Meschede. Ahmed Abdel-Rahman kam 2015 als Flüchtling nach Meschede. Im Seegespräch verrät er, warum er Wasser meidet und was die syrische Küche ausmacht.
Acht Jahre ist es her, da kam Ahmed Abdel-Rahman über das Meer nach Griechenland. Er floh vor dem Krieg in Syrien. Er wollte nicht auf Nachbarn, Freunde und Verwandte schießen. Mittlerweile hat der 26-Jährige das Restaurant Damaskino in der Mescheder Le-Puy-Straße eröffnet, in dem früher „Der Grieche“ war. Zum Seegespräch bringt er seine Frau Majeda Ali mit. Sie ist 26 wie er. Das Paar hat zwei kleine Mädchen, Eva und Elena, zwei und vier Jahre alt.
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Sie haben Ihre Töchter zum Seegespräch nicht mitgebracht?
(lacht) Oh nein. Sie sind zu Hause geblieben. Ausgehen mit den Mädchen ist nicht so einfach. Sie sind sehr lebhaft. Wahrscheinlich würden sie alles anfassen und kaum still sitzen. Sie sind zu Hause in Eversberg, der Bruder meiner Frau passt auf sie auf.
(Majeda Ali hat wie ihr Mann in Syrien studiert - er ein Jahr Landwirtschaft, sie drei Jahre Bauingenieurswesen, bevor sie als Familiennachzug nach Deutschland einreisen konnte. Ein Jahr fehlte ihr zum Abschluss.)
2015 kamen Sie nach Deutschland, haben fünf Jahre im Bosporus-Grill im Hit gearbeitet und sieben Monate noch in einem anderen Imbiss in Olsberg, bevor Sie sich selbstständig machten?
Ja, das war eine sehr kurzfristige Aktion. Ich war in Olsberg und sah plötzlich diesen Amuda-Imbiss. Amuda ist meine Heimatstadt in Nord-Syrien in der Provinz al-Hasaka, auch meine Frau kommt ursprünglich dorther. Ich war so verblüfft, dass ich direkt reingegangen bin und gefragt habe, ob ich dort arbeiten kann. Nach den sieben Monaten habe ich mich dann in der Le-Puy-Straße selbstständig gemacht.
(Er zeigt Amuda auf einer Karte und schmunzelt. „42 Grad sind es dort gerade. Meine Heimatprovinz Al-Hasaka klingt übrigens wie HSK, das ist schon witzig.“ Im Gespräch redet fast ausschließlich Ahmed Abdel Rahman. Ab und zu fragt er seine Frau etwas auf Arabisch. „Meine Frau spricht eigentlich ganz gut Deutsch“, sagt er erklärend, „sie versteht fast alles, aber sie hat Angst, Fehler zu machen.“)
Das Restaurant führen Sie und Ihre Frau jetzt zusammen?
Meine Frau hilft mir. Sie kocht sehr gut. Manches kann sie zu Hause vorbereiten. Sie macht zum Beispiel die Süßspeisen Baklava und Imhalabia, aber auch Auberginen- und Kartoffeln-Kebab, Auberginen und Kartoffeln mit Hackfleisch.
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Wie nehmen die Sauerländer die syrische Küche an?
Sie tun sich noch ein wenig schwer. Sie kennen die türkische oder die griechische Küche seit Jahrzehnten und wünschen sich, dass dann so auch in meinem Imbiss. Oftmals kommen Kunden und verlangen Döner oder Gyros. Ich sage dann, ich habe keinen Döner, aber ich kann dir Schawarma bieten, so heißt unser Drehspieß-Gericht. Schawarma, besteht aus Hühnerfleisch, Brust und einem kleinen Teil Keule. Und klassischerweise isst man dazu eine Hummus-Soße aus Kichererbsen. Bei uns zum Beispiel kommt kein Zucker an die Knoblauchsoße. Das ist etwas für Kinder und Nachspeisen. Wir essen eher salzig und sauer.
Was war für Sie hier besonders gewöhnungsbedürftig?
Wir haben einen anderen Umgangston. Wir werden leichter laut. Der Chef sagt, was zu tun ist und kann bei Fehlern auch schon mal ausfallend werden. Die Beschimpfung „Du Esel!“ benutzen wir recht häufig. Hier kann man dafür verklagt werden. Aber bei uns ist ein solcher Streit auch schnell wieder vergessen. Und man entschuldigt sich dafür.
Wie haben Sie kochen gelernt?
Ich komme aus eher ärmlichen Verhältnissen. Gekocht habe ich schon als Jugendlicher neben der Schule, um Geld zu verdienen. Meine erste Aufgabe war es Falafel zu frittieren. Falafel mache ich bis heute komplett selbst. Das ist bei mir kein Fertigprodukt, das nur in die Fritteuse geworfen wird. Das ist eine meiner Spezialitäten. Bei uns zu Hause ist das eines der Haupt-Nahrungsmittel. Wir essen die Bällchen schon zum Frühstück. Aber auch meine Mutter war ein gutes Vorbild. Sie kocht sehr gut.
Und wer kocht jetzt bei Ihnen zu Hause?
Meine Frau. (lacht) Ich darf nicht. Majeda sagt, sie müsse sonst ständig hinter mir her putzen.
Wir sind hier am Hennesee. An was denken Sie, wenn Sie hierherkommen?
(Ahmed Abdel Rahman wirft nur einen kurzen Blick über die Schulter in Richtung See.)
An Freizeit und Erholung kann ich, ehrlich gesagt, nicht denken. Ich habe schlechte Erfahrungen mit dem Wasser gemacht. In Amuda gibt es keine Seen und ich kann nicht schwimmen. Auf meiner Flucht bin ich zehn Stunden von abends 23 Uhr an in einem kleinen Schiff übers Mittelmeer gefahren und wäre fast gestorben. Nach zehn Minuten streikte der Motor. Die griechische Polizei hat das Boot schließlich morgens aus dem Wasser gezogen. Das ist noch in meinem Kopf. Das kann ich nicht vergessen.
Könnten Sie sich denn vorstellen, wenn mal der Großspielplatz hier fertig ist, mit Frau und Kindern herzukommen?
Vielleicht. Im Moment hat das Restaurant oberste Priorität. Ich stehe 17 Stunden am Tag dort - und selbst an meinem freien Tag sage ich zu meiner Frau: „Sollen wir nicht mal eben in den Laden fahren, etwas vorbereiten und saubermachen.“