Velmede. Der letzte Ausflug führte den krebskranken Bernd Sattler und seine Frau Jutta mit dem Wünschewagen zum BVB. Eine Geschichte, die zu Tränen rührt.

Die Erinnerung ist immer noch schmerzhaft und mit vielen Tränen verbunden. Doch auch ein Lächeln huscht immer wieder über das Gesicht von Jutta Sattler, wenn sie an die letzten gemeinsamen Tage und Wochen mit ihrem geliebten Mann Bernd zurückdenkt. 59 Jahre war er alt, als er im Februar des vergangenen Jahres daheim seinem Krebsleiden erlag.

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Heute sitzt Jutta Sattler am Esstisch und hält einen Bilderrahmen in der Hand. Hinter dem Glas: ein Foto, das sie gemeinsam mit ihrem Mann glücklich im Stadion des BVB zeigt, und die Eintrittskarte für das Spiel der Dortmunder gegen den VfB Stuttgart - datiert auf den 20. November 2021. „Es war unser letzter gemeinsamer Ausflug“, sagt Jutta Sattler, wischt sich die Tränen aus dem Augenwinkel und lächelt. Wunderschön sei es gewesen, sagt sie und schwärmt vom Palliativteam der Caritas und dem Wünschewagen der Diakonie, die dieses gemeinsame Erlebnis erst ermöglicht haben.

Alles andere als ein Fehler

Jutta Sattler erinnert sich noch genau daran, dass ihr Mann zunächst zögerlich gewesen ist, weil er sich nicht sicher war, ob er eine solche Fahrt wegen seines Gesundheitszustandes überhaupt schafft. Erst am Abend vor dem Spiel habe er dann zugesagt, weil er sich sicher gewesen sei, die Kraft zu haben. „Und vielleicht auch ein bisschen wegen mir“, sagt Jutta Sattler. Und es war alles andere als ein Fehler. Noch immer zehrt sie von den Erinnerungen an diesen so besonderen Tag.

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Die Organisation sei wirklich überwältigend gewesen, schwärmt sie und lobt Daniela Jaworek vom Palliativteam der Caritas ebenso wie Wünschewagen-Fahrer André in den höchsten Tönen. „Alle haben sich wirklich rührend gekümmert - während der Fahrt und auch im Stadion“, erinnert sich die Velmederin. „Pünktlich zur BVB-Hymne You’ll never walk alone sind wir im Stadion eingetroffen.“ Direkt neben der Trainerbank haben die beiden gesessen. So nah, dass man fast jedes Wort des Trainers verstand.

Sorgen und Ängste genommen

Vorab seien ihr und ihrem Mann alle Sorgen und Ängste genommen worden. Für den Notfall sei sogar ein Palliativarzt im Stadion gewesen. Benötigt wurde er nicht. Die Zeit im Signal-Iduna-Park war unbeschwert und voller Leichtigkeit. Die Fernseh-Interviews der Profis direkt vor der Nase am Spielfeldrand. Viel näher dran geht es beim besten Willen nicht.

Daumen hoch: Als BVB-Fan Bernd Sattler zum letzten Mal im Stadion war, gewannen die Dortmunder 2:1 - genau so, wie er es getippt hatte.
Daumen hoch: Als BVB-Fan Bernd Sattler zum letzten Mal im Stadion war, gewannen die Dortmunder 2:1 - genau so, wie er es getippt hatte. © Privat

„Es ist wirklich gut, dass wir das gemacht haben“, sagt Jutta Sattler. Sie könne jedem nur empfehlen, das Angebot des Wünschewagens wahrzunehmen. „Solchen Menschen kann man einfach nicht genug danken“, findet die Velmederin.

Nach der schweren Zeit, die ihr Mann so lange durchgemacht habe, sei ein solches Erlebnis kurz vor seinem Tod eine wundervolle Sache für alle gewesen - auch für die beiden Freunde, die mit ihrem gelben VW-Beetle dem Wünschewagen bis ins Stadion vorausgefahren sind. Ehrensache! Der BVB gewann an diesem Tag übrigens 2:1 - genau so, wie Dortmund-Fan Bernd Sattler es vor dem Spiel getippt hatte. Er rundum perfekter Tag also nach all den Tiefschlägen in der Vergangenheit!

