Grevenstein. Bei der Brauerei Veltins in Grevenstein bei Meschede lagern jetzt unglaubliche Mengen an neuen Flaschen - das sind die Hintergründe.

Überall können plötzlich unerwartet Probleme in den Lieferketten auftreten. Die Brauerei Veltins in Grevenstein bei Meschede hat reagiert: Um für alles gewappnet zu sein, hat sie zuletzt Ausgaben in Höhe von 30 Millionen Euro für Warenbeschaffungen vorgezogen. Darunter auch: Mehr Flaschen – und zwar gewaltig viele, viele neue Flaschen.

Bedarf für ein Jahr

Zu den Anschaffungen gehören allein 50 Millionen Flaschen, die die Brauerei neu angeschafft hat: Das ist der Bedarf für ein ganzes Jahr. „Wir hatten noch nie so viel an neuem Glas hier“, sagt Sprecher Uli Biene. Veltins reagierte damit auf die drohende Energieknappheit: Bei einer Gasmangellage hätte die Brauerei nicht sicher sein können, dass das Glas auch produziert worden wäre: „Da haben wir gesagt: Wir stellen uns das Glas besser auf den Hof.“

Zu der Unsicherheit über Lieferungen kam allerdings auf der anderen Seite auch die glänzende Geschäftsentwicklung hinzu: Veltins brauchte schlicht mehr Flaschen.

In solchen Paletten werden die Flaschen bei Veltins gelagert.
In solchen Paletten werden die Flaschen bei Veltins gelagert. © MATTHIAS SCHRUMPF FOTODESIGN

Denn die heimische Brauerei konnte das Krisenjahr 2022 sogar besser abschließen als der Biermarkt insgesamt – der Ausstoß stieg um 8,4 Prozent auf über 3,3 Millionen Hektoliter, der Umsatz um fast 16 Prozent auf 419 Millionen Euro. Und eben selbst beim Flaschenbier gab es Zuwächse. Der Markt war also auch bereit, um noch mehr Veltins aufzunehmen: „Wenn Sie so viel mehr Bier verkaufen, brauchen Sie auch mehr Flaschen“, sagt Biene.

Die Biografie einer Flasche bei Veltins

Im Umlauf sind bereits mehrere 100 Millionen Flaschen: „Die 50 Millionen Flaschen sind die, die wir neu benötigen, um sie in den Mehrwegbereich hineinzubringen“, sagt Uli Biene. Die Flaschen bleiben schließlich nicht alle erhalten, es gibt einen ständigen Austausch. Die nach Grevenstein im Rahmen des Mehrwegpools zurückkommen, werden alle auf ihren Zustand hin kontrolliert – und natürlich wird dabei auch aussortiert: „Für Flaschen, die hier zum Beispiel mit Haarrissen hereinkommen, ist der Lebensweg beendet.“

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30 und mehr Kreisläufe erlebt die durchschnittliche Leichtglasflasche bei Veltins, kann also so oft wieder befüllt werden. Entscheidend dafür ist der Umgang mit ihr, Sprecher Uli Biene spricht von der „Flaschen-Biografie“. Üblicherweise befinden sich die Flaschen im klassischen Mehrwegkasten, der aus dem Keller geholt wird, aus dem anschließend die Flaschen entnommen und getrunken werden, dann wird der Kasten wieder weggebracht – „dann erlebt die Flasche kaum eine mechanische Beeinträchtigung“. Da hat es die Flasche im Sixpack schon schwerer mit ihrer „Biografie“: Sie erlebt andere Beanspruchungen, weil sie im Geschäft erst ins Regal gestellt wird, dann vom Kunden angehoben, in den Einkaufswagen und den Kofferraum gelegt wird, schließlich in den Keller gebracht wird.

Flaschenöffner - oder Mauerkante?

Schwierigster Moment im Flaschen-Leben ist dann der Moment der Öffnung: „Wir stellen häufig eine unsachgemäße Öffnung von Kronkorken mit den unterschiedlichsten Werkzeugen fest.“ Biene empfiehlt den klassischen Flaschenöffner:

Der Moment, bevor bei Veltins die Flaschen in die Befüllung gelangen.
Der Moment, bevor bei Veltins die Flaschen in die Befüllung gelangen. © MATTHIAS SCHRUMPF FOTODESIGN

Zwar schlicht gestanzt, der aber die Kraft an der richtigen Stelle ansetze. Andere Methoden sind fragwürdiger: „Eine Flasche auf der Mauerkante zu entkorken mag agil wirken. Aber am Ende hat die Mündung durch die Hebelwirkung dort vielleicht einen Riss bekommen.“ Oder aber die scharfe Kante lässt gleich das Glas abplatzen.

Gelagert werden die 50 Millionen Neuankömmlinge direkt auf dem Firmengelände Auf der Streue. Bewusst hat sich die Brauerei gegen ein Zwischenlagern bei den Herstellern entschieden – wieder wegen der besagten Unwägbarkeiten in den Lieferketten. Womöglich würden sie bei Bedarf dann doch nicht ausgeliefert. Stattdessen lagern sie in großen Mengen in so genannten „Klotz-Packs“ bei Veltins: In den zugeschweißten Palettenklötzen stehen Flaschen an Flaschen auf Kunststoffböden, eng an eng. Sie werden bei Bedarf in Kästen einsortiert, gelangen dann in die Waschmaschinen und danach in die Abfüllung.

Was sich alles in Bierkästen findet

Angeschafft worden sind auch einige zehntausend neue Getränkekisten – auch hier wegen der Liefersicherheit einerseits und dem Wachstum andererseits. Übrigens: Noch heute bekommt Veltins beim Austausch Kästen selbst aus den späten 80-er Jahren zurück, noch im damals hellgrünen Design. „Manche Bierkästen könnten wir direkt aus der Sortierung ins Archiv geben, so neu sind die!“ Tatsächlich haben sie über 30 Jahre überlebt: „Die sind jetzt erst irgendwo aufgefallen.“

Zur Biografie eines Bierkastens wiederum gehört dazu: Es wird so manches in ihm gefunden – neben Flaschen eben auch Schlüsselbunde, Ausweise und unterschiedliche Socken.