Ostwig. Die Anne-Frank-Schule in Ostwig bleibt eine Flüchtlingsunterkunft. Die Bewohner müssen ab sofort allerdings mit stärkeren Kontrollen rechnen.

Die ehemalige Anne-Frank-Schule in Ostwig wird mindestens mittelfristig eine Flüchtlingsunterkunft bleiben. Dafür hat sich der Gemeinderat einstimmig ausgesprochen und gleichzeitig eine erforderliche Dachsanierung für 200.000 Euro befürwortet. Von allen drei Fraktionen gab es in diesem Zusammenhang allerdings einen dringenden Appell.

Weitere Zuweisungen

„Zu einem friedlichen Miteinander gehören Regeln, die eingehalten werden müssen“, betonte CDU-Fraktionschef Alexander Brockhoff. So banal es klinge, aber dazu gehöre, dass die Flüchtlingsunterkunft keine Autowerkstatt ist, dass die Nachtruhe eingehalten wird, dass die Mülltonnen nur für den Müll der Anwohner vorgesehen sind und dass der Schulhof kein Sportplatz ist. „In den vergangenen Monaten ist bereits viel geschehen“, so Brockhoff. Es habe viele Gespräche zwischen der Verwaltung und allen Beteiligten gegeben. Dennoch wolle er darum bitten, noch einmal das Gespräch mit den Flüchtlingen zu suchen, um diese Punkte anzusprechen. „Gegebenenfalls müssen auch die Kontrollen intensiviert werden“, forderte Brockhoff. Die Situation sei für alle - für Flüchtlinge, Verwaltung und Dorfgemeinschaft - nicht einfach, aber das Ziel müsse ein friedliches Miteinander sein.

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Er wisse, dass die Entscheidung des Rates nicht überall auf Beifall stoßen wird. „Vor allem nicht bei den direkten Anwohnern“, so der CDU-Fraktionschef. Als Ostwiger Ratsmitglied gehe es ihm da nicht anders. Allerdings gebe es keine Alternative in der Gemeinde Bestwig. „Es sollte jedem klar sein, dass sich die Flüchtlingssituation in absehbarer Zeit nicht verbessern wird“, betonte Brockhoff. Entsprechend sei auch in der Gemeinde Bestwig mit immer neuen Zuweisungen zu rechnen und entsprechender Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Keine Alternative

Ganz ähnlich sieht das auch SPD-Fraktionschef Paul Theo Sommer. Eine größere Flüchtlingsunterkunft mitten im Ort sei grundsätzlich ein sensibles Thema. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es bei dem ein oder anderen Ängste und Vorbehalte gebe. Gleichzeitig sei es aber Fakt, dass Flüchtlingsströme auch nach Deutschland nicht weniger würden sondern permanent zunehmen. „Am Ende sind es die Verwaltungen in den Kommunen, die dafür sorgen müssen, dass genug Wohnraum zur Verfügung steht“, so Sommer. Das gelte auch für Bestwig. Es werde immer schwieriger geeigneten Wohnraum zu beschaffen. „Da darf die Politik die Verwaltung nicht im Regen stehen lassen“, so Sommer. Die Gemeinde müsse bis zu 50 neue Unterbringungsmöglichkeiten finden. Bevor Turnhallen belegt werden, mache es Sinn und sei mangels Alternativen notwendig, die gemeindeeigene ehemalige Anne-Frank-Schule weiterhin als Flüchtlingsunterkunft bereitzustellen und das Dach zu sanieren. „Es muss aber dafür gesorgt werden, dass in und vor der Unterkunft Regeln eingehalten werden“, machte auch Paul Sommer deutlich. Hier sei die Gemeindeverwaltung in der Pflicht, das zu überprüfen.

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Auch Grünen-Fraktionschef Matthias Scheidt hob neben der erforderlichen Einhaltung der Regeln und ihrer Überprüfung das Fehlen von Alternativen hervor. Containerlösungen sehe er nicht als Alternative, zumal sie deutlich teurer wären. Im Prinzip könne sich die Gemeinde in der aktuellen Situation glücklich schätzen, ein solches Gebäude wie die ehemalige Anne-Frank-Schule zur Verfügung zu haben.

Kontrollen sollen verschärft werden

Was die Kontrollen vor Ort angeht, versprach Bürgermeister Ralf Péus bereits eine Verschärfung. Man werde es künftig nicht mehr nur dabei belassen, es mit guten Worten zu versuchen. Péus kündigte verstärkte Kontrollen und schriftliche Anweisungen an, um für eine Einhaltung der Regeln zu sorgen. „Je mehr Menschen auf engem Raum zusammenkommen, desto mehr Konfliktpotenzial gibt es“, so Péus. Umso wichtiger sei es, dass sich an Regeln und Ruhezeiten gehalten und entsprechend Rücksicht aufeinander genommen werde. Er könne sich noch gut daran erinnern, als 2015 die ersten Flüchtlinge in die ehemalige Schule eingezogen seien. „Damals war die Willkommenskultur in Ostwig sehr groß. Und das ist heute sicherlich auch noch so“, so der Bürgermeister. Aber man dürfe die Ostwiger nicht über Gebühr belasten. „Sonst könnte die Stimmung irgendwann umschwenken und das wollen wir alle nicht“, so Péus.

Umbau im Jahr 2015

Die Anne-Frank-Schule war damals eine Förderschule für Lernbehinderte. Im Zuge der ersten Flüchtlingswelle 2015/2016 ist sie zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut worden. Seit November 2015 wurden dort nach und nach ausschließlich alleinstehende Männer aus den verschiedensten Ländern untergebracht, zum einen in kleineren abgetrennten Zimmern, zum anderen in großen ehemaligen Klassenräumen. In der Spitze wohnten dort 43 Flüchtlinge - ausgelegt ist die Unterkunft für bis zu 50 Personen. Aufgrund geringerer Zuweisungen in den Jahren 2017 bis 2021 sowie durch Wegzüge, Ausreisen und Abschiebungen hatte sich die Zahl der Flüchtlinge in der Unterkunft bis Anfang 2022 auf 14 Personen reduziert.

Mit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 stiegen die Flüchtlingszahlen ab März 2022 allerdings wieder stark an - und damit auch der Bedarf an Wohnraum. Ende 2022 war die Unterkunft in Ostwig inklusive der ehemaligen Hausmeisterwohnung voll belegt. Um weiteren Wohnraum zu schaffen hat die Gemeinde seit Januar zusätzlich den ehemaligen Margarethenhof in Andreasberg angemietet. Er bietet Platz für insgesamt 59 Menschen. Zum 1. Juni waren dort 21 Personen untergebracht.

  • Finanziert wird die erforderliche Dachsanierung, die nach ersten Schätzungen 200.000 Euro kosten wird, mit Geldern des Landes.
  • Die Bezirksregierung Arnsberg hat der Gemeinde Bestwig „Landesmittel zur einmaligen Beteiligung des Landes an den Kosten der Kommunen für die Schaffung, Unterhaltung und Herrichtung von Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete“ in Höhe von rund 302.000 Euro zur Verfügung gestellt.