellungnahme höchst befremdlich, wie er auf Anfrage mitteilte. Allerdings sei festzustellen, dass sich die Aufschrift auf einem privaten Grundstück befinde. „Würde sie sich auf einer öffentlichen Fläche befinden, würde die Gemeindeverwaltung umgehend dagegen vorgehen“, sagt Péus.