Meschede. Erstmals liegt jetzt eine Liste vor, wo es in Meschede Bunker gegeben hat. Einer davon ist gut erhalten: Er kann nun erstmalig besucht werden.
Ungeahnte Aktualität hat dieses Thema durch den Fund einer amerikanischen Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gerade erst bekommen. 400 Menschen aus dem Wohngebiet rund um das Hasenfeld mussten plötzlich Schutz suchen. Wo aber fanden die Menschen in Meschede damals eigentlich Schutz, als sie tagtäglich, ständig von Bomben bedroht waren?
Stadtführer Werner Preugschas hat diese Frage aufgegriffen und dieses bislang unerforschte Kapitel der Heimatgeschichte jetzt aufklären können. Die Initialzündung war eine Serie in dieser Zeitung über „Geheimnisvolle Orte“ in Meschede – ein Teil dabei behandelte den Bunker, der an der heutigen Antoniusbrücke in den Klausenberg hineinführte. Preugschas machte das neugierig, er wollte mehr erfahren. Durch Mundpropaganda sprach sich das herum.
Sammlung persönlicher Geschichten
Seine Motivation: „Meine Interview-Sammlung soll an all die schrecklichen Erlebnisse in den letzten Monaten des Krieges und an den furchtbaren Krieg erinnern, der unsere Stadt zum Großteil zerstörte.“ Herausgekommen ist dabei eine Sammlung persönlicher Geschichten – und erstmals eine genaue Übersicht, wie viele Bunker es eigentlich in Meschede gegeben hat.
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Der Begriff Bunker dabei trügt ein wenig, denn große, betonierte Bauten als Schutz gab es gar nicht. Es waren eher Luftschutzstollen, die in die Berge getrieben wurden, oder alte Eiskeller, die einen neuen Zweck fanden. Am Ende fand Preugschas 16 Standorte von Bunkern heraus, dazu einen bisher unbekannten Eiskeller der ehemaligen Metzgerei Rehl.
„Als Christbäume vom Himmel fielen“, hat der 62-Jährige seine Arbeit überschrieben: „Christbäume“ wurden im Krieg makaber die ersten Signale genannt, die aus einem Flugzeug abgeworfen wurden, und die den nachfolgenden Bombern als Markierung dienten – etwa, um die Bahnlinie oder um die Honsel-Werke zu treffen. Es ist keine militärgeschichtliche Dokumentation, die Werner Preugschas machte. Ihn interessierten vor allem die Erinnerungen, die sich mit diesen Bunkern bei älteren Meschedern immer noch verbinden.
Zuflucht mit der „Bunker Ulla“
Wer aufmerksam hinschaut, kann an vielen Stellen noch zumindest die verschlossenen Eingangsbereiche sehen – etwa an der Gebkestraße, damals wahrscheinlich ein Schutzraum für die anliegenden Firmen. In Laer gab es einen Felsenstollen an der Bahnlinie, gegenüber vom Sägewerk, der etwa 60 Meter in den Hainberg hineinführte.
An einigen Stellen gab es kleine Privatbunker, von Anwohnern angelegt. Beim Franz-Schweitzer-Haus ragt noch ein Bunkerdeckel aus dem Boden heraus – er war nie in Betrieb, weil durch einen Riss Grundwasser eingedrungen war.
500 bis 1000 Menschen hätten an der Kolpingstraße, etwa Abzweig Trappweg, in einem Stollen Schutz finden können. Der Stollen war nach und nach ausgebaut worden, es gab drei Eingänge: „Im mittleren Stollen waren Bänke aufgestellt.
Während der Angriffe waren im mittleren Bereich die Explosionen zu hören“, erinnert sich ein damals Siebenjähriger. Eine damals Zweijährige weiß noch, dass sie jedes Mal, wenn die Familie Schutz suchte, eine Puppe namens „Bunker Ulla“ mitnehmen durfte, die ihre Oma genäht hatte.
Angst vor Bombardierung des Hennesees
Bei Mescheder Müttern war ein Bunker an der damaligen Rektoratsschule an der Steinstraße beliebt – das war an den vielen Kinderwagen davor immer zu sehen. Denn an der Schule war ein Toilettenhäuschen, das man vielleicht noch rechtzeitig aufsuchen konnte. Mulmig war den Menschen in den Bunkern immer: Was, wenn der Hennesee bombardiert würde? Er war nur durch eine Mauer geschützt. Die Menschen wären in den Bunkern ertrunken. In Meschede war an vielen Stellen eine Fluchtrichtung aufgezeichnet – für den Fall, dass die Talsperre getroffen würde.
Der größte Bunker lag an der Schützenstraße, der Eingang ist heute ebenfalls noch zu sehen. Er führt unter der heutigen Briloner Straße weit in den Berg hinein, bis in den Bereich Zum Siepen. 1944 ist er von Honsel vor allem für die Belegschaft gebaut wurden. Von seinem Vater weiß ein Zeitzeuge: Die Flugzeuge, die Meschede angriffen, kamen über den Vogelsang – umso spät wie möglich aus der Stadt gesehen zu werden. Dann schafften es nicht mehr alle Menschen rechtzeitig in die Schutzräume – und die Zahl der Opfer stieg. Nachher wurden Tote und Körperteile in den umliegenden Bäumen entdeckt. Die Toten wurden in der evangelischen Kirche aufgebahrt.
Zwei besondere Stadtführungen
Nach dem Krieg spielten viele Mescheder Kinder über Jahre noch in Röhren, die auf der Ruhrwiese zwischen Honsel und der Bahn standen – sie wurden zwar Bunker genannt, waren tatsächlich aber keine, wie jetzt bekannt wird. Die Wehrmacht hatte darin Munition aufbewahrt.
Seine Sammlung hat Werner Preugschas dem Stadtarchiv und der Denkmalbehörde der Stadt Meschede übergeben. Und er plant etwas Besonderes: Bei zwei Stadtführungen bietet er an den Samstagen am 15. Juli und am 5. August erstmals und einmalig in diesem Jahr öffentliche Besichtigungen des Bunkers an, der im Bereich der Antoniusbrücke/Klausenberg liegt. Start ist jeweils um 14.30 Uhr. Anmeldungen sind möglich bei der Tourist-Info, 0291 / 9022443 an der Le-Puy-Straße. Kosten 4,50 Euro pro Person, Kinder sind frei.