Bereits im Jahr 2017 hatte Bernd Sattler damals seine erste Diagnose bekommen. Nach einer gemeinsamen Gran-Canaria-Reise hatte er daheim über Rückenschmerzen geklagt. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus: Die Niere arbeitet nur noch zu einem Prozent. Schuld war ein neun Zentimeter großer Tumor. Er wurde entfernt. An einen stecknadelkopfgroßen Tumor in der Nähe des Rückenmarks hatten sich die Ärzte damals mit einer OP nicht herangetraut. Nach einer Chemotherapie war aber auch er verschwunden.

Krebs nutzt Schwachstelle im Körper aus

Drei Jahre war es danach ruhig. „Alles war gut“, sagt Jutta Sattler und lächelt. Bis zum November des Jahres 2020, als eine Corona-Infektion die Lunge von Bernd Sattler schwächte. Der Krebs nutzte die Schwachstelle im Körper, um sich erneut auszubreiten. Wenige Monate später, im April 2021, stellten die Ärzte schließlich Tumore an der Lunge, am Bauchfell, am Zwerchfell, am Rippenfell und am Herzmuskel fest. Es folgte die nächste OP und eine anschließende Reha. Doch das Kontroll-CT nach einem weiteren Vierteljahr verhieß nichts Gutes. Die Ärzte empfahlen den Sattlers, den onkologisch-psychologischen Dienst aufzusuchen, es folgte die Aufnahme ins Palliativnetz.

Freudige Botschaft am Abend vor dem Tod

„Und im November ist uns dann schließlich mitgeteilt worden, dass wir nicht mehr von Jahren, sondern nur noch von Monaten sprechen“, erinnert sich Jutta Sattler mit Tränen in den Augen. Die Ärzte sollten leider recht behalten. Es ist der 17. Februar als Bernd Sattler in seinem Zuhause friedlich den Kampf gegen den Krebs verliert. Am Abend vor seinem Tod hatte ihm Sohn Markus noch die freudige Botschaft übermittelt, dass er noch mal Opa wird. „Leider konnte er Jana nicht mehr sehen, aber wir wissen das er sie mit seiner Seele begleitet“, sagt Jutta Sattler.

Vor der Abfahrt in Velmede: Daniela Jaworek vom Palliativteam der Caritas, Jutta und Bernd Sattler sowie Wünschewagenfahrer André.
Vor der Abfahrt in Velmede: Daniela Jaworek vom Palliativteam der Caritas, Jutta und Bernd Sattler sowie Wünschewagenfahrer André. © Privat

Die Erinnerungen an die schönen gemeinsamen Stunden geben Jutta Sattler bis heute viel Kraft. Neben der Fahrt ins Stadion zählt dazu auch die Geburt von Enkeltochter Rebecca, die Bernd Sattler noch erleben durfte. Dankbar ist sie auch dafür, dass ihr Mann bis zuletzt noch die Kraft hatte, um seine Beerdigung zu planen.

„You’ll never walk alone“

In der Kapelle lief neben „Halleluja“ auch „You’ll never walk alone“. So hatte er es sich gewünscht. „Und seine Kinder haben sich für ihn als dritten Titel „Euch zum Geleit“ ausgesucht, sagt Jutta Sattler und sucht das Lied auf ihrem Handy heraus: „Vergießt keine Tränen, erinnert euch heiter an unsre gemeinsame Zeit. In euren Herzen lebe ich weiter, hinterließ diese Zeilen euch zum Geleit“, erklingt es. Schweigen! Wieder werden die Augen feucht - gepaart mit einem zufriedenen Lächeln und dem Gedanken daran, aus der letzten gemeinsamen Zeit, das Beste gemacht zu haben. You’ll never walk alone...

